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Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Zapfenstreich-Charley pünktlich und machte seine Sache gut. Wir gewöhnten uns so an ihn, dass wir fast die Uhr nach ihm stellten.
    Wir waren regelrecht enttäuscht, als ihn ein Kampfhubschrauber bei Vollmond erwischte, während er durch ein Reisfeld rannte, und ihn kurzerhand aus dem Verkehr zog.
    Ein berechenbarer Feind hat seine Vorteile.
    Ich wusste, dass Remeta wieder auftauchen würde. Und ich wusste, woher er kommen würde.
    Drei Nächte, nachdem mich der Sheriff vom Dienst suspendiert hatte, kehrte er zurück.
    Ich hörte den Außenborder tief im Sumpf, dann verstummte der Motor. Ich schlüpfte in meine Khakis, zog das AR-15 unter dem Bett hervor, ging hinaus und lief über den Rasen. Von den Bäumen tropfte der nächtliche Tau, und im Nebel konnte ich kaum den Köderladen sehen.
    Aber ich hörte, wie ein Paddel ins Wasser getaucht wurde, an eine Zypressenwurzel schlug, leise an der Bordwand entlang scharrte.
    Ich ging die Betonrampe hinunter, watete ins Wasser, trat unter den Bootssteg und wartete. Das Wasser im Bayou strömte nach Norden, stieg mit der Flut an, und ich sah eine tote Nutria vorbeitreiben.
    Es war stickig unter dem Steg, das Wasser fühlte sich durch die Kleidung warm an, und ich konnte die toten Fische zwischen den Pfählen riechen. Dann kam der Wind auf, und ich sah, wie der Nebel wie Baumwollbäusche über den Bayou zog und der Bug einer Piroge keine zwanzig Meter vom Köderladen entfernt aus dem Sumpf stieß.
    Ich hatte ein dreißig Schuss fassendes Magazin in das Gewehr eingelegt. Die Piroge schob sich in den Bayou, und ich konnte die Umrisse eines knienden Mannes erkennen, der das Paddel lautlos durch das Wasser zog. Der Besitzer des Gemischtwarenladens, der ein Stück weiter unten am Bayou lag, bei den Four Corners, hatte die Lampe auf der Veranda angelassen, sodass der Mann in der Piroge von hinten angestrahlt wurde und mit seinen verzerrten Zügen wie eine Gestalt wirkte, die sich im phosphoreszierenden Schein einer Leuchtkugel bewegt.
    Ich stützte das Gewehr an einem Pfahl ab und visierte über den Lauf hinweg, sah vor meinem inneren Auge nicht mehr nur eine Silhouette, sondern ein menschliches Gesicht, meinte die Zähne zu sehen, die Kinnlade, ein funkelndes Auge, die straffe Haut, die sich über den halb ins Licht getauchten Schädel spannte.
    Ein Schweißfaden lief mir durch die Augenbraue. Drück einfach ab und denk nicht drüber nach, sagte ich mir. Wie oft hast du das schon gemacht, bei Menschen, die du nicht mal gekannt hast? Du musst nur den entscheidenden Schritt tun, es gewaltig krachen lassen, dann vergehen deine Gewissensbisse im Nu, wenn erst der Adrenalinstoß einsetzt und du einen Schuss nach dem andern abgibst. Du nimmst nur noch das Mündungsfeuer in der Dunkelheit wahr, den klaren Geruch des rauchlosen Pulvers, das taube Gefühl in den Ohren, hast nicht das Geringste mit der Gestalt zu tun, die da drüben zusammenbricht.
    Aber noch hatte ich Johnny Remetas Gesicht nicht gesehen.
    Ich drückte auf den am Stützpfeiler des Bootsstegs angebrachten Schalter. Plötzlich war der Bayou in Licht getaucht.
    »Sie müssen mächtig müde sein, wenn Sie jede Nacht hier draußen bei den Moskitos bleiben«, sagte er. Er grinste, blickte ins gleißende Licht der Strahler, in deren Schein sein Mund sonderbar verfärbt wirkte, als hätte er ihn mit rotem Lippenstift bemalt.
    Ich spürte, wie sich mein Finger um den Abzug spannte.
    »Sie sind ein Scheißkerl, Johnny«, sagte ich.
    »Hab ich alles schon mal gehört, Mr. Robicheaux. Mein Vater hat gesagt, meine Mutter hätte mich loswerden wollen, als ich noch in ihrem Bauch war, aber sie wollte keinen Kleiderbügel verschwenden«, erwiderte er.
    Dann öffnete er die Hände, als werde ihm himmlische Gnade zuteil, legte den Kopf schief und schaute abschätzend in meine Richtung.
    »Werfen Sie mit der linken Hand Ihre Waffe über Bord«, sagte ich.
    »Ich hab keine.«
    Ich watete unter dem Steg hervor, sodass er mich sehen konnte.
    »Sie sind festgenommen. Ziehen Sie die Piroge an Land«, sagte ich.
    »Sie könnten mich doch gar nicht abknallen, nicht wahr?«
    Ich konnte meine Atemzüge hören, spürte das Öl und die Feuchtigkeit auf meinem Finger am Abzug. Er stand in der Piroge auf, streckte die Hände nach außen, um das Gleichgewicht zu halten. Er starrte auf die Mündung des Gewehrs, schürzte die Lippen und wartete.
    »Bis dann, Mr. Robicheaux. Bestellen Sie Alafair meine Grüße.«
    Die Piroge kippte um, als er mit einem

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