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Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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trat durch die Tür und hieb Carmouche die Spitze in den Rücken, drückte mit dem Handballen auf die stumpfe Seite der geschwungenen Klinge. Sein Kinn sank herab, und er riss den Mund auf, als würde er garrottiert. Er torkelte zurück, griff mit einer Hand hinter sich, als wollte er den Daumen in das Loch stopfen, durch das die Luft aus seiner Lunge entwich. Er sank auf ein Knie, und seine Augen glänzten, als befände er sich in einer Höhle voller Geister, an die er schon lange nicht mehr glaubte.
    Letty hieb ein ums andere Mal auf ihn ein, während Passion die Hintertür schloss, damit das Mädchen nicht ins Haus schauen konnte. Lettys Bademantel, ihre Arbeitsschuhe, die Arme und die Schenkel waren mit Carmouches Blut bespritzt, doch sie war unersättlich in ihrer Wut, holte immer wieder mit der Haue aus und gab jedes Mal einen dumpfen, ohnmächtigen Schrei von sich.
    Passion legte ihr die Hand auf die Schulter und schob sie von Carmouche weg.
    »Was denn? Was ist los?«, sagte Letty, als erwachte sie aus tiefer Trance.
    Passion ging nicht darauf ein. Sie hob die Sichel, holte weit aus und schaute Carmouche in die Augen.
    »Nein ... bitte nicht«, sagte er, und seine Hand zuckte zur Schnalle seines Cowboygürtels.
    Dann hieb Passion zu, und Letty schlug die Hände über die Ohren, damit sie den Laut nicht hören musste, der aus seiner Kehle drang.

23
    I ch kehrte hinterher nicht ins Büro zurück, sondern fuhr gleich nach Hause. Ich setzte mich an einen der Kabelrollentische auf dem Bootssteg, hörte den Cinzano-Schirm über mir im Wind knattern und schaute den Blauhähern zu, die zwischen den Zypressen und Weiden hin und her flogen. Ich betrachtete die Licht- und Schattenmuster der Wolken auf dem Sumpf, das an den abgestorbenen Stämmen hängende Moos, das sich im Wind straffte. Ich blieb eine ganze Weile dort sitzen und kam mir vor wie jemand, der versehentlich in eine Pornofilmvorführung geraten ist und sich eine neue und unangenehme Erkenntnis über menschliches Verhalten vom Leibe spülen möchte.
    Die Geschichte von Varmel Carmouches Tod war widerwärtig. Ich wünschte, ich hätte sie nicht gehört, noch mehr aber wünschte ich mir, nicht darüber entscheiden zu müssen, was ich damit anfangen sollte.
    Ich ging hinauf zum Haus und erzählte Bootsie von meinem Besuch bei Passion Labiche.
    Gut eine Minute lang sagte sie kein Wort. Sie stand vom Küchentisch auf, stellte sich vor die Spüle und schaute in den Garten hinaus.
    »Was willst du damit machen?«, fragte sie, kehrte mir aber immer noch den Rücken zu.
    »Sie hat mir nichts erzählt, womit man ihrer Schwester helfen könnte.«
    »Hast du die Sichel im Laster?«
    »Ich habe sie wieder unter das Haus gelegt.«
    Ich ging zum Herd und goss mir eine Tasse Kaffee ein. Sie drehte sich um und folgte mir mit ihrem Blick.
    »Du überschreitest eine Grenze, Dave«, sagte sie.
    »Ich habe ihr das Geständnis buchstäblich abgepresst. Ich weiß nicht, ob es Carmouche verdient hat, so zu Tode zu kommen, aber die Mädchen haben das, was mit ihnen passiert ist, ganz bestimmt nicht verdient.«
    Sie kam zum Herd, schob die Hände über meinen Unterarm und schlang sie um meine Finger.
    »Weißt du, was ich machen würde?«, sagte sie.
    »Was denn?«, sagte ich und drehte mich zu ihr um.
    »Ich würde den Tag noch mal von vorn anfangen. Ursprünglich wolltest du Passion und Letty doch helfen. Warum sollte man ihnen noch mehr Leid antun? Wenn Letty heute vor Gericht stünde, würde sie möglicherweise freigesprochen. Willst du ein Verfahren ermöglichen, bei dem man schon einmal keinerlei Rücksicht auf das Leid genommen hat, das zwei unschuldigen Kindern angetan wurde?«
    Auf Bootsie konnte ich mich immer verlassen, sie wusste genau, was sie sagen musste, um mich wieder aufzumuntern. Aber dass ich Beweismaterial zu einem acht Jahre alten Verbrechen unterschlug, war nicht der springende Punkt. Ich hatte es einfach satt, mir tagtäglich einreden zu müssen, dass ich mit meiner Arbeit irgendetwas ausrichten könnte.
    Ich machte mir ein Sandwich mit Schinken und Zwiebelscheiben und setzte mich an den Picknicktisch im Garten. Ein paar Minuten später kam Bootsie aus dem Haus und nahm mir gegenüber Platz. Sie hatte eine kleine Pappschachtel in der Hand.
    »Ich behellige dich herzlich ungern damit, aber das ist heute Morgen mit der Post gekommen. Alafair hat sie auf ihrem Bett liegen lassen. Ich hätte den Brief nicht lesen dürfen, aber als ich die Unterschrift gesehen

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