Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
Spielplatz auf den einstöckigen Ziegelbau mit grünen Fensterrahmen und kleinen, grünen Holzveranden zu, in dem Little Face Dautrieve wohnte. Clete befächelte sich mit der Hand das Gesicht, als wir an einem Fliegendrahtfenster vorbeikamen. Er starrte durch das Fliegengitter, klopfte dann mit der Faust an den Rahmen.
    »Leg die Pfeife weg und mach die Tür auf«, sagte er.
    »Für Sie jederzeit, fetter Mann. Aber stellen Sie sich nicht mehr auf meine Badezimmerwaage. Sie ham sämtliche Federn kaputtgemacht«, erwiderte jemand von drin.
    »Das nächste Mal arbeite ich gleich im Zoo. Ich halte das nicht mehr aus«, sagte Clete, als wir auf der vorderen Veranda standen.
    Little Face stieß die Tür auf und hielt sie offen, als wir hineingingen. Sie trug abgeschnittene Jeans und ein weißes T-Shirt, hatte tiefdunkle Haut und dichte, glänzende Haare, die ihr bis auf die Schulter fielen. Ihre Augen waren kaum größer als Hemdknöpfe.
    »Das ist Dave Robicheaux. Er ist Detective bei der Mordkommission im Bezirk Iberia«, sagte Clete. »Er ist ein Freund von Letty Labiche.«
    Sie reckte das Kinn, schürzte die Lippen und strich sich mit den Fingern die Haare zurück. Sie hatte Stöckelschuhe an, und ihre Shorts spannten sich um Hintern und Schenkel.
    »Wie wär’s, wenn du zur Abwechslung statt dem Steiß mal dein Hirn anstrengst?«, sagte Clete.
    »Was will er von mir?«, sagte sie.
    »Warum heben Sie all diese Zeitungsausschnitte über Letty Labiche auf?«, fragte ich.
    »Die sind für Zipper«, erwiderte sie.
    »Weißt du, wie Zipper zu seinem Spitznamen gekommen ist? Weil er einem Mädchen das ganze Gesicht mit einem Rasiermesser zerschlitzt hat«, sagte Clete zu ihr.
    »Wir mögen Sie nach wie vor, fetter Mann. Jeder hier drunten«, sagte sie.
    »Ich hasse diesen Job«, sagte Clete.
    Ich legte meine Hände auf Little Faces Oberarme. Einen Moment lang wich der Kokainglanz aus ihren Augen.
    »Letty Labiche wird vermutlich hingerichtet werden. Eine Menge Menschen sind dafür. Wissen Sie irgendwas, das ihr helfen könnte?«, sagte ich.
    Sie spitzte die Lippen, sodass ihr Mund klein und rot wirkte, und das Wasser trat ihr in die Augen. Sie riss sich von mir los und wandte sich ab.
    »Ich hab ’ne Allergie. Ich muss ständig schniefen«, sagte sie.
    Auf dem Sims über ihrem kleinen Kamin standen lauter funkelnde Kerzenhalter aus blauem und rotem Glas. Ich bückte mich und hob ein angekokeltes Zeitungsfoto von Letty Labiche vom Rost auf. Ihr Gesicht sah aus, als wäre es unter eine durchsichtige, schwarzbraun gesprenkelte Glasplatte gebannt.
    »Haben Sie ein bisschen Juju getrieben, Little Face?«, fragte ich.
    »Bloß weil ich anschaffen geh, heißt das noch lang nicht, dass ich blöd und abergläubisch bin.« Dann wandte sie sich an Clete. »Gehn Sie jetzt lieber, fetter Mann. Und nehmen Sie Ihren Freund mit. Ihr seid nicht mehr lustig.«
    Am Sonntagmorgen ging ich mit meiner Frau Bootsie und meiner Adoptivtochter Alafair zur Messe und fuhr danach zum Haus der Labiches draußen am Bayou.
    Passion Labiche harkte auf dem Hinterhof Pekanlaub zusammen und verbrannte es in einer rostigen Tonne. Sie trug Männerschuhe, eine Arbeitshose und ein zerknittertes, unter der Brust verknotetes Baumwollhemd. Sie hörte meine Schritte hinter sich und grinste mir über die Schulter zu. Ihre Haut war voller Sommersprossen, der Rücken von der jahrelangen Feldarbeit muskulös und kräftig. Wenn man ihre heitere Miene sah, konnte man sich nicht vorstellen, dass sie sich um ihre Schwester grämte. Aber sie grämte sich wahrlich, und ich glaube, nur wenige Menschen wussten, in welchem Maße.
    Sie warf einen Rechen voller nassem Laub und Pekanschalen ins Feuer, worauf dichte Rauchwolken aus der Tonne aufquollen, als ob feuchter Schwefel verbrannte. Sie befächelte sich das Gesicht mit einer Illustrierten.
    »Ich bin in New Orleans auf eine zwanzigjährige Nutte gestoßen, die anscheinend großen Anteil am Schicksal Ihrer Schwester nimmt«, sagte ich. »Sie heißt Little Face Dautrieve. Sie stammt aus New Iberia.«
    »Ich glaube nicht, dass ich sie kenne«, sagte sie.
    »Was ist mit einem Zuhälter namens Zipper Clum?«
    »O ja. Zipper Clum vergisst man ebenso wenig wie Warzen im Gesicht«, sagte sie, gab einen Schnalzlaut von sich und harkte wieder weiter.
    »Woher kennen Sie ihn?«, sagte ich.
    »Meine Eltern waren in der Szene. Zipper Clum ist schon lange dabei.« Dann wurden ihre Augen blicklos, so als wäre sie mit einem Gedanken

Weitere Kostenlose Bücher