Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
den Arsch.«
»Mann, ich frag mich bloß, ob sie kapiert hat, wie ernst du es meinst«, sagte er, schlang mir dann seine mächtige Hand um den Nacken, sodass mir sein nach Malz riechender Atem ins Gesicht schlug. »Wir werden rausfinden, wer deiner Mutter etwas angetan hat, Streak. Aber du bist kein Henker. Wenn diese Typen fällig sind, wirst du dein Gewissen nicht damit belasten. Und diesmal sollte sich mein alter Partner lieber nicht gegen mich stellen«, sagte er und fasste mir mit den Fingern fester um den Hals.
Am nächsten Morgen wachte ich vor Anbruch der Dämmerung vom Rauschen des Regens und dem Tuckern eines Bootsmotors auf dem Bayou auf. Ich machte mir eine Tasse Kaffee und eine Schale Müsli und frühstückte am Küchentisch, zog dann meinen Regenmantel an, setzte den Hut auf und ging im Morgengrauen zum Köderladen hinunter, um Batist zu helfen.
»Dave, ich hab einen Mann mit einem Bootsanhänger bei der Rampe gesehn, als ich hergekommen bin«, sagte Batist. »Er is auf mich zugekommen, als ich aus dem Laster gestiegen bin, aber dann hat er sich umgedreht und is weggefahren. Später is ein Boot am Laden vorbeigekommen. Ich glaub, das war er.«
»Wer war es?«, fragte ich.
»Ich hab ihn noch nie gesehen. Mir kam’s so vor, als ob er mich für jemand anders gehalten hat. Vielleicht hat er nach dir Ausschau gehalten, was?«
»Warum findest du diesen Kerl so wichtig, Batist?«
»Meine Augen sind nicht mehr allzu gut. Aber auf seinem Armaturenbrett is irgendwas Glänzendes gewesen. Wie aus Chrom. Eine Pistole vielleicht.«
Ich schaltete die Lichterkette über dem Bootssteg an und schaute durch das Fliegengitter hinaus in den Regen, der auf den Bayou trommelte, und den Dunst, der aus den Zypressen und Weiden im Sumpf trieb. Dann sah ich eines meiner Mietboote, das sich von der Kette losgerissen hatte und quer liegend am Fenster vorbeitrieb.
»Ich geh’s holen«, sagte Batist hinter mir.
»Ich bin schon nass«, sagte ich.
Ich schloss einen der an der Betonrampe vertäuten Außenborder von der Kette los und fuhr flussabwärts. Als ich um die Biegung kam, sah ich das losgerissene Boot, das sich in einer Insel aus Wasserhyazinthen dicht neben einem überfluteten Zypressengehölz verheddert hatte.
Doch ich war nicht allein.
Hinter mir röhrte ein Außenborder auf, und ein grün gestrichenes Aluminiumboot stieß aus einer Rinne im Sumpf und schwenkte in mein Kielwasser ein.
Der Mann am Heck war groß und dunkelhaarig, die Haut blass, Jeans und T-Shirt waren klatschnass. Er trug einen Strohhut mit einem schwarzen Band um die Krone, und sein Gesicht war voller Wassertropfen. Er stellte den Motor ab und ließ sich an den Teppich aus Wasserhyazinthen treiben, bis sein Bug nur mehr Zentimeter von meiner Bordwand entfernt war.
Er legte die Hände flach auf die Oberschenkel und schaute mich mit ausdrucksloser Miene an, als erwartete er eine Antwort auf eine Frage.
»Eine sonderbare Flinte haben Sie da auf dem Sitz liegen«, sagte ich.
»Eine zwölfer Remington. Sie ist ein bisschen umgemodelt«, erwiderte er.
»Wenn man sie am Vorderschaft absägt, sind sie von Rechts wegen verboten«, sagte ich und grinste ihn an. Ich erwischte die Fangleine des Bootes, das sich losgerissen hatte, und vertäute sie am Heck meines Außenborders.
»Wissen Sie, wer ich bin?«, fragte er. Seine Augen waren dunkelblau wie Tinte. Er zog ein Schnupftuch aus der Gesäßtasche und wischte sich damit das Gesicht ab, blickte dann zum grauen Himmel auf und betrachtete das Wasser, das aus dem Laubdach fiel.
»Einen Kentucky-Akzent hört man hier nicht allzu oft«, sagte ich.
»Jemand hat gestern auf mich geschossen. In der Nähe von New Orleans.«
»Warum erzählen Sie mir das?«
»Sie haben die auf die Idee gebracht, dass ich sie auffliegen lasse. Das ist ’ne ganz faule Sache, Sir.«
»Ich habe gehört, dass Sie für die Mafia drüben an der Westküste Menschen umgebracht haben. Sie stecken schon lange in der Klemme, Johnny, nicht erst, seit Sie in Louisiana sind.«
Er kniff die Augen zusammen, als ich ihn beim Namen nannte. Sein Mund wirkte feminin und passte nicht recht zu den breiten Schultern und den kräftigen Oberarmen. Er zupfte an seinen Fingernägeln herum und schürzte die Lippen, bevor er wieder das Wort ergriff.
»Ziemlich hübsch haben Sie’s hier. Irgendwann möchte ich auch mal irgendwo wohnen, wo es so ähnlich aussieht. Der Typ, der in Santa Barbara umgebracht worden ist, der hat in einem
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