Streiflichter aus Amerika
wie meine Zehndollarspende an die Stiftung aussehen würde. Wenn sich nun sogar anständige, wohlmeinende karitative Vereinigungen gezwungen sehen zu lügen, um Aufmerksamkeit zu erregen, dann weiß man, daß was faul ist an dem System.
Man kriegt auch langsam das Gefühl, daß man niemandem mehr trauen darf. Cynthia Grossen, Autorin des erwähnten Buches, enthüllt, wie viele angeblich wissenschaftliche Studien in Wirklichkeit fauler Zauber sind. Sie greift eine heraus, über die auch in der landesweiten Presse weidlich berichtet und in der behauptet wurde, daß der Verzehr von Weißbrot hilft abzunehmen. An der »Testreihe«, auf die sich diese Behauptung gründete, waren zwei Monate lang achtzehn Personen beteiligt, und man fand buchstäblich keinen Beweis, um die These zu stützen, aber die Forscher sagten, ihrer Meinung nach wären die Annahmen erhärtet worden, »wenn man die Studie fortgeführt hätte«. Das Werk wurde vom größten Weißbrotproduzenten des Landes finanziert. Eine weitere Untersuchung – über die wieder getreulich und völlig unkritisch in den Zeitungen berichtet wurde – erbrachte das Ergebnis, daß der Verzehr von Schokolade Zahnverfall sogar verringere. Und es wird Sie nicht überraschen zu hören, daß dieses zutiefst fragwürdige Machwerk von einem führenden Schokoladenhersteller bezahlt wurde.
Selbst Berichte in den angesehensten Medizinzeitschriften sind mit Vorsicht zu genießen. Im letzten Jahr schauten sich laut Boston Globe zwei Universitäten, Tufts und UCLA, die finanziellen Interessen der Autoren von siebenhundertundneunundachtzig Artikeln in den wichtigsten Medizinjournalen einmal genauer an und fanden heraus, daß in vierunddreißig Prozent der Fälle zumindest einer der Autoren uneingestanden materielle Vorteile aus positiven Resultaten zog. In einem – typischen – Fall besaß der Forscher, der die Wirksamkeit
eines neuen Erkältungsmedikaments überprüft hatte, mehrere tausend Aktien der Herstellerfirma. Nach Erscheinen des Berichts stiegen die Aktien, und er verkaufte sie mit einem Gewinn von einhundertundfünfundvierzigtausend Dollar. Ich behaupte nicht, daß der Mann ein schlechter Wissenschaftler war, aber irgendwo in seinem Hinterstübchen muß er doch geahnt haben, daß ein negativer Bericht die Aktien wertlos gemacht hätte.
Das schlagendste Beispiel für derlei Umtriebe stammt aus dem Jahre 1986, als das New England Journal of Medicine gleichzeitig zwei Studien über einen neuen Typ Antibiotikum erhielt. Die eine gelangte zu dem Resultat, das Medikament sei wirksam, die andere, daß nicht. Die Erfolgsmeldung kam – Überraschung! – von einem Forscher, dessen Labor 1,6 Millionen Dollar von der pharmazeutischen Industrie und er persönlich fünfundsiebzigtausend Dollar im Jahr von den Herstellern erhalten hatte. Der Miesmacher war ein unabhängiger Forscher, der nicht von den betroffenen Arzneimittelfirmen finanziert worden war.
Wem kann man also noch vertrauen und Glauben schenken? Nur mir, fürchte ich, und auch das nur bis zu einem gewissen Grade.
Angenehmen Aufenthalt
Diese Woche ist unser Thema ein Aspekt des modernen Lebens, der mir immer schwer aufstößt, nämlich, wie Firmen Entscheidungen treffen, um sich das Leben zu erleichtern und dann uns, den Kunden, weiszumachen versuchen, es geschehe zu unseren Gunsten. Man merkt es gewöhnlich daran, daß irgendwo die Worte »um Ihnen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen« auftauchen.
Jüngst habe ich zum Beispiel in einem großen Hotel Eiswürfel gesucht. Ich bin meilenweit über Flure gelatscht (wahrscheinlich immer wieder in einem großen Kreis herum) und habe keine gefunden.
Früher stand in jedem amerikanischen Hotel auf jedem Flur ein Eisautomat. Ich glaube, es ist sogar in der Verfassung verankert, unmittelbar vor dem Recht, Waffen zu tragen, und direkt nach dem Recht, einzukaufen bis zum Umfallen. Aber auf dem achtzehnten Stockwerk dieses Hotels gab es keinen Eisautomaten. Endlich fand ich eine Nische, in der sich eindeutig einmal einer befunden hatte. An der Wand prangte ein Schild, auf dem stand: »Um Ihnen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen, finden Sie Eisautomaten in den Stockwerken 2 und 27.« Sehen Sie, was ich meine?
Ich hatte ja gar nichts gegen das Entfernen der Eisautomaten per se, sondern nur etwas gegen die Tatsache, daß man so tat, als sei es mit Rücksicht auf mein Wohlbefinden geschehen. Wenn auf dem Schild die ehrlichen Worte gestanden hätten
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