Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
herum.
»Ein Mann, der seine Frau nicht achtet, achtet auch andere nicht«, sagte er.
»Wie bitte?«
Er schaute wieder in den Schatten, drehte den Kopf hin und her, als suchte er nach Worten, mit denen er niemanden verletzte.
»Er spricht vor andern Männern abfällig über Miss Perez. Und sie ist nicht die Einzige. Heißt Ihre Frau Bootsie mit Vornamen?«
»Ja«, erwiderte ich und spürte, wie sich die Haut an meinen Schläfen spannte.
»Er hat im Beisein eines anderen Polizisten, einem gewissen Ritter, schmutzige Sachen über sie gesagt. Sie haben über sie gelacht.«
»Ich glaube, es wird Zeit, dass Sie gehen.«
Er spreizte die Hand, als hätte er einen Baseballhandschuh an, starrte darauf und wischte mit den Fingerspitzen einen Schmutzkrümel vom Daumenballen.
»Dass ich verschwinden soll, hat man mir schon ganz woanders gesagt. Ich bin bloß hergekommen, weil’s mir um Miss Perez geht. Wenn Sie nicht für Ihre Frau eintreten wollen, ist das Ihre Angelegenheit«, sagte er und drängte sich an mir vorbei, sodass er mich mit dem Arm streifte.
»Moment mal«, sagte ich und hielt ihm den Finger unter die Nase. »Wenn Sie mit Jim Gable ein Hühnchen zu rupfen haben, dann machen Sie das auf eigene Faust.«
Die blanken Zähne in seinem Mundwinkel schimmerten im rötlichen Dämmerlicht, als er kehrtmachte und wieder auf mich zukam.
»Die Leute gehen ins Monstrositätenkabinett, damit sie sich jemand wie mich ansehen können, statt in sich selber reinschauen zu müssen. Wenn Sie mir noch mal den Finger vors Gesicht halten, brech ich ihn, wurschtegal ob Sie Polizist sind oder nicht«, sagte er.
In dieser Nacht ging ein Unwetter nieder. Der Regen prasselte auf das Haus ein, schoss über die Traufen und fegte in dicken Schwaden durch das Licht, das aus den Fenstern fiel. Um zehn Uhr abends, kurz nachdem die Spätnachrichten angefangen hatten, klingelte das Telefon in der Küche.
Der Akzent klang nach östlichem Kentucky oder Tennessee – weiche Aussprache, das »r« fast gänzlich verschluckt, die Vokale kehlig und verschliffen.
»Die Fangschaltung können Sie sich sparen. Ich ruf nicht über Kabel an«, sagte er.
»Lassen Sie mich mal kurz raten. Johnny Remeta?«, sagte ich.
»Ich bin zum Abschuss freigegeben. Womöglich sind Sie dafür verantwortlich. Ich bin mir da noch nicht ganz sicher.«
»Dann hauen Sie doch einfach ab.«
»So was mach ich nicht.«
»Warum rufen Sie mich dann an?«
»Sir, Sie haben allerhand Leuten erzählt, dass ich singe. Warum verbreiten Sie solche Lügen? Ich kenne Sie nicht mal.«
»Stellen Sie sich. Noch lässt sich die Sache umbiegen. Niemand trauert um Zipper Clum.«
»Sie müssen das, was Sie angerichtet haben, wieder ausbügeln, Mr. Robicheaux.«
»Sie sind im falschen Gewerbe, um Wiedergutmachung zu verlangen.«
»Was zu verlangen?«
»Hören Sie mal zu. Sie haben Little Face Dautrieve davonkommen lassen. Vielleicht haben Sie auch ein paar gute Eigenschaften, die Ihnen gar nicht bewusst sind. Treffen Sie sich irgendwo mit mir.«
»Soll das ein Witz sein?«
Ich ging nicht darauf ein. Er wartete schweigend, räusperte sich dann, als wollte er weiter reden, wüsste aber nicht, was er sagen sollte.
Die Verbindung wurde unterbrochen.
Ein Killer, der einen mit »Sir« anredet?
11
D er Sheriff fing mich ab, als ich am Montagmorgen um acht Uhr in die Dienststelle kam. Ein kleiner, blutverkrusteter Fetzen Küchenkrepp pappte an dem Schnitt, den er sich beim Rasieren am Unterkiefer zugefügt hatte.
»Kommen Sie mit. Ich muss kurz was mit Ihnen bereden«, sagte er.
Ich folgte ihm den Gang entlang zu seinem Büro. Er zog seine Jacke aus, hängte sie über einen Stuhl und blickte aus dem Fenster. Drückte sich die Knöchel ins Kreuz, als hätte er heftige Rückenschmerzen.
»Schließen Sie die Tür. Ziehen Sie auch die Jalousie zu«, sagte er.
»Geht es um neulich?«
»Ich habe Ihnen gesagt, dass ich Clete Purcel hier drin nicht sehen will. Meiner Ansicht nach ist das eine durchaus berechtigte Bitte. Sie haben es so ausgelegt, als hätte ich wegen Letty Labiche Gewissensbisse.«
»Vielleicht mögen Sie Purcel einfach nicht. Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich Ihnen irgendwas anderes unterstellt habe«, sagte ich.
»Sie waren im Urlaub, als Carmouche umgebracht wurde. Sie mussten sich nicht damit befassen.«
»Nein, ich hatte damit nichts zu tun.«
»Der Staatsanwalt hat die Todesstrafe beantragt. Das war nicht unsere Entscheidung.«
»Carmouche war ein
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