Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
und ging mit wehendem Faltenrock in Richtung Umkleideraum.
»Ihr lest meine Post?«, sagte Alafair. Es war Abend, die Sonne stand tief zwischen den Bäumen, und sie striegelte gerade Tex, ihren Appaloosa, auf der eingezäunten Koppel hinten bei seinem Stall. Sie starrte mich über seinen Rücken hinweg an.
»Der Brief lag auf deinem Bett. Bootsie hat Johnnys Namen gesehen. Es war unabsichtlich«, erwiderte ich.
»Trotzdem hättet ihr ihn nicht lesen dürfen.«
»Vielleicht nicht. Vielleicht weißt du ja, was du tust. Aber meiner Meinung nach ist dieser Mann gefährlich.«
»Nicht der Johnny O’Roarke, den ich kenne.«
»Du hast immer zu deinen Freunden gestanden, Alafair. Aber dieser Typ ist kein Freund für dich. Der Gefängnispsychologe sagt, er ist ein schwer gestörter Mensch, der vermutlich von eigener Hand sterben und andere mit sich nehmen wird.«
»Das ist doch Affenscheiße.«
»Wie drückst du dich denn aus?«
»Du gibst zu, dass er uns das Leben gerettet hat, aber du hetzt hinter ihm her, als wolltest du ihm den Kopf abreißen, jemandem, den du überhaupt nicht kennst, und dann sagst du zu mir, ich soll auf meine Ausdrucksweise achten. So einen Mist erwarte ich von meinem Vater einfach nicht.«
»Hat er versucht, dich wieder zu sehen?«
»Das werde ich dir nicht verraten. Es geht dich nämlich nichts an.«
»Remeta ist ein Geistesgestörter, Alf.«
»Red mich nicht mit diesem dämlichen Namen an. Herrgott noch mal!«, sagte sie, warf die Bürste hin, mit der sie Tex gestriegelt hatte, und stürmte ins Haus.
In dieser Nacht träumte ich von der Zuckerrohrernte im Spätherbst und von hoch beladenen, von Mulis gezogenen Wagen, die durch den Nebel zur Raffinerie rollten. Der Feldweg war hart gefroren, mit Zuckerrohrstrünken übersät, und aus den noch nicht abgeernteten Feldern zu beiden Seiten wogte der Nebel wie fahle Zuckerwatte und schlug sich klamm und feucht auf den Rücken der Maultiere und der Kutscher nieder. Vor mir zeichneten sich die blechernen Umrisse der Raffinerie vor dem grauen Himmel ab, ich hörte von drinnen das Knacken der überhitzten Kessel und die eisernen Maschinen, die das Zuckerrohr zu Brei zermatschten. Auf dem Feld unmittelbar hinter der Raffinerie brannte ein Stoppelfeuer, das in roten Schlangenlinien durch den Dunst kroch.
Der Traum erfüllte mich mit einer Furcht, die ich mir nicht erklären konnte. Aber ich wusste ganz genau, dass ich auf diesem Weg nicht weitergehen, keinen Schritt mehr auf die Raffinerie zu tun durfte, auf das Mahlen der Maschinen, das Feuer und die gelben Rauchschwaden, die zum Himmel aufstiegen.
Dann änderte sich das Bild. Ich war im Morgengrauen an Bord meines Kabinenkreuzers, draußen auf der West Cote Blanche Bay, inmitten einer dicken Nebelbank, die sich schwer und kühl auf die Haut legte, und ließ mich von der Tide auf die Küste zutreiben. Im Norden konnte ich Avery Island sehen, zwei grüne Höcker, die aus dem Dunst ragten, glatt und fest wie die Brüste einer Frau. Die Wellen schäumten um den schnittigen Bug, und ich konnte die salzige Gischt riechen, die Köderfische im Eimer und die Meerforellen, die aus den Wogen sprangen und in die Wellentäler tauchten, Ringe warfen wie Regentropfen, die auf die Dünung schlagen.
Mit schmerzenden Lenden wachte ich auf, ging in die Küche, setzte mich in die Dunkelheit und ließ die Hände auf die Schenkel hängen. Ich drückte mir ein feuchtes Handtuch an die Augen und versuchte nachzudenken, doch es ging nicht. Selbst jetzt, da ich wach war, wollte ich nicht wissen, was dieser Traum zu bedeuten hatte. Ich ging wieder ins Bett, spürte, wie Bootsie sich rührte, mir an die Brust fasste, sich dann umdrehte und an mich schmiegte.
Sie war bereits feucht, als ich in sie eindrang, spreizte die Schenkel und hakte die Füße um meine Beine, ließ die Hand zu meinem Kreuz hinabgleiten und bewegte sich langsam, in kleinen Kreisen unter mir, wie immer, wenn sie unser beider Lust so lange wie möglich auskosten wollte.
Doch ich spürte, wie die Hitze in mir aufstieg, so als kletterten Flammen an einer harten, blanken Holzwand empor, öffnete dann unwillkürlich den Mund, schloss die Augen und presste mein Gesicht zwischen ihre Brüste.
Ausgepumpt saß ich auf der Bettkante, das Gesicht im Schatten, die Hand immer noch über Bootsies Fingerspitzen gebreitet, und schämte mich, dass ich meine Frau benutzt hatte, um mich vor einer Gewalttat zu bewahren, die ich, wie ich sehr wohl wusste, in meinem
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