Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Street Art Love (German Edition)

Street Art Love (German Edition)

Titel: Street Art Love (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Bongard
Vom Netzwerk:
sagen?«, frage ich mehr mich selbst als Charly.
    »Dass die Ratten die Stadt regieren?«
    »Die Ratten mit den Schirmen und Aktenkoffern?«
    »Oder dass die Typen mit den Aktenkoffern die Ratten dieser Stadt sind.«
    Ich denke an meine Eltern. »Was ist so schlimm daran, einen Aktenkoffer zu haben?«
    Charly runzelt die Stirn. »Na ja, er meint vielleicht die Bonzen, die das viele Geld haben.«
    Moment mal. »Welche Bonzen? Denkst du, meine Eltern sind Bonzen?«
    Er sieht mich überrascht an. »Nein. Ich weiß nicht. Mein Vater redet immer von den Bonzen, die mit Häusern spekulieren und die Stadt kaputt machen …« Er grinst verlegen. »Aber ich glaube nicht, dass er deine Eltern meint.«
    »Na, danke!«, sage ich trocken.
    Charly lacht. »Jetzt hast du richtig sauer ausgesehen!«
    Ich sehe nicht nur so aus, ich bin sauer.
    »Das ist doch Quatsch, meine Eltern sind Anwälte, sie verteidigen Menschen, sie wollen doch nicht die Stadt kaputt machen.«
    »Schon gut!« Er blinzelt und legt den Kopf schief. »Und … willst du später auch Anwältin werden?«
    »Ich? Wieso?«
    Charly zuckt mit den Schultern. »Ich meine ja nur.«
    Ich sage nichts. Ich will Malerin werden, aber ich habe keine Lust, das jetzt zu sagen. Bestimmt lacht Charly dann wieder.
    »Und was willst du werden?«
    »Na ja, eigentlich bin ich ja schon was …«
    »Ach, ja?«, sage ich leicht überheblich und bereue es sofort. Charly hat recht, warum muss man immer erst etwas werden?
    »Ich spraye«, sagt Charly, »und das will ich später auch weitermachen. Also, Kunst.«
    Eigentlich sind wir einer Meinung, trotzdem hat es mich verletzt, wie er über meine Eltern geredet hat. Auch wenn er sie gar nicht gemeint hat.
    »Hey, hier ist noch eine Ratte!«, ruft Charly.
    Es ist wieder eine Büroratte mit Regenschirm, aber ihre Haltung ist wesentlich lässiger. Sie hat den Regenschirm ausgebreitet, segelt nach unten und sieht aus, als würde sie gleich auf ihrem weichen Fellhintern landen. Wieder hält sie eine Aktentasche in einer Pfote.
    Ich will ein Foto machen, hole mein iPhone heraus und sehe, dass mir Maja eine SMS geschrieben hat.
    Pass auf dich auf!
    Was denkt sie denn? Natürlich passe ich auf mich auf.
    »Was ist?«, fragt Charly, und ich drücke die SMS weg und mache schnell einige Fotos.
    »Willst du keine Fotos machen?«
    Charly zuckt mit den Schultern. »Mach du ruhig. Kannst mir ja nachher die Fotos mailen.«
    Ich mache bestimmt fünfzig Fotos, aber es ist seltsam. Auf der Hauswand sehen die Rattenbilder aufregend aus, auf meinem Handy werden sie zu harmlosen Schablonenbildern.
    »Man kann sie nicht richtig fotografieren«, sage ich enttäuscht.
    Charly lächelt. »Ich weiß.«
    Ich liebe mein Handy, aber auf einmal kommt es mir nutzlos vor.
    »Und? Wo gehen wir jetzt lang?«, fragt Charly.
    Ich tippe auf die App und halte ihm das iPhone hin.
    Charly tippt auf das Display. »Hier sollen viel mehr Bilder sein.«
    »Na ja, damals, als Banksy hier war, da war er noch nicht berühmt.«
    »Verstehe«, sagt Charly. »Da haben sie dann einfach drübergesprayt oder es weggemacht.«
    Wir sehen die Ratte an. Wer weiß, wie lange sie noch auf der Wand zu sehen sein wird.
    »Rate mal, wie viel ein Bild von Banksy jetzt wert ist?«, frage ich Charly.
    Er zuckt mit den Schultern.
    Ich habe es gelesen, aber ich konnte es selber kaum glauben. »Hundertsiebzigtausend Euro.«
    Charly starrt mich an. »Echt jetzt?«
    »Verrückt, oder?«
    Wir schauen beide wieder auf das Display meines iPhones, Charly tippt auf die Markierungen im Plan, und Bilder springen auf. Seine Haare berühren meine Haare, und für einen Moment vergesse ich, warum wir überhaupt hier sind und was wir suchen.
    »Meinst du, das ist noch da?« Charly zeigt auf ein Spraybild auf einem grauen Stromkasten, von einem Mädchen, das einen Fernseher umarmt. Ein schönes Bild, ich würde es gerne live sehen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es noch da ist.
    »Die Stromkästen werden doch jetzt immer so verschönert, ich meine, richtig angemalt«, gebe ich zu bedenken.
    Charly lacht. »Ja, damit sie gut zur Umgebung passen. Wie blöd ist das denn?«
    Ich mag bemalte Stromkästen eigentlich ganz gerne, aber ich weiß, was Charly meint. Bei Street Art geht es nicht um Verschönerung. Wirklich nicht?
    »Was denkst du? Worum geht es bei Street Art?«, frage ich.
    Charly sieht mich düster an.
    »Ich wollte nur sagen, was soll sie bewirken?«
    Charly seufzt genervt. Ich bereue, dass ich es

Weitere Kostenlose Bücher