Street Art Love (German Edition)
nicht vorbei. Mir fällt ein, dass ich den Rasensprenger am Spätnachmittag anstellen soll.
»Hey, Mäxchen, wie wäre es mit einer Dusche?«
Er steht mit puterrotem Kopf vor mir, die Haare kleben ihm im nass geschwitzten Gesicht. »Danach machen wir weiter!«, schnauft er.
Ich sage nichts dazu und hole den Rasensprenger aus dem Schuppen. Ich stelle ihn als Erstes in den Schatten und richte ihn so ein, dass er langsam hin- und herschwenkt. Max springt in seinen Sportsachen unter den Sprenger. Er hat zwei komplette Hertha- BSC -Kombinationen, und eigentlich wechselt er im Sommer immer nur von der einen in die andere.
Als meine Eltern kommen, sitzen wir beide frisch geduscht im Wohnzimmer vor dem Fernseher und essen Chips. Wenn meine Eltern aus ihrer Kanzlei kommen, sind sie immer vollkommen fertig, und ich bin irgendwie stolz darauf, dass Max und ich ihnen nicht noch zusätzliche Probleme bereiten.
»Sophie, du bist ein Schatz!«, sagt meine Mutter und sinkt mit ihrer Zwei-Zentner-Aktentasche auf das Sofa.
»Und was ist mit mir?«, kräht Max.
Meine Mutter streicht ihm über den Kopf. »Du bist der beste Sohn der Welt!«
Max strahlt. Ich schalte den Fernseher aus.
Mein Vater stellt eine knisternde weiße Plastiktüte auf den Tisch. Ich weiß, was das bedeutet, und stehe auf, um Teller und Besteck zu holen.
»Du nimmst doch immer Gemüsereis mit Huhn?«, ruft meine Mutter mir in die Küche nach. Das ist wirklich mein Lieblingsgericht, obwohl ich manchmal auch ganz gerne etwas anderes vom Siamesen essen würde. Einfach so zur Abwechslung.
»Und für dich haben wir Hühnerspieße mit Saté-Soße!«, erklärt meine Mutter Max, als ich zurückkomme, und wühlt in dem Berg von Servietten, Pappkartons und Aluschalen.
Ich decke den Esstisch.
»Haben wir kaltes Bier?«, fragt mein Vater.
»Nein«, sage ich, denn ich kenne den Inhalt des Kühlschranks auswendig.
»Tu Eiswürfel rein«, schlägt meine Mutter vor und kickt ihre Pumps von den Füßen. Auf dem Couchtisch liegt meine Kunstmappe. Meine Mutter zieht sie sich lächelnd heran und schlägt sie auf. »Hast du wieder gezeichnet?« Sie blättert vorsichtig meine Zeichnungen durch und strahlt mich an.
»Wow, wie machst du das? Das sieht alles so echt aus. Ich könnte das nicht.«
Mein Vater kommt mit einem Glas Bier aus der Küche. Im Glas klingeln Eiswürfel. »Lass mal sehen!« Er schaut meiner Mutter über die Schulter. »Das ist Max, oder?«
»Das erkennt man doch ganz deutlich!«, sagt meine Mutter.
Max sitzt schon am Tisch und rutscht unruhig auf seinem Stuhl hin und her. »Kann ich schon anfangen?«
Meine Mutter reicht mir die Mappe. »Wir kommen!«
Nach dem Essen gehe ich in mein Zimmer und werfe mich aufs Bett. Es ist warm im Zimmer, und es nützt noch nicht mal etwas, das Fenster zu öffnen. Ich bin vollkommen erschöpft und würde am liebsten gleich einschlafen, aber außer Kunst habe ich noch keine Hausaufgaben gemacht. Morgen ist eigentlich mein Lieblingsschultag, denn wir haben Kunst und nach der Schule noch Kunst- AG , aber die erste Stunde ist Mathe, und ich habe das mit der Kurvenberechnung noch nicht richtig verstanden. Nebenan höre ich, wie meine Mutter Max ins Bett bringt. Er springt wie immer auf dem Bett herum, bevor er sich hinlegt, und redet ununterbrochen. Ich frage mich, wo er seine Energie hernimmt, und ziehe mich müde hoch. Ich setze mir Ohrstöpsel in die Ohren, suche einen schnellen Musiktrack aus und gehe an den Schreibtisch. Wenn ich schnell arbeite, komme ich vor elf ins Bett.
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ALS ICH AM NÄCHSTEN MORGEN auf die Schule zugehe, steht Charly mitten in einer Gruppe von kichernden Mädchen und erzählt irgendetwas, für das er die volle Aufmerksamkeit bekommt. Ich sehe Maja, aber sie bemerkt mich erst, als ich sie am T-Shirt zupfe. »Hallo!«
Sie wird rot, als hätte ich sie bei etwas Verbotenem erwischt.
»Wollen wir reingehen?«, schlage ich vor.
»Ja, gleich, okay!«, sagt Maja und reißt sich widerwillig los.
Unser Klassenraum liegt im ersten Stock, und ich gehe gleich die Treppe hoch, obwohl wir sonst immer noch bis zur letzten Minute in der Eingangshalle stehen und reden. Maja sieht mich überrascht an, folgt mir aber.
»Weißt du, was Charly erzählt hat?«
Nein, keine Ahnung.
Ich schweige, denn Maja wird es mir sowieso erzählen.
»Also, er sagt, er sprayt nachts.«
»Ach ja? Wo denn?«
»In der Stadt. Er hat uns Fotos gezeigt, echt irre.«
Angeber!
Die halbe Mathestunde vergeht,
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