Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Läuft der etwa einfach frei rum, knallt Leute ab und gibt Ihnen von ’ner Telefonzelle aus Bescheid?«, sagte Jefferson.
»Weil er einen Auftrag für die falschen Leute verbockt hat und weiß, dass man ihm Feuer unter dem Arsch macht. Folglich will er sich auf einen Kuhhandel einlassen, und das heißt, dass er seinen guten Willen zeigen will, indem er ein paar billige Dreckfinken wie dich auffliegen lässt«, sagte Clete.
Jefferson schaute aus dem Fenster, grinste über nichts und wieder nichts, aber vielleicht betrachtete er auch die Umrisse einer Chemiefabrik, die über einem Wald aus lauter entlaubten Bäumen aufragte. Seine Haare waren bis auf die Kopfhaut abgeschoren, und an den Schultern ballten sich dicke Muskelstränge unter dem T-Shirt. Er setzte sich eine Baseballkappe umgekehrt auf den Kopf und rückte sie zurecht. Seine Augen funkelten vor Selbstzufriedenheit.
»In Louisiana bedeutet eine umgekehrte Kappe, dass man nix mit Drogen zu tun hat. Ihr Weißen kennt euch mit so was nicht aus. Ihr seht ’n Nigger, der die Mütze rückwärts auf hat, und denkt: ›Der hinterfotzige Mistkerl will meine Karre knacken und meiner Tochter an die Wäsche gehen.‹ Ich hab nicht mit Waffen gehandelt, Mann. Sagt diesem Knacker, der meinen Namen hat fallen lassen, dass ich ihn mir vornehme, egal wo er is. Ich hab zu viel durchgemacht, als dass ich einfach ruhig dasitzen und mir so ’nen Scheiß bieten lassen kann«, sagte er. Er grinste uns unschuldig an.
Clete stand auf und stellte sich schräg hinter Jefferson. Er ergriff eine Keramiklampe, den einzigen hellen Gegenstand in dem Zimmer, und musterte den Schriftzug des Motels, der am Fuß stand.
»Sie haben Einiges durchgemacht, was?«, sagte ich.
»Die Eighteen Streeter kommen immer nach Pelican Bay. Dreiundzwanzig Stunden unter Verschluss. Aber das hab ich alles hinter mir. Ich bin hierher gekommen, weil ich unter Einheimischen leben will«, sagte Jefferson.
Clete schmetterte ihm die Lampe an den Kopf. Keramiksplitter regneten auf die Couch und landeten in Jeffersons Schoß. Einen Moment lang wirkte er benommen, bekam glasige Augen, dann zog er die Mundwinkel wieder nach oben, als hingen sie an Drähten.
»Wenn Leute zu dick sind, sind sie den ganzen Tag lang stinkig, haben ständig einen Riesenbrass, weil sie fett und hässlich sind und nicht in den Spiegel schaun wollen«, sagte Jefferson.
»Du hältst das wohl für komisch?«, sagte Clete und hieb ihm mit der flachen Hand aufs Ohr. »Sag mir, dass du das für komisch hältst. Ich will es hören.«
»Clete«, sagte ich leise.
»Halt dich da raus, Streak.« Dann wandte er sich wieder an Jefferson. »Kannst du dich noch an die drei Grundschulkinder erinnern, die auf dem Spielplatz an der Esplanade erschossen wurden? Es geht das Gerücht, dass du dem Schützen die Uzi verkauft hast. Willst du was dazu sagen, du Klugscheißer?«
»Hier herrscht freie Marktwirtschaft, du Arschgeige«, erwiderte Jefferson ungerührt und grinste breit, sodass seine Zunge dick und rot über den Zähnen lag.
Clete knüllte mit der linken Hand Jeffersons T-Shirt zusammen und hieb ihm die rechte Faust ins Gesicht, zerrte ihn von der Couch und schleuderte ihn zu Boden. Als sich Jefferson mit den Armen aufstützen wollte, rammte ihm Clete seine Schuhsohle in den Unterkiefer.
»Sieht so aus, als ob du grade ein paar Zähne ausgespuckt hast, Garfield«, sagte Clete.
»Lass ihn in Ruhe, Clete«, sagte ich.
»Na klar doch. Tut mir Leid, dass ich bei diesem Prachtexemplar von einem Afro-Amerikaner die Beherrschung verloren habe. Hast du das gehört, Garfield? Ich komm später wieder und entschuldige mich, wenn wir allein sind.«
»Ich mein’s ernst, Clete. Warte im Laster auf mich.«
Clete ging hinaus auf den Hof und ließ die Fliegendrahttür hinter sich zuknallen. Sein Gesicht war immer noch hochrot angelaufen, als er zu mir zurückschaute und sich eine kalte Lucky Strike in den Mund steckte. Ich half Jefferson auf die Couch, holte im Badezimmer ein Handtuch und gab es ihm.
»Tut mir Leid, dass es dazu gekommen ist«, sagte ich.
»Sie spielen wohl den Guten, was?«, erwiderte er.
»Das ist kein Spiel, Partner. Clete zerreißt Sie in Stücke.«
Jefferson presste sich das Handtuch an den Mund und hustete Blut, blickte dann zu mir auf, diesmal ohne zu grinsen, und aus seinen glanzlosen Augen sprach die ganze Dumpfheit der Welt, in der er lebte.
»Ich hab dem Knacker keine Knarre verkauft. Er wollte eine, aber von mir hat er
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