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Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Spüle.
    Doch die Spuren von Carmouches Todeskampf waren nach wie vor auf dem Linoleum zu sehen, so als wäre schwarzrote Farbe verschmiert worden, die getrocknet war und inzwischen so spröde und rissig wirkte wie dürres Laub. Doch in der Küche waren weitere Flecken – ein Geflecht aus Tropfen und Spritzern an der Wand neben dem Herd und zwei ähnliche Spuren an der Decke. Ich betastete die Flecken beim Herd und war davon überzeugt, dass es sich um die verkrusteten Überreste des berühmtesten Elektrikers von Louisiana handelte.
    Ich schaute mir noch einmal die Tatortfotos an. Das Blut war über den ganzen Boden gespritzt, über die Wände, die Vorhänge an den Schränken, den Kühlschrank und selbst den Bildschirm des Fernsehapparats, in dem ein Laurel & Hardy-Film lief, als die Aufnahmen gemacht wurden. Aber wie konnte man mit einer Haue, einem schweren Werkzeug, das man mit beiden Händen führen musste und das dazu diente, Strünke und Wurzelstöcke zu zerhacken, derartige Blutspuren an Decke und Wand hinterlassen?
    Ich ging über den Hof zur Rückseite des Labiche-Hauses. Aus dem Hahn, an dem sich Letty gewaschen hatte, tropfte Wasser in den Staub; in dem Ölfass, in dem sie ihren Morgenmantel und die Schuhe hatte verbrennen wollen, kokelte jetzt brennendes Laub. Rund um das Haus, in dem sie aufgewachsen war, blühten Rosen und Gardenien, und Eichhörnchen sprangen aus den Zweigen der immergrünen Eichen und tollten über das Dach.
    Das Haus war verwittert, das Holz von Termiten zerfressen, die weiße Farbe rissig von der Sonne und vom Rauch der Stoppelfeuer eingegraut, aber es war dennoch ein wunderbarer Wohnort, wenn nur Letty hier wäre und es genießen könnte, wenn sie nicht ihr Leben weggeworfen hätte, um einen nichtsnutzigen Mann wie Vachel Carmouche umzubringen.
    »Wieso schleichen Sie denn um mein Haus rum?«, sagte jemand hinter mir.
    »Was gibt’s, Passion?«, sagte ich.
    Sie trug Sandalen und weite Jeans und hatte die kräftigen Hände in die Hüfte gestützt.
    »Clete sagt, Sie halten ihn für einen Kinderschänder, und dass ich Ihrer Meinung nach ein zu junges Ding für einen Mann in seinem Alter bin.«
    »Das erzählt er den Frauen ständig. Damit sie Mitleid mit ihm haben«, erwiderte ich.
    »Was haben Sie drüben in Carmouches Haus gemacht?«, fragte sie.
    »Ein alter Schwarzer, ein Freund von mir, hat erwähnt, dass Sie und Ihre Schwester immer unzertrennlich waren. Wenn man eine von euch gesehen hat, ist die andere nicht weit weg gewesen.«
    »Na und?«
    »Was haben Sie in der Nacht gemacht, als es Carmouche erwischt hat?«
    »Lesen Sie das Gerichtsprotokoll. Ich hab keine Lust, noch mal die alten Sachen aufzuwärmen. Verraten Sie mir eins. Haben Sie deshalb was dagegen, dass sich Ihr Freund mit mir trifft, weil ich Kreolin bin?«
    »Sie müssen sich schon einen anderen Blitzableiter suchen, Passion. Man sieht sich«, sagte ich und ging im Schatten der Bäume zu meinem Pick-up.
    »Ja, gleichfalls, Sie Wichtigtuer«, sagte sie.
    Als ich davonfuhr, schleppte sie mit beiden Händen je eine volle Mülltonne an den Straßenrand, aufrecht, mit herausgedrückter Brust und prallen Armen, strotzend vor Kraft. Ich winkte ihr zu, aber ihr Blick schien über meinen Pick-up hinwegzugleiten, ohne dass sie ihn wahrnahm.
    An diesem Nachmittag hielt Belmont Pugh eine Pressekonferenz, in der er über die Genehmigung von Casinos, die Aufstellung von Spielautomaten auf den staatlichen Rennbahnen und die aus dem Glücksspiel zu erwartenden Steuereinnahmen sprechen wollte, von denen ein gewisser Prozentsatz zu einer Lohnerhöhung für Lehrer aufgewendet werden sollte.
    Aber der Gouverneur fühlte sich erkennbar unwohl. Sein Schlips hing auf Halbmast, die eine Kragenecke stand hoch, und sein Gesicht wirkte rot und aufgedunsen wie ein gekochter Schinken. Ständig trank er Wasser, als wäre er völlig ausgedörrt oder wollte den schalen Nachgeschmack des Whiskeys wegspülen, den er letzte Nacht geschluckt hatte.
    Dann stand ein Reporter auf und stellte Belmont die Frage, die er befürchtet hatte. »Wie gedenken Sie mit Letty Labiche zu verfahren, Gouverneur?«
    Belmont rieb sich mit der flachen Hand über den Mund, sodass man durch das Mikrofon hören konnte, wie seine Schwielen über die Bartstoppeln scharrten.
    »Entschuldigen Sie, aber ich bin heut ein bisschen heiser und kann nicht richtig reden. Ich werde einen unbegrenzten Aufschub der Hinrichtung verfügen. So lange, wie ihre Berufung vor den Gerichten

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