Street Art Love (German Edition)
schon nach Herbst. Als ich über eine Astwurzel holpere, komme ich ins Schlingern. Charly setzt kurz einen Fuß auf und hält sich dann ganz selbstverständlich an meiner Taille fest. Kumpel!, denke ich, aber es fühlt sich nach viel mehr an.
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»ALSO HIER WOHNST DU!«, sagt Charly und betrachtet unser Zweifamilienhaus. Findet er das protzig, übertrieben?
Wir gehen über die Einfahrt in den Garten, ich stelle mein Rad ab, dann bitte ich ihn herein.
Es ist ruhig im Haus, als wären alle Geräusche von der Einrichtung aufgesaugt worden.
»Mama?«
Meine Mutter kommt aus ihrem Arbeitszimmer. Sie trägt schon ihre Businesskleidung und ist darauf vorbereitet, gleich zu gehen.
»Hallo!« Sie reicht Charly die Hand, der sie überrascht annimmt.
»Charly!«
»Fein«, sagt meine Mutter kurz und wendet sich sofort wieder an mich. »Sophie? Max sitzt in seinem Bett und spielt ein Computerspiel. Ich habe ihm erlaubt, später auch fernzusehen, wenn er seine Hausaufgaben gemacht hat.« Sie sieht zu Charly. »Und ich habe ihm gesagt, er soll euch nicht bei der Arbeit stören.«
Eine Minute später verlässt sie das Haus.
»Wow«, sagt Charly und schaut ihr erstaunt hinterher.
»Sie hat noch einen Termin mit einem Klienten.«
»Macht sie dir kein Essen oder so?«
Ich sehe Charly leicht genervt an. Meine Mutter ist keine Hausfrau, und das finde ich gut. Aber dann kommt mir der Gedanke, dass er Hunger hat.
»Hast du Hunger? Wollen wir uns was zu essen machen?«
Er grinst verlegen. »Das wäre cool.«
In der Küche reiße ich den Kühlschrank auf, stelle Butter und Käse und Schinken heraus und zeige ihm, wo wir Brot haben.
»Ich kann auch Spiegeleier machen«, schlägt er vor.
»Okay.«
Ich zeige Charly, wo unsere Pfannen stehen, dann setze ich mich an den Küchentisch und sehe ihm dabei zu, wie er sich Eier, Schinken und Butter zurechtlegt und die Pfanne erwärmt.
Es sieht aus, als würde er das ständig machen.
»Kocht deine Mutter für dich, wenn du aus der Schule kommst?«
Charly schwenkt die Pfanne mit der Butter, stellt sie ab und gibt den Schinken dazu.
»Nein. Mein Vater ist bis abends in seinem Atelier. Ich koche mir immer selber etwas.«
Der Geruch nach gebratenem Speck zieht durch das Haus, und ich höre tapsende Schritte auf der Treppe. Max streckt den Kopf durch die Küchentür und schaut mich an. »Kann ich auch was mitessen?«
Erst danach bemerkt er Charly und hüpft begeistert in die Küche.
»Das ist Max, mein kleiner Bruder. Max: Charly. Wir müssen heute noch ein Referat zusammen machen.«
»Hi, Charly!«
»Hi, Maxman«, sagt Charly. »Magst du auch ein Ei?«
Max nickt.
»Mit Schinken? Umgedreht oder glibberig?«
»Umgedreht!«, sagt Max und setzt sich zu mir an den Küchentisch.
Ich beuge mich zu Max. »Hm, ich habe gehört, du hast heute Nacht gekotzt, und – du solltest uns doch eigentlich nicht stören!«
Max macht große, erschrockene Augen. »Mir geht es schon viel besser.«
»Er stört doch nicht!«, sagt Charly, und Max grinst glücklich.
Was Charly zubereitet hat, schmeckt großartig. Es ist nur ein Ei auf Schinken, aber ich schwöre, ich habe in den letzten Monaten nichts Besseres gegessen. Max stopft sich voll, als ob er seit Tagen nichts zu sich genommen hätte.
»Kannst du Fußball spielen?«, fragt er Charly mit vollem Mund, und ich stoße ihn unter dem Tisch an.
»Wir müssen noch arbeiten.«
»Nur kurz!«, bettelt Max, und Charly nickt. Er stellt die Teller zusammen und sortiert dann alles in die Spülmaschine, als wäre er hier zu Hause.
»Okay, ich hole schon mal die Bücher!«, sage ich und gehe nach oben, während Max Charly in den Garten zieht.
Oben von meinem Zimmer aus sehe ich, wie Charly sich ins Tor stellt und Max’ Bälle fängt, aber auch jeden zweiten Ball großzügig ins Tor gehen lässt. Er macht das toll. Trotzdem bin ich genervt, dass Max schon wieder alles an sich reißt und sich nicht an die Abmachung hält.
Als ich wieder unten bin, kommt mir Charly entgegen und grinst unsicher. Seine Hose ist mit irgendetwas bespuckt, das nach Spiegelei mit Schinken aussieht. Hinter ihm kommt Max, leicht schuldbewusst, aber gut gelaunt.
»Äh …, kann ich mich irgendwo sauber machen?«
Ich zeige Charly das Bad, schnappe mir Max und begleite ihn nach oben in sein Zimmer. Er wäscht sich den Mund aus und hüpft dann gehorsam auf sein Bett.
»Ist das dein Freund?«, flüstert er begeistert.
»Nein, ein …, wir sind zusammen in einer
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