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Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Eichen hindurch zum Bootssteg.
    Er und Batist hatten jahrelang miteinander auf Kriegsfuß gestanden, weil Tripod ständig Boudin über den ganzen Ladentisch verteilt und die Kartons mit den Fertigkuchen und Schokoriegeln aufgerissen hatte. Aber zu guter Letzt hatten sie einen Waffenstillstand geschlossen, entweder, weil sie beide älter wurden oder weil sie eingesehen hatten, dass der eine so halsstarrig war wie der andere. Inzwischen begab sich Tripod, sobald Alafair oder ich ihn laufen ließen, für gewöhnlich schnurstracks zum Bootsanleger, stieß die Fliegendrahttür auf und legte sich auf dem Kühlschrank hinter dem Ladentisch schlafen. Letzte Woche hatte ich gesehen, wie Batist mit einem Außenborder über den Bayou geröhrt war, während Tripod wie eine Galionsfigur am Bug hockte und die Schnauze in den Wind richtete.
    Als ich in den Laden kam, trank Batist gerade eine Tasse Kaffee und schaute durch das Fliegengitter auf den Sumpf.
    »Hast du um diese Jahreszeit schon mal so einen roten Mond gesehn?«, sagte er.
    »Das kommt vom Wind. Der bläst eine Menge Staub in die Luft«, sagte ich.
    Er war ein großer, kräftiger Mann mit Oberarmmuskeln wie Krocketbälle; seine unten ausgestellten Arbeitshosen und das weiße T-Shirt wirkten wie auf die Haut genäht.
    »Die alten Leute sagen, damals, zur Zeit der Sklaverei, hat man bei so einem Mond Schweineblut auf die Erde gegossen«, sagte er.
    »Warum?«, fragte ich.
    »Macht den Mais und das Zuckerrohr fetter. Aus dem gleichen Grund, aus dem man einen Alligator umbringt und im Feld vergräbt«, erwiderte er. »Ich hab Clete Purcel mit Passion Labiche gesehen.«
    »Wirklich.«
    »Die Mädchen taugen nix, Dave. Ihre Leute waren Zuhälter.«
    »Auch ein schlechter Baum kann gute Früchte tragen«, sagte ich.
    »Erzähl das dem Mann, der am Fußboden in Stücke zerhackt worden ist.«
    »Ich glaubte, er hat’s drauf angelegt«, erwiderte ich.
    Tripod war auf den Ladentisch gekrabbelt und schnüffelte an einem Glas saurer Gurken. Batist klemmte ihn sich in die Armbeuge. Tripods silbern geringelter Schwanz schlug zwischen den herunterhängenden Beinen hin und her.
    »Wir waren zu zehnt, als ich groß geworden bin. Meine Mama hat jeden Morgen eine große Pfanne mit Biskuits zum Frühstück gemacht, aber wir ham nix zum Drauflegen gehabt. Deswegen hat sie immer ein Glas mit eingemachten Feigen auf den Tisch gestellt. Wir ham mit den Biskuits außen übers Glas gestrichen und sie dann gegessen. Wir ham dabei alle gelacht. Jeder muss seinen Weg gehn, auch wenn er mal dornig und voller Scherben is, Dave. Das heißt nicht, dass man das Recht hat, jemand umzubringen«, sagte er.
    »Was hat das denn damit zu tun, dass Clete sich mit Passion trifft, Batist?«
    »Ich kenn die Mädchen von klein auf. Wenn man die eine gesehn hat, war die andre nicht weit weg. Die ham immer zusammen gehalten wie Pech und Schwefel.«
    »Es ist zu früh am Tag, um mit dir zu streiten, Partner«, sagte ich.
    »Ich will mich nicht streiten. Was wahr is, is wahr. Ich muss nix beweisen.«
    Er ging hinaus in das weiche blaue Licht, setzte Tripod aufs Geländer und spritzte die Kabelrollentische auf dem Steg ab, während der Mond mattrot hinter seinem Kopf stand.
    Später packte ich all die Schwarzweißfotos, die nach dem Mord an Vachel Carmouche aufgenommen worden waren, in einen Umschlag und fuhr hinaus zu Carmouches verrammeltem Haus am Bayou. Das Anwesen wirkte wie verwunschen, als hätte die Tat, die hier begangen worden war, überall ihre Spuren hinterlassen. Hüfthoch wuchs das Unkraut im Garten, auf der Galerie stapelten sich alte Reifen und Heuballen, die grau vor Fäulnis waren. Wespen und Hornissen, deren Nester unter der Dachtraufe hingen, schwärmten herum, und ein kaputtes Windrad klapperte im heißen, trockenen Wind.
    Ich ging zur Rückseite und versuchte den Weg nachzuvollziehen, auf dem Letty zu ihrem Haus zurückgekehrt war, wo sie ihre Schuhe und den Morgenmantel ausgezogen und sich mit einem Gartenschlauch das Blut von Haut und Haaren gewaschen hatte. Carmouches Hintertür, deren Schloss bereits aufgebrochen war, scharrte über das wellige Linoleum, als ich sie aufstieß.
    Die Luft war stickig wie in einem Abort im Sommer, aufgeheizt durch das Blechdach und die geschlossenen Fenster, und das ganze Haus roch durchdringend nach Fledermausmist und abgestandenem Wasser, das sich unter dem Boden gesammelt hatte. Eine grüne Pflanze, dunkel wie Spinat, wucherte aus dem Abfluss in der

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