Straße des Todes: Thriller (German Edition)
starrte sie mit leerem Blick an, beugte sich dann zu mir und senkte die Stimme.
»Ich hasse sie. Ist das schlimm? Ich hasse sie wirklich.«
Die Jungs lachten noch lauter.
Sie lachten immer noch, als mein Telefon klingelte. Eine Nummer, die ich nicht kannte.
»Elvis Cole.«
»Mary Sue Osborne.«
Ich ging mit Telefon und Tee zu einer Sitznische weiter entfernt von den Jungs. Ich konnte mein Auto auf dem Parkplatz sehen, und es im Auge zu behalten gab mir einen Grund, die Frau nicht anzusehen, die ihre schrecklichen kleinen Jungs so hasste.
»Hey.«
»Selber hey. Ich hab mir den Artikel über Sie angesehen. Ganz gut geschrieben. Bei denen wirken Sie richtig cool.«
»Wirken?«
»Ich erzähl Ihnen was von meiner bösen Seite. Ich hab Kristas Passwort geknackt. Hab alles Mögliche ausprobiert, und nichts hat funktioniert, also hab ich einen auf dusselig gemacht und einfach g-e-h-a-u-f eingegeben. Voilà! Und dann hab ich Jacks Adresse gefunden.«
»Sie sind ein Schatz.«
»Stimmt. Ich sollte belohnt werden.«
»Wie ist seine Adresse?«
Sie rasselte eine Adresse an der Tigertail Road in Brentwood runter. Die Straße lag in einem wohlhabenden Tal in den Bergen westlich des Sepulveda-Passes. Jacks Eltern schien es nicht gerade schlecht zu gehen.
»Wo ich Sie gerade in der Leitung habe«, sagte ich, »würde ich Ihnen gerne eine Frage stellen: Sprechen Sie Spanisch?«
» Si, amigo . Also, poquito . Ich spreche fließend Französisch und Italienisch – in Spanisch komme ich so lala über die Runden.«
»Ich werde Ihnen etwas vorlesen. Ich glaube, es ist Spanisch.«
Ich las es vor und buchstabierte es dann noch mal. Q coy Sanchez.
Sie sagte: »Das ist nicht Spanisch.«
»Das hat bisher jeder gesagt.«
»Ist das von Kris?«
»Spielt das eine Rolle? Sagen wir einfach, ja, es ist von ihr.«
Sie schwieg einen Moment.
»Das ist jetzt nur geraten, aber ich glaube, es bedeutet, erkundige dich nach einem Kojoten namens Sanchez.«
»Ist das so?«
»Das Q ist so was wie ein Stenogrammkürzel, das wir in der Zeitung benutzen. Es steht für quaere . Das kommt aus dem Lateinischen und bedeutet ›untersuche‹. Bekannt aus Quaere et invenies – Suche und du wirst finden. Coy – na ja, wenn man schnell schreibt, kürzt man ab. Ich tippe auf Coyote, weil es bei so ziemlich jedem Artikel auf ihrem Schreibtisch um Kojoten geht – sie wissen schon, die Schlepper, die Menschen über die Grenze schmuggeln. Außerdem bin ich ein Genie.«
»Ich mag kluge Miezen.«
»Wusste ich’s doch, dass auch Sie irgendwann das Licht sehen. Das ist immer so.«
»Okay, eine Sache noch.«
»Ich weiß. Sie möchten, dass ich sämtliche Artikel lese, um herauszufinden, ob ein Kojote namens Sanchez erwähnt wird.«
»Richtig!«
Sie seufzte theatralisch.
»Ich bin so leicht zu haben. Sie sollten die Gelegenheit und mich beim Schopf packen.«
»Danke, Kumpel. Das hilft mir sehr weiter.«
»Kumpel. Der Traum eines jeden Mädchens, der Kumpel eines scharfen Typen zu sein.«
»Ich bin so alt, ich könnte Ihr Vater sein. Irgendwie.«
»Nur Kleingeister lassen sich durch gesellschaftliche Konventionen bremsen.«
Ich lächelte immer noch, als ich auflegte und Nita Morales anrief. Sie war in einer Besprechung, kam aber sofort ans Telefon. Ich sagte ihr, wo ich war, und setzte zu einer Zusammenfassung dessen an, was ich herausgefunden hatte. Ich kam gerade so richtig in Fahrt, als sie mich mit einer Frage überraschte.
»Sie ist zu diesem Flugzeug gefahren?«
»Kennen Sie es?«
»So bin ich hergekommen. Sie wollte wissen, wie ich in die USA gelangt bin, also habe ich es ihr erzählt. Es war der übliche Treffpunkt, wenn man das Imperial Valley heraufkam. Unser Führer nannte es den Flughafen. Es war ein sicherer Treffpunkt, und er war leicht zu finden. Er sagte etwas wie: Morgen landen wir auf dem Flughafen und ihr werdet in eine andere Maschine umsteigen. Ich hoffe, der Pilot kann fliegen. Er hielt das für urkomisch.«
»Wie hieß Ihr Kojote?«
»Wir nannten sie nicht Kojoten. Sie waren unsere Führer.«
»Okay. Wer war er?«
»Ich glaube nicht, dass ich das je gewusst habe. Ich war damals sieben.«
»Haben Sie schon mal von einem Kojoten namens Sanchez gehört?«
Sie klang verärgert.
»Ich kenne diese Art Leute nicht. Menschen in meiner Situation sind nicht Teil irgendeiner Schattengesellschaft. Sie denken wohl, wir treffen uns, veranstalten lustige Margarita-Partys und lachen uns kaputt darüber, wie wir Uncle Sam
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