Straße des Todes: Thriller (German Edition)
über Mexiko in die USA gebracht. Die neuen Kojoten nennen sie nicht mal mehr Menschen. Für sie sind sie pollos . Hühner. Nicht mal mehr Menschen.«
»Kojoten fressen Hühner.«
»Nicht nur Hühner, sondern auch sich gegenseitig und die Hühner der anderen. Wissen Sie, was ein bajadore ist?«
»Ein Bandit?«
»Ein Bandit, der andere Banditen bestiehlt. Üblicherweise sind das die Mitglieder der anderen Kartelle, ein Baja bestiehlt einen Zeta, jemand vom Tijuana-Kartell bestiehlt einen Sinaloa oder jemanden von La Familia. Sie stehlen die Drogen, Waffen und pollos der anderen – alles was sich verkaufen lässt. Sie stehlen sich sogar gegenseitig.«
»Verkauft, wie in Zeiten der Sklaverei?«
»Verkauft gegen Lösegeld. Die armen Menschen haben bereits den Kojoten bezahlt, dann werden sie von den bajadores entführt. Sie selbst haben nichts, also verlangen die bajadores Lösegeld von ihren Familien. Solche Leute kenne ich nicht. Wenn sie verhaftet werden, vertrete ich sie nicht.«
Ich spürte, wie ich einen trockenen Mund bekam, während ich ihm zuhörte.
»Nita hat zwei Anrufe von Krista und einem Mann erhalten, der in dem Gespräch eine Gebühr für Kristas Freilassung verlangte. Nita hat das Geld überwiesen, aber ihre Tochter bleibt trotzdem verschwunden.«
Locanos Blick verfinsterte sich.
»Nita hat nichts von einer Entführung gesagt.«
»Sie glaubt ja auch, dass alles nur ein übler Streich oder ein Schwindel ist. Man hat nur fünfhundert Dollar verlangt.«
Locano wirkte noch beunruhigter.
»Das mag für Sie und eine erfolgreiche Geschäftsfrau wenig sein, aber für eine Familie, die jeden Cent zweimal umdrehen muss, ist es ein Vermögen. Wir sprechen hier von armen Menschen. Ein paar hundert hier, tausend da, dort noch mal fünfhundert. Die bajadores wissen, mit wem sie es zu tun haben.«
»Es kommt mir trotzdem sehr wenig vor.«
»Multiplizieren Sie das mal mit tausend. Oder zweitausend. Es würde Sie überraschen zu hören, wie viele Menschen verschleppt werden, aber solche Entführungen passieren selten auf US-amerikanischem Boden. Hoffen wir mal, dass Nita recht hat.«
Einen Moment lang sagte keiner von uns etwas, keiner rührte sich, während ich den Stimmen in seinem Vorzimmer lauschte, wo sich seine Frau mit einem der jüngeren Anwälte unterhielt.
»Mr. Locano, es mag ja sein, dass Sie diesen Mann nicht kennen, aber vielleicht kennen Sie jemanden, der ihn kennt oder etwas herausfinden könnte. Hören Sie sich um. Bitte.«
Er blickte mich an, und ich sah, dass er nachdachte. Dann klopfte er auf die Lehne seines Sessels und rief seine Frau.
»Liz. Würdest du Mr. Cole bitte zeigen, wo die Toiletten sind?«
Er stand auf, und ich erhob mich ebenfalls, als seine Frau in der Tür erschien.
»Lassen Sie sich Zeit. Waschen Sie sich gründlich die Hände. Es ist sehr wichtig, sauber zu sein, finden Sie nicht auch?«
»Ja, es ist wichtig, sauber zu sein.«
»Lassen Sie sich Zeit.«
Elizabeth Locano führte mich zu den Toiletten, wo ich mir Zeit ließ. Es war eine freundliche Toilette mit großen gerahmten Fotografien der indianischen Ruinenstadt Teotihuacán im südlichen Mexiko, die von den Azteken Stadt der Götter genannt wurde. Es war und ist immer noch eine der schönsten Städte, die je errichtet wurden, und außerdem eine, die ich schon immer mal besuchen wollte. Ich fragte mich, ob Mr. Locano oder seine Frau die Aufnahmen gemacht hatten.
Ich wusch mir gründlich die Hände, dann gleich noch ein zweites Mal, da Sauberkeit ja eine gute Sache ist, und gute Sachen richtig sind. Mr. Locano war auf der anderen Seite der Tür und unterhielt sich mit seiner Frau über meine Bitte, und vielleicht erledigte er auch die Telefonate, um die ich ihn gebeten hatte. Ich hoffte es zumindest.
Ich starrte gerade die Sonnenpyramide an, als mein Telefon summte.
Mary Sue Osborne sagte: »Hier spricht Ihre zukünftige Frau.«
Manche geben einfach nie auf.
»Was gibt’s?«
»Okay, ich habe also ihre Recherchen durchgearbeitet, konnte aber nichts finden über jemanden namens Sanchez, Kojote oder sonstwie. Tut mir leid, Kumpel.«
Was bedeutete, dass Mr. Locano meine letzte Hoffnung war. Wenn er nicht kooperieren konnte oder wollte, würde mich Q coy Sanchez nicht weiterbringen.
Ich bedankte mich gerade bei ihr, als ein weiterer Anruf kam. Es war Pike.
»Ich muss Schluss machen, Mary Sue. Danke.«
»Kein kleiner Schwatz? Kein flirtender Schlagabtausch?«
Ich nahm Pikes Anruf entgegen.
»Elvis
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