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Straße nach überallhin

Straße nach überallhin

Titel: Straße nach überallhin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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auch nicht verstehen können. Wie Sie sehen, mußte ich sogar, um sie zu beschreiben, Worte zu Hilfe nehmen, die in Ihrem gegenwärtigen Wortschatz nicht existieren.“
    „Wissen Sie, was ich war … früher?“
    „Ja.“
    „Erzählen Sie mir davon.“
    „Es ist besser, wenn Sie das selbst herausfinden. Wir werden Ihnen dabei helfen.“
    „Wie werden Sie das tun?“
    „Wir werden Ihnen eine Reihe von Injektionen verabreichen. Sie wissen jetzt nicht, was RNS ist, aber wir werden Sie mit Ihrer eigenen RNS behandeln, mit Proben, die man entnommen hat, bevor Sie verändert wurden.“
    „Und diese Substanz wird mir die Erinnerung an mein früheres Leben zurückgeben?“
    „Wir vermuten es. Sundoc ist ein hochbegabter Arzt. Er wird die Eingriffe durchführen.“
    „Ich weiß nicht …“
    „Was meinen Sie damit?“
    „Ich bin nicht sicher, ob ich überhaupt mit dem Mann konfrontiert werden möchte, der ich einst war. Was ist, wenn ich ihn nicht leiden kann?“
    Sundoc, der sich wieder erhoben hatte und seinen Kopf rieb, lächelte.
    „Ich kann Ihnen eines verraten“, sagte Toba. „Sie haben sich der ersten Veränderung nicht freiwillig unterzogen.“
    „Warum wollte mich jemand zwingen, ein anderer Mann zu werden?“
    „Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden. Was meinen Sie?“
    Timyin Tin durchquerte die Zelle bis zum Kessel und schenkte sich eine Tasse Tee ein. Dann setzte er sich auf eine Matte und starrte in die Tasse. Er trank einen Schluck. Nach einer Weile setzten Sundoc und Toba sich ebenfalls auf den Boden.
    „Ja, es ist erschreckend“, sagte Toba schließlich, jedes Wort sorgfältig abwägend und betonend. „Die … die Unsicherheit. Sie scheinen sich ausgezeichnet an das Leben hier gewöhnt zu haben. Und jetzt kommen wir daher und bitten Sie, alles aufzugeben, ohne Ihnen eine klare Vorstellung von der Alternative machen zu können. Das ist allerdings keine Perversität unsererseits. In Ihrem gegenwärtigen Bewußtseinszustand würden Sie ganz einfach nicht verstehen, was wir zu sagen haben. Wir bitten Sie aber, unsere seltsame Gabe anzunehmen, Ihre Vergangenheit –, da wir uns mit dem Mann unterhalten wollen, der Sie einst waren. Möglicherweise wollen Sie, wenn Sie wieder über Ihre Erinnerung verfügen, überhaupt nichts mit unserer Angelegenheit zu tun haben. Dann wären Sie selbstverständlich frei und könnten Ihres Weges ziehen. Sie könnten auch hierher zurückkehren, wenn Sie das wünschen sollten. Aber das Geschenk, das wir Ihnen machen, können wir nicht mehr zurücknehmen.“
    „Ich wünsche mir das Wissen um mein Selbst“, verkündete Timyin Tin, „und die Wiedererlangung meiner Vergangenheit ist ein bedeutender Schritt in diese Richtung. Aus diesem Grund sollte ich eigentlich ohne zu zögern ja sagen. Aber ich habe gerade über diese Möglichkeit schon in der Vergangenheit meditiert. Angenommen, ich mag dieses geweckte Individuum nicht nur überhaupt nicht, sondern muß auch noch feststellen, daß der andere stärker ist als ich? Und daß er mich assimiliert – und nicht umgekehrt. Was dann? Hätte ich damit nicht das Große Rad zurückgedreht? Indem ich das Wissen von einer Quelle akzeptiere, die ich nicht verstehe, gebe ich mich da nicht selbst schutzlos einem früheren Ich preis?“
    Keiner der Männer antwortete. Er trank noch einen Schluck Tee.
    „Aber warum frage ich Sie das?“ meinte er dann. „Niemand kann eine solche Frage für einen anderen beantworten.“
    „Trotzdem“, sagte Toba, „ist es eine faire Frage. Natürlich kann ich sie nicht für Sie beantworten. Ich kann lediglich auf eines hinweisen: Eines Tages könnte, nach den Statuten Ihres Glaubens, eines Ihrer zukünftigen Ichs mit derselben Frage konfrontiert werden. Wie würden Sie sich in einem solchen Fall fühlen?“
    Timyin Tin lachte abrupt.
    „Sehr gut“, sagte er. „Das Selbst will immer im Zentrum der Dinge sein, nicht wahr?“
    „Ich sehe, Sie haben verstanden.“
    Timyin Tin trank seine Tasse leer, und als er wieder aufsah, hatte sein Gesichtsausdruck sich verändert. Es war schwer zu verstehen, wie die sanft angehobenen Wangenknochen und das leise Lächeln, das die Lippen umspielte, mit einem Mal eine Aura des Tatendrangs, der Entschlossenheit und der Zuversicht ausstrahlen konnten.
    „Ich bin bereit für einen Versuch“, verkündete er. „Lassen Sie uns beginnen.“
    „Die Behandlung wird wahrscheinlich mehrere Tage in Anspruch nehmen“, sagte Toba vorsichtig. „Wir müssen viele

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