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Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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sie nicht gekriegt. Der hat irgendwas ganz Hundsgemeines an sich. Mit dem seinem Mist will ich nix zu tun haben«, sagte er.
    »Was meinen Sie damit?«
    »Er macht’s für Geld. Aber auch wenn nix zu holen ist, würd er’s machen. Sie sagen, er hat ’nen Hit verbockt? Das glaub ich nicht. Der fährt drauf ab, Mann. Den Typ hat irgendjemand tüchtig verhunzt.«
    Clete und ich fuhren ins French Quarter und danach über den Fluss nach Algiers. Wir redeten mit Nutten, Luden, Einbrechern, Taschendieben, Schleppern, Neppern, Räubern, Hehlern, Geldwäschern, Autoknackern, Süchtigen und Crackdealern, all den Zeitgenossen, die am Unterbauch der Stadt schmarotzen und vom Humus zehren, der unter dem Zierrasen liegt. Keiner von ihnen schien irgendetwas von Johnny Remeta zu wissen.
    Doch ein ehemaliger Preisboxer, der einen Saloon an der Magazine Street betrieb, sagte uns, er hätte gehört, dass ein neuer Killer in der Stadt wäre, der von ein paar schwarzen Kids, die einen Sportwarenladen ausgeraubt hätten, ein halbes Dutzend sauberer Knarren gekauft hätte.
    »Für wen arbeitet er, Goldie?«, fragte ich.
    »Für die gesamte Menschheit, wenn er Zipper Clum weggeputzt hat«, antwortete er.
    In der Dämmerung, als nur mehr ein orangefarbener Sonnenstreif über den Dächern stand und der Wind mit Staub und Regentropfen durchsetzt war, fanden wir einen der Jungs, die in den Sportwarenladen eingebrochen waren. Clete zog ihn unterhalb der Sozialsiedlung St. Thomas aus einem an der Straße stehenden Feigenbaum.
    Er war vierzehn Jahre alt, trug Khakishorts und Tennisschuhe ohne Socken. Schweiß sickerte ihm aus den Haaren und rann über sein staubiges Gesicht.
    »Das ist der Kopf der Bande. Die, die entkommen sind, sind jünger als er«, sagte Clete. »Wie heißt du, du Schlauberger?«
    »Louis.«
    »Wo wohnt der Typ, dem du die Waffen verkauft hast?«
    »Wahrscheinlich irgendwo im Zentrum.«
    »Woher weißt du das?«, fragte ich.
    »Weil er in Richtung Innenstadt gefahren ist. Die gleiche Richtung, in die die Straßenbahn fährt.«
    »Ziemlich gut aufgepasst, Louis. Wie viel hat er dir für die Knarren gegeben?«, fragte Clete.
    »Hundert Dollar.«
    »Für sechs Knarren?«, sagte Clete.
    »Er hat gesagt, er hat nicht mehr Geld. Er hat uns seine Brieftasche gezeigt. Da war nicht mehr Geld drin.«
    »Mit einer dieser Waffen wurde jemand umgebracht, Louis«, sagte ich.
    Er schaute ins Leere, als ob ihn meine Worte und das, was sie bedeuteten, nicht das Geringste angingen. Er wog allenfalls 35 Kilo und sah aus wie eine Ameise auf Beinen, hatte kleine Ohren, schiefe Zähne und viel zu große Augen für sein schmächtiges Gesicht. Seine Knie und Ellbogen waren grindig, Essensreste klebten auf der Brust seines T-Shirts.
    »Was hast du mit dem Geld gemacht, mein Freund?«, fragte ich.
    »Gar nix hab ich damit gemacht. Die großen Jungs ham’s mir abgenommen. Wir wollten ins Kino gehn. Ham Sie vielleicht ’n bisschen Kleingeld übrig?«
    Blinzelnd schaute er uns an, während er auf eine Antwort wartete.
    Was hatten wir erreicht? Schwer zu sagen. Wir hatten auf der Straße das Gerücht gestreut, dass Johnny Remeta bereit sei, Leute aus der Unterwelt von New Orleans auffliegen zu lassen. Vielleicht wurden er oder die Leute, die ihm den Auftrag zu den Morden an Zipper Clum und Little Face Dautrieve erteilt hatten, dadurch aufgescheucht. Aber an diesem Abend war ich zu müde, um mich darum zu scheren.
    Als ich neunzehn war, hatte ich bei einem so genannten Erkundungstrupp auf einer Bohrinsel vor der Küste gearbeitet, auf der mittels seismographischer Messungen nach Ölvorkommen gesucht wurde. Das war im Sommer 1957 gewesen, dem Jahr, in dem der Hurrikan Audrey mit einer Flutwelle aus dem Golf von Mexiko über Cameron, Louisiana, hinweg fegte, die Stadt platt machte und Hunderte von Menschen tötete.
    Noch vier Wochen danach fand man die Leichen in den Astgabeln der Gummibäume draußen im Sumpf oder in den Inseln aus entwurzelten Zypressen, die aus dem Marschland in den Golf trieben. Manchmal verhedderten sich die langen, mit Gummi beschichteten Messkabel, die wir vom Bug und Heck einer kleinen Barke aus abspulten, in einem untergegangenen Baum mitten in einer Bucht oder einem Flussarm, worauf ein Mitglied der Besatzung hinuntertauchen und sich darum kümmern musste.
    Das Wasser war von der Sonne aufgewärmt, dunkelbraun vom Schlamm und den abgestorbenen Hyazinthen. Der Junge, der über die Bordwand stieg und sich am Kabel entlang zu der

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