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Streiflichter aus Amerika

Titel: Streiflichter aus Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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bezopften, ekelerregend altklugen Kinderschauspielerinnen aus den Fünfzigern gemimt wird, bei denen es einen immer in den Fingern juckt, sie aus einem Fenster im obersten Stockwerk zu schmeißen. Ich glaube, auch Lloyd Nolan mischt irgendwo mit, denn Lloyd Nolan tritt in Fünfziger-Jahre-Filmen immer in Ärzterollen auf.
    Vielleicht habe ich nicht alle Einzelheiten richtig wiedergegeben, aber ich habe den Film auch noch nie ordentlich von vorn bis hinten gesehen, und das nicht einmal mit Absicht. Ich habe ihn gesehen, weil einer unserer Kabelsender ihn in den letzten beiden Monaten mindestens vierundfünfzigmal gezeigt hat und ich ihn jedesmal auf den Bildschirm kriege, wenn ich rumzappe, weil ich was suche, das ich wirklich sehen will.
    Sie können sich nicht vorstellen – wirklich nicht! ––, wie öde, wie gähnend langweilig das amerikanische Fernsehen ist. Ach, ich weiß, auch das britische kann ziemlich schauderhaft sein. Mir ist die Verzweiflung wohlvertraut, die sich einstellt, wenn man in ein englisches Programmheft schaut und entdeckt, daß als Highlights des Abends Glotz weiter , Der besondere Naturfilm (»heute: Eiswürmer im Baikalsee«) oder eine neue Serie mit dem Titel Ooh, ich glaub, ich muß gleich reihern angepriesen werden. Doch selbst in den allerübelsten Momenten – selbst wenn ich nur zwischen Der Gefangene in Block H und Peter Snow, der sich brennend für Agrarsubventionen in Europa interessierte, wählen konnte – hat das britische Fernsehen noch nie den Wunsch in mir geweckt, hinauszugehen und mich vor den nächsten Lkw zu werfen.
    In unserem Haus können wir rund fünfzig Sender empfangen – mit manchen Systemen bekommt man meines Wissens jetzt bis zu zweihundert. Also denkt man doch spontan erst mal, daß man die Qual der Wahl hat. Aber langsam schwant einem, daß das amerikanische
    Fernsehen seine Aufgabe lediglich darin sieht, jeden alten Mist in den Äther zu schicken.
    Selbst Sendungen, derer sich sogar Sky One schämen würde (ich weiß, das scheint kaum möglich, aber so ist es), bekommen hier großzügige Sendezeiten eingeräumt. Es ist, als zögen die Programmgestalter einfach nur eine Kassette aus dem Regal und schmissen sie in die Geräte. Ich habe »Sendungen zum Zeitgeschehen« gesehen, die zehn Jahre alt waren, und langweilige Interviews mit Leuten, die inzwischen schon seit längerem unter der Erde liegen.
    Man hat hier so gut wie keinen Begriff davon, daß Fernsehen manchmal sogar innovativ und gut sein könnte. Heute abend führt meine Fernsehzeitschrift unter der Rubrik »Schauspiel« als feinste und fesselndste Angebote Matlock und Unsere kleine Farm auf. Für morgen empfiehlt es Die Waltons und Dallas . Übermorgen wieder Dallas und Mord ist ihr Hobby .
    Da fragt man sich doch allmählich, wer das alles guckt. Auf einem Kanal kriegen wir einen Vierundzwanzigstunden-Trickfilmsender. Daß es irgendwo Leute gibt, die die ganze Nacht Cartoons glotzen wollen, ist ja schon bemerkenswert genug, aber wahrhaft erstaunlich finde ich, daß es bei dem Sender auch Werbung gibt. Was kann man wohl Zuschauern verkaufen, die nachts um halb drei freiwillig Yogi-Bär und Bubu gucken? Schlabberlätzchen?
    Aber das hirnverbrannteste an unserem Fernsehen ist, daß dieselben Sendungen immer und immer wieder jeden Abend zur gleichen Zeit laufen. Heute um halb zehn können wir auf Kanal 20 Die Munsters sehen. Gestern um halb zehn gibt es auf Kanal 20 – Sie haben recht geraten – Die Munsters . Vor jeder Munster -Folge gibt es eine Episode von Happy Days und danach eine Episode der Mary-TaylorMoore-Show . Meines Wissens ist es so seit Jahren und wird auch ewig so bleiben. Und zwar auf jedem Sender zu jeder beliebigen Sendezeit.
    Bei derart vielen, derart hoffnungslos uninteressanten Kanälen zur Auswahl guckt man am Ende eigentlich nichts mehr richtig. Doch eins ist erschreckend: Obwohl das Fernsehen hier komplett schwachsinnig ist, obwohl man anfängt zu heulen und sich die Haare zu raufen und weiche Speisen auf den Bildschirm wirft, ist es gleichzeitig seltsam unwiderstehlich. Wie mir ein Freund einmal erklärt hat, sieht man nicht fern, um zu sehen, was läuft, sondern um zu sehen, was außerdem noch läuft. Und das einzige, was man zugunsten des amerikanischen Fernsehens sagen kann, ist, daß dauernd was anderes läuft. Man kann nach Herzenslust zappen. Wenn man beim fünfzigsten Sender anlangt, hat man vergessen, was im ersten war, und fängt wieder von vorne an in der lächerlich

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