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Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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steht alles im Bericht. Wenn Sie der Frau helfen wollen, dann beten Sie um ihr Seelenheil, weil ich nämlich nicht an Bekehrungen in der Todeszelle glaube.«
    »Ich glaube, das Blut an der Decke stammt entweder von einem Dolch, einem Rasiermesser oder einer Sichel«, sagte ich.
    Sein Gesicht verdüsterte sich; er warf einen Blick zu seiner Frau. Dann packte er mich am Arm und kniff fest zu.
    »Kommen Sie mit da rüber«, sagte er und zog mich zu meinem Pick-up.
    »Entschuldigen Sie, aber nehmen Sie die Hand von mir, Dr. Cole.«
    »Hören Sie mir mal gut zu, Mr. Robicheaux. Ich kenne Vachel Carmouches Angehörige. Die brauchen nicht noch mehr zu leiden, als sie es bereits getan haben. Nichts verpflichtet einen Pathologen dazu, den Schmerz der Hinterbliebenen noch zu verschlimmern. Haben Sie mich verstanden, Sir?«
    »Meinen Sie damit, dass Sie bei einer Autopsie gelogen haben?«
    »Achten Sie auf Ihre Worte.«
    »Es gab also eine zweite Waffe? Was wiederum heißt, dass es einen zweiten Mörder gegeben haben könnte.«
    »Er wurde verstümmelt. Sexuell verstümmelt. Als er noch am Leben war. Was spielt es denn da für eine Rolle, welche Waffe sie benutzt hat? Die Frau ist von Grund auf verdorben. Sie wollen sie herausholen? Wo bleibt Ihr gesunder Menschenverstand, Mann?«
    An diesem Tag rief mich Batist kurz vor Sonnenuntergang vom Köderladen aus an.
    »Dave, hier is ein Mann, der nicht rauf zum Haus gehn will«, sagte er.
    »Warum nicht?«
    »Bleib dran.« Ich hörte, wie er den Telefonhörer auf den Ladentisch stellte, wegging, den Hörer dann wieder zur Hand nahm. »Er ist draußen, wo er mich nicht hören kann. Ich glaub, er is ein armer Kerl, wegen seinem Gesicht.«
    »Heißt er Mike oder Micah oder so ähnlich?«
    »Ich frag ihn.«
    »Lass gut sein. Ich komm gleich runter.«
    Ich ging die Böschung zum Bootssteg hinunter. Rötlicher Dunst hing zwischen den Bäumen, und Vögel stiegen im Wind auf, der über die abgestorbenen Zypressen im Sumpf wehte. Der Mann, der als Chauffeur für Cora Gable arbeitete, lehnte am Geländer am Ende des Stegs, schaute auf den Bayou hinaus und hatte das Gesicht in den Schatten gewandt. Seine Hemdsärmel waren hochgekrempelt, und auf seinen Bizeps waren eingeringelte grüne und rote Schlangen tätowiert, die ihre Fänge in den eigenen Schwanz gruben.
    »Sind Sie Micah?«, sagte ich.
    »Ganz recht.«
    »Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«, fragte ich.
    »Miss Perez möglicherweise.«
    »Jim Gables Frau?«
    »Ich spreche sie mit ihrem Künstlernamen an. Ein Mann, der sie heiratet, sollte ihren Namen annehmen, nicht umgekehrt.«
    Sein rechtes Auge, das kaum zu sehen war, schimmerte unter der knotigen Wucherung, die seine eine Gesichtshälfte verunstaltete und seinen Mund derart verzerrte, dass die blanken Zähne bloß lagen. Die strohfarbenen Haare waren ordentlich geschnitten und gekämmt, als könnte er durch ein gepflegtes Äußeres den Streich ungeschehen machen, den ihm die Natur gespielt hatte.
    »Es geht einzig und allein um eine Rennbahn. Bei Luna Mescalero, New Mexico«, sagte er.
    »Wie bitte?«
    »Mr. Gable hat sie dazu gebracht, da draußen ein Stück Land zu kaufen. Er will eine Rennbahn bauen. Er hat das schon seit Jahren vor. Ich stamme von dort. Ich war ein Säufer, ein Jahrmarktskünstler, eine so genannte Monstrosität, eine Missgeburt, bis ich diese Frau kennen gelernt habe.«
    »Sie scheint mir ein ganz besonderer Mensch zu sein«, sagte ich.
    Er wandte das Gesicht in den Schein der Glühbirnen und schaute mir in die Augen.
    »Ich war neun Monate lang Sträfling bei einem Straßenbautrupp, Mr. Robicheaux. Eines Tages bin ich einem Aufseher frech gekommen, und er hat mich hinter den Bus gezogen und mit dem Stock auf mich eingeprügelt, dass ich den ganzen Kopf voller Beulen hatte. Als ich aufstehen wollte, hat er mich angespuckt, mir in die Rippen geboxt und mich geschlagen, bis ich geschrien hab. Miss Perez hat es von ihrer Veranda aus gesehen. Sie hat den Gouverneur von New Mexico angerufen und ihm gedroht, dass sie mit einem Reporter in sein Büro kommt und ihn ohrfeigt, wenn ich nicht aus dem Gefängnis entlassen werde. Sie hat mich angestellt, mir eine Ziegelhütte mit Klimaanlage überlassen, in der ich wohnen konnte, ausgerechnet mir, vor dem andere Leute am liebsten ihre Kinder versteckt hätten.«
    »Ich weiß nicht, was ich tun kann, Micah. Jedenfalls nicht, solange sich Jim Gable nichts zu Schulden kommen lässt.«
    Er kaute an seiner Daumenkuppe

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