Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
und der Schein der Neonreklamen in den Fenstern wogte wie Wasser über Axels Gesicht.
»Jemand verfolgt mich«, sagte er.
»Du machst dir bloß Vorwürfe, weil du nicht da warst, als Jimmy umgebracht wurde«, sagte seine Freundin.
Er schaute sie einen Moment lang an, wandte dann den Blick ab und starrte ins Leere. Er zupfte das gold-grüne Etikett von seiner Bierflasche und drehte daraus kleine Kugeln.
»Ich hab jemand vor meinem Fenster stehen sehn. Er war heut Abend auf der Straße hinter uns«, sagte er.
»Die Straße war leer, Liebling. Die bösen Jungs haben alle Angst vor dir. Das weiß doch jeder.«
»Ich wünschte, Jimmy war hier. Ich wünschte, er wäre noch am Leben«, sagte er.
Nachts um elf gingen sie durch die Hintertür des Cafés und liefen durch die Seitengasse zu seinem Auto. Regenschleier wirbelten im Licht der Straßenlaterne auf dem Bürgersteig, die Palmen zwischen den Garagen beugten sich im Wind und scharrten über die hölzernen Wände.
Der Mann, der im Schatten wartete, trug einen breitkrempigen Hut und einen schwarzen Regenmantel mit hochgeschlagenem Kragen. Er hatte ein dickes Vierkantholz in der Hand, das etwa einen Meter lang war. Nasses Laub klebte an seinen Schultern und am Hut, sodass er aussah wie ein Stück von der Hecke, aus der er in die Gasse trat. Er holte mit beiden Händen aus, als schwinge er einen Baseballschläger, und hieb Axel das Vierkantholz ins Gesicht.
Axel flog rückwärts in eine Reihe Mülltonnen, während ihm das Blut über die Stirn lief und sich mit Wasser mischte. Dann beugte sich der Mann mit dem breitkrempigen Hut vornüber, rammte ihm das Vierkantholz in die Kehle und zog es ihm seitlich über den Kopf.
Das Wasser lief von der Hutkrempe, als sich der Mann wieder aufrichtete, sodass sein Gesicht im Schein der Straßenlampe am Ende der Gasse zu einem dunklen Oval verschwamm.
»Zisch ab, sonst geht es dir genauso«, sagte er zu der Frau.
Sie drehte sich um und lief weg, das Gesicht nach hinten gewandt, auf den Mann mit dem Hut zu, während sie mit ihren flachen Schuhen durch die ölig schillernden Pfützen rannte. Der Mann mit dem Hut schmiss das Vierkantholz in die Hecke, hob dann eine Whiskeyflasche auf und zerschlug sie an der Garagenwand.
Das schartige Glas glitzerte im Licht der Straßenlaterne, als sich der Mann über Axel beugte und die Flasche mit ausgestrecktem Arm nach unten in die Dunkelheit stieß, ohne einen Laut, so als widmete er sich einer Aufgabe, die er sich gestellt und in Gedanken mehrmals durchgespielt hatte, und die er jetzt kühl und unbeirrt ausführte.
»Das bringt nur ein ausgemachter Hurensohn fertig, Dave«, sagte Magelli.
»Clete war es nicht.«
»Woher willst das wissen?«
»Überprüf Jim Gables Chauffeur. Ein ehemaliger Jahrmarktskünstler namens Micah. Er hat ein entstelltes Gesicht.«
»Warum lässt du Purcel zu Abwechslung nicht mal selber für seinen Mist grade stehen?«
»Jennings ist ein korrupter Cop. Er hat sich das selber eingebrockt. Lass Clete in Ruhe«, sagte ich.
»Sag das Jennings. Die Ärzte mussten sämtliche Spiegel aus seinem Krankenzimmer entfernen lassen.«
18
E ine Woche verging, ohne dass ich noch etwas von Dana Magelli hörte. In der Nacht, in der Jennings überfallen worden war, hatte Clete in Baton Rouge jemanden aufgegriffen, der Wee Willie Bimstine und Nig Rosewater auf der Kaution hatte sitzen lassen, was nicht hieß, dass er Jennings nicht trotzdem hätte überfallen haben können, nachdem er den Mann in Willies und Nigs Büro abgeliefert hatte. Aber Clete Purcel hatte gewisse Grundsätze, auch wenn er sie mitunter ein bisschen eigenmächtig auslegte, und einen halb besinnungslosen Mann, der bereits am Boden lag, zu verstümmeln, kam für ihn nicht in Frage.
Am liebsten wäre ich mit Bootsie und Alafair drei Wochen zum Angeln nach Key West gefahren, um endlich wieder einen klaren Gedanken fassen zu können und nicht ständig mit lauter ungelösten Fällen eingedeckt zu sein. Ich hatte es satt, mich fortwährend mit den Scherereien anderer Leute zu befassen, Ehekräche zu schlichten, Erbrochenes aus dem Streifenwagen zu spritzen, mir Speichel vom Gesicht zu wischen oder nachsichtig mit Junkies umzuspringen, weil sie Aids hatten, nur damit einen später einer zu beißen versucht, wenn man ihm Handschellen anlegen will.
Ich hatte es satt, mir die verzweifelten Mienen schwarzer Eltern anschauen zu müssen, wenn ich ihnen mitteilte, dass ihr Kind sich eine Überdosis Speed oder
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