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Straub, Peter

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Titel: Straub, Peter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die fremde Frau
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Plastikbezüge der Sitze verbrannten die Haut durch die Kle i dung hindurch, ähnlich der Heizspirale eines Tauchsieders.
    »Großer Gott, fahren wir. Im Auto ist es wie in einer Fo l terkammer «, sagte ich.
    Sie drehte den Zündschlüssel herum. Wie am Tag zuvor, gab der Wagen lediglich ein heiseres Krächzen von sich. »Verdammt «, sagte sie. Sie versuchte es noch einmal, diese s mal wurde aus dem Krächzen ein leises Knirschen, als wäre der Motor mit alten Blättern verstopft.
    »Verdammte Hertz «, sagte sie. »Was sollen wir jetzt m a chen? «
    »Wir gehen ins Hotel zurück und bitten den Manager, eine Werkstatt anzurufen und ihnen zu erklären, dass die Batterie aufgeladen werden muss . Vielleicht können sie die Rechnung an Hertz schicken. Dann hoffen wir nur, dass wir keine neue kaufen müssen. Wo ist der Mietvertrag? «
    Bevor sie antworten konnte, drückte ich auf den Knopf des Handschuhfachs. Nichts geschah. Ich drückte noch einmal auf den Knopf. Das Fach ging nicht auf. »Jesus Christus «, sagte ich. »Das ist eine Verschwörung. « Sie lachte und machte die Tür auf, um auszusteigen. Nachdem ich zweimal mit der Hand dagegen geschlagen hatte, gab ich den Versuch auf, das Han d schuhfach zu öffnen.
    »Werd nicht wütend «, sagte sie. »Ich rede mit dem Manager und komme sofort zurück. « Ich sah ihr nach, wie sie über den Platz ging, ihr weißes Kleid war das kühlste Ding in Arles.
    Nach wenigen Minuten kam sie zurück, und ihr ganzes G e sicht strahlte hinter der riesigen Brille. »Sie machen es! Sie sa g ten ihm, sie hätten schon einen Wagen losgeschickt, ich gab ihnen die Autonummer und eine Beschreibung, wo wir parken. Das bedeutet, wir werden heute Vormittag zu Fuß gehen mü s sen, sollten aber am Nachmittag nach Aix aufbrechen können. «
    Das schien eine Lösung zu sein. Das Theater und Les Aly s camps waren wenig mehr als einen guten Fußmarsch vom H o tel entfernt, daher griff ich in den Schmelzofen des Autos hi n ein und holte den Michelin-Führer Provence heraus, den wir auf dem Vordersitz liegen hatten.
    Um das Theatre Antique von Arles zu betreten, muss man durch ein schmiedeeisernes Gitter gehen, das anachronistisch in Stein verankert ist. Dann geht man ein paar Stufen hinunter und sieht sich einer unglaublich dicken Frau gegenüber, die im Schatten unter den Bäumen beim Eingang an einem Holztisch sitzt. Die dicke Frau sieht einen an und rollt zwei rosa Ei n trittskarten von der Rolle ab, die sie vor sich liegen hat. Neben der Rolle, auf tiefhängenden Zweigen der Bäume, zu ihren Füßen zusammengerollt, überall sind Katzen. Die Katzen sind so mit der Prozedur des Kartenreißens vertraut, dass sie sich nicht einmal mehr die Mühe machen und die Augen öffnen, wenn dieses Spektakel des Kommerzes stattfindet.
    Während die Frau die Karten bezahlte und der schläfrigen Frau mit ihren schläfrigen Katzen die Francs über den alten Holztisch zuschob, las ich im Michelin-Führer:
    »Cef idifice, qui date l ’ tpoque d ’ Auguste, c ’ est-ä-dire de la fin du lier avant J.-C, a encore plus souffert que les arenes des injures du temps es surtout des hommes … Vient le moment ou des habitationet les jardins le recourent entierement. II ne reste debout qu ’ un ilement du pourtour, transforme en riduit fortifie: c ’ est la tour de Roland actuelle. «
    Die alte Frau am Tisch hustete und bekam einen basebal l großen Klumpen Schleim in die Kehle. Die Falten ihres G e sichts hatten sich zu einem Ausdruck großer Fröhlichkeit a r rangiert. Sie hob eine ihrer fettigen Hände zum Mund und h u stete noch heftiger, wobei sie am ganzen Körper bebte. Die ihr am nächsten liegende Katze streckte sich, blinzelte eine S e kunde in die Sonne und schlief dann weiter.
    »Die Franzosen sind schreckliche Snobs, was ihre Sprache anbelangt «, sagte ich.
    »Merci «, sagte die Frau zu der dicken Frau, die immer noch in die Faust hustete. Sie machte dieses kaum hörbare Klick über dem r, wie es die Franzosen tun und das ich immer ve r schlucke. Sie nahm meine Hand.
    »Nun, das war nicht gerade Französisch «, sagte sie. »Aber es kam von ganzem Herzen. «
    Bei dem Anblick, der sich uns bot, als wir den Fuß der Treppe erreichten und in den Ruinen des Theaters standen, hörten wir auf zu reden. Es war eine riesige leuchtende Grube, die mit Bruchstücken übersät war. Im hi nt eren Teil des A m phitheaters befand sich eine Treppe aus Stein, wie die Tribüne eines Fußballstadions, die sich

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