Straub, Peter
in Pubs getroffen; wir hatten Freundschaft geschlossen. Ich war der einzige G es chäftsmann, den sie kannten. Sie waren meine Freunde im wahrsten Sinne des Wortes. Auf diesem unzureichenden Fundament, einer Beziehung unzulänglicher Archetypen, hatten wir begonnen, einander zu sondieren und festgestellt, dass wir unsere Labels als Bezugspunkte für unsere Konversation ben u tzen konnten, aber bald brauchten wir das nicht mehr. Sheila hatte Morgan in den vergangenen Wochen häufig angerufen, die beiden führten gedämpfte, private Gespräche, die manchmal länger als eine Stunde dauerten.
Über ein Feld identischer Köpfe hinweg konnte ich sehen, wie die Tür vom Türrahmen zurückschwang. Das Murmeln der Stimmen schwoll etwas an. Nach ein paar Minuten kam Sheila wieder aus der Menge zu mir zurück.
»Die Naftalins «, sagte sie. »Mark ist unglücklich wegen seines Doktorvaters, und er spielt mit dem Gedanken, die Un i versität zu verlassen. «
All diese Leute hatten Doktorväter, und alle schrieben E x amensarbeiten oder Dissertationen. Jack Goldsmiths E x amensarbeit war über die Natur der Realität bei Melville und Hawthorne; wenigstens zeitweise. Hauptsächlich jedoch schien sie über Partizipien zu handeln. Auch er spielte mit dem Gedanken, die Universität zu verlassen. »Ich bin es leid «, sa g te er bei unserer letzten Begegnung zu mir. »Ich glaube nicht mehr an die Funktion der Kausalität. «
»Ich auch nicht «, hatte ich ihm gesagt. »Aber das hat mich noch nie gestört. Wenn Ereignis A nach Ereignis Z stattfindet, dann versuche ich eben, das als Phänomen anzuerkennen. «
»Natürlich «, sagte er. »Sie sind Geschäftsmann. Sie müssen nicht einmal moralisch aufrichtig sein. «
»Wie geht es Jack jetzt? « frage ich Sheila.
Sie sieht mich an, als hätte ich einen amateurhaften Zug beim Bridge gemacht. »Unverändert «, sagt sie. »Er ist nicht sehr glücklich. Er mag England, aber er scheint keinerlei A m bitionen mehr zu haben. Er macht sich wegen etwas Albernem Sorgen. « Ihr Ton drückt deutlich den Befehl aus, dass ich di e ses Thema nicht weiter verfolgen sollte.
Dieser Unterton ihrer Stimme bringt mich aus dem Gleic h gewicht; trotz aller scheinbaren Freundlichkeit ist das, was sie sagt, doch todernst gemeint. Auf der Suche nach einem Th e menwechsel sehe ich mich in dem Raum um, betrach te die schlecht geschnittenen Bä rte und Kordjacken, die die Männer tragen, und die Frauen mit dem leicht abgenutzten, halbbefre i ten Ausdruck, den Mädchen bekommen, wenn sie mit Akad e mikern verheiratet sind oder lange genug mit ihnen zusa m mengelebt haben.
»Diese Menschen sind sich alle so ähnlich «, sage ich. »A b gesehen davon, dass sie alle gleich aussehen. «
Sie betrachtet mich mit einer Spur mehr Interesse, ihr Blick gleitet ebenfalls über die versammelten Gäste hinweg. »Unsere Freunde, meinen Sie? « Sie grinst mich an. » wie viel haben Sie schon getrunken? «
»Nun, ich wollte nicht unhöflich sein, Sheila. Sie scheinen lediglich alle deprimiert von ihrer Arbeit zu sein, aber kein Interesse zu haben, etwas anderes zu tun. Sie scheinen ausg e laugt zu sein, die Engländer mehr als die Amerikaner, aber die Amerikaner auch. Sie sicher nicht, aber die meisten anderen scheinen so ohne alle Energie zu sein. «
Während ich mit Sheila spreche, spüre ich, wie allmählich eine Röte von meinem Nacken den Hals entlang zum Gesicht kriecht. Ich habe nicht beabsichtigt unhöflich zu sein, und es beschämt mich zu sehen, dass sich Sheila taktvoll für mich zu entschuldigen versucht. Vielleicht bin ich betrunken; aber was ich ihr gesagt habe, beschä ft igt mich bereits, seit Morgan und ich ihre Wohnung betreten haben: obwohl viele Menschen anwesend sind, herrscht keine freudige, ausgelassene Atm o sphäre. Sie scheinen sich in einer resignierten Weise über Lit e ratur zu unterhalten. Ein Junge mit langem blondem Haar links von mir sagt:» Selbstverständlich ist Rupert ein Miststück, das ist es ja eben! Aber anstatt etwas zu unternehmen, streitet er einfach handgreiflich mit einem anderen Mann! «
Der dicke, bärtige Mann, mit dem er spricht, sagt: »Nun, hast du die pensees über Homos gelesen? «
»Überwältigend «, seufzt der blonde Junge.
Sheila betrachtet noch einmal ihre Gäste. »Was machen denn die Gäste bei Ihren Partys? « fragt sie. »Sich betrinken und alte Kameradenlieder singen? «
»Ich glaube nicht, dass wir in letzter Zeit irgendwelche Pa r tys hatten, bei
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