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Straße nach überallhin

Straße nach überallhin

Titel: Straße nach überallhin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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Erinnerung, die er wieder zurückerhalten hatte. Fragte man ihn, gab er ausweichende Antworten. Sundoc und Toba zwangen ihn infolgedessen nicht zur Preisgabe seines Geheimnisses. Die Behandlung ging weiter. Am folgenden Tag, während sie durch einen Paß zum Fuß der Berge hinabstiegen, zupfte Timyin Tin an ihren Ärmeln, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen.
    „Wir werden verfolgt“, flüsterte er. „Gehen Sie weiter, als ob nichts wäre. Ich werde mich später wieder zu Ihnen gesellen.“
    „Halt!“ befahl Toba. „Sie dürfen kein Risiko eingehen. Wir haben Waffen, deren Funktion Sie noch nicht verstehen. Wir …“
    Er blieb stehen, da der kleine Mann lächelte.
    „Wirklich?“ fragte Timyin Tin. „Sind Sie da ganz sicher? Nein, ich fürchte, Ihr Flammenrohr würde uns gegen einen Pfeilhagel von oben kaum nützlich sein. Wie schon gesagt, ich werde mich später wieder zu Ihnen gesellen.“
    Er wandte sich um und verschwand zwischen den Felsen zur Rechten.
    „Was sollen wir tun?“ fragte Toba.
    „Was er uns gesagt hat: weitergehen“, entgegnete Toba. „Der Mann ist kein Narr.“
    „Aber er ist in einem anormalen Geisteszustand.“
    „Offensichtlich erinnert er sich an mehr, als er zuzugeben bereit ist. Wir müssen ihm einfach vertrauen. Bleibt uns ja auch gar nichts anderes übrig.“
    Sie ritten weiter.
    Fast eine Stunde verstrich. Der Wind ließ nach, die Hufe ihrer Reittiere hallten von den Felswänden wider. Zweimal hatte Sundoc Toba davon abgehalten, umzukehren und nach ihrem Gefährten zu suchen. Inzwischen war auch sein Gesicht verkniffen, und häufig glitten seine Augen in die Höhe. Die beiden Männer waren mehr als besorgt.
    „Wenn wir ihn verloren haben“, sagte Toba, „stecken wir bis über die Ohren in Schwierigkeiten.“
    Die Stimme des großen Mannes klang nicht besonders überzeugend, als er antwortete. „Wir haben ihn nicht verloren.“
    Sie ritten weiter, und plötzlich fiel ein dunkler Gegenstand auf den Weg vor ihnen. Er prallte auf, rollte dann weiter, wobei er einen Augenblick wie ein Felsbrocken aussah. Dann bemerkten sie das Haar. Wenig später schlug der Torso auf dem Boden auf. Zwei weitere Körper folgten kurz darauf.
    Sie hielten an, und da erklangen auch schon laute Rufe. Als sie nach ihrer Herkunft Ausschau hielten, bemerkten sie Timyin Tin, der auf einem Felsvorsprung hoch über ihnen, zu ihrer Rechten, stand. Er winkte mit einem Säbel, legte ihn auf den Boden und begann mit dem Abstieg.
    „Ich sagte doch, wir haben ihn nicht verloren“, trumpfte Sundoc auf.
    Als der kleine Mann heruntergeklettert war und auf sie zukam, wandte Toba sich ihm zu und runzelte die Stirn.
    „Sie sind ein unnötiges Risiko eingegangen“, sagte er. „Sie wissen nicht, was für Waffen wir bei uns haben. Wir hätten Ihnen helfen können. Drei gegen einen ist kein gutes Verhältnis.“
    Timyin Tin lächelte unmerklich.
    „Sie waren sieben“, erläuterte er. „Aber nur drei standen so, daß sie über den Rand stürzten. Aber das Risiko war nicht so groß, und Ihre Waffen wären bestenfalls hinderlich gewesen.“
    Sundoc pfiff leise durch die Zähne. Toba schüttelte den Kopf.
    „Wir haben uns Sorgen gemacht. Wie Sie sich auch fühlen, Ihr Verstand hat noch nicht wieder seinen Normalzustand erreicht.“
    „In solchen Fragen schon“, entgegnete der andere. „Können wir nun mit unserer Reise fortfahren?“
    Sie ritten lange Zeit wortlos dahin. Schließlich fragte Sundoc: „Wie fühlen Sie sich?“
    „Ausgezeichnet.“
    Timyin Tin nickte.
    „Und doch haben Sie die Stirn gerunzelt, als würde Ihnen etwas Kopfzerbrechen bereiten. Hat es etwas mit dem Konflikt heute nachmittag zu tun?“
    „Ja, das Vorgefallene macht mir Sorgen.“
    „Verständlich. Der Teil von Ihnen, der immer noch ein Mönch ist …“
    Der kleine Mann schüttelte heftig den Kopf.
    „Nein! Das ist es nicht! Wir dürfen zur Selbstverteidigung töten, und das war hier ganz sicher zutreffend. Meine Sorge geht tiefer als nur bis zu der Tat und ihren möglichen Folgen bezüglich meines Karma oder was auch immer.“
    „Was dann?“
    „Ich wußte nicht, daß es mir hätte Freude bereiten können. Wie ich nun sehe, hätte ich die Träume ernster nehmen sollen.“
    „War die Freude groß?“
    „Ja.“
    „Könnte es nicht auch Stolz über das Gelingen Ihrer Mission gewesen sein?“
    „Ja, das Gefühl wuchs innerhalb dieser Region, doch sein Ursprung lag wesentlich tiefer. An einem anderen Ort, wo es keine Vernunft

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