Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Streiflichter aus Amerika

Titel: Streiflichter aus Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
Vom Netzwerk:
Stichworte nennen:
    Sonnenbrand, kletternder Giftsumach, Zecken, die Krankheiten übertragen, elektrische Heckenscheren und – natürlich – Brennspiritus zum Grillanzünden. Ich kann's kaum abwarten.

    In der Behördenmühle

    Ich kann Ihnen nicht mal ansatzweise erzählen, wie frustrierend es ist, wenn man für eine im Ausland geborene Gattin oder andere geliebte Anverwandte in den Vereinigten Staaten eine unbegrenzte Aufenthaltsgenehmigung haben möchte. Erstens reicht der Platz hier nicht, zweitens ist es sterbenslangweilig, drittens kann ich nicht darüber reden, ohne Rotz und Wasser zu heulen, und viertens würden Sie ohnehin denken, ich hätte alles nur erfunden.
    Ich sehe Sie schon verächtlich schnauben, wenn ich Ihnen berichte, daß ein Bekannter von uns – ein hochrangiger Akademiker – mit offenem Mund dasaß, als seiner Tochter von der Einwanderungsbehörde Fragen gestellt wurden wie: »Haben Sie sich jemals eines gesetzwidrigen Wirtschaftsvergehens schuldig gemacht, einschließlich, aber nicht beschränkt auf, illegales Glückspiel?« und »Sind Sie jemals Mitglied der kommunistischen Partei gewesen, oder haben Sie ihr oder einer anderen totalitären Partei auf sonst eine Weise nahegestanden?« und –meine Lieblingsfrage – »Haben Sie die Absicht, in den Vereinigten Staaten Polygamie zu praktizieren?« Ich sollte vielleicht darauf hinweisen, daß das Kind fünf Jahre alt war.
    Sehen Sie, ich könnte schon losheulen.
    Mit einem Land, das, ganz einerlei, wem, derartige Fragen stellt, stimmt gewaltig etwas nicht. Nicht nur, weil sie schlicht aufdringlich und irrelevant sind, und auch nicht, weil Fragen nach der politischen Orientierung eines Menschen in krassem Widerspruch zur amerikanischen Verfassung stehen, sondern weil sie eine kolossale Verschwendung von jedermanns Zeit sind. Wer erwidert schon auf die Frage, ob er die Absicht hat, Genozid oder Spionage zu betreiben, ein Flugzeug zu kapern, sich bigamistisch zu verheiraten oder irgendeiner anderen unerwünschten Tätigkeit von dieser langen, eigenartig paranoiden Liste zu frönen: »Ja, selbstverständlich! Schmälert das etwa meine Chancen einzureisen?«
    Wenn es alles nur bedeuten würde, eine Reihe sinnloser Fragen unter Eid zu beantworten, dann würde ich ja noch seufzen und Ruhe geben. Aber es geht um unendlich viel mehr. Wenn man legal in den USA leben will, muß man Fingerabdrücke abgeben, sich ärztlichen Untersuchungen und Bluttests unterziehen sowie Affidavit-Briefe, Geburts- und Heiratsurkunden, Nachweis der Beschäftigungsverhältnisse, Belege zur wirtschaftlichen Situation und vieles andere mehr beibringen. Und alles muß auf eine vorgeschriebene Weise gesammelt, beglaubigt, vorgelegt und bezahlt werden. Meine Frau mußte kürzlich eine Vierhundertkilometer-Rundreise machen, um eine Blutprobe in einer Klinik abzugeben, die von der Ausländerbehörde anerkannt ist, obwohl sich eine der besten Lehrkliniken der Vereinigten Staaten in ebender Stadt befindet, in der wir wohnen.
    Man muß endlose Formulare ausfüllen, jedes mittels ellenlanger Anweisungen, die sich oft gegenseitig widersprechen und fast immer dazu führen, daß man noch mehr Formulare braucht. Ganze Tage bringt man damit zu, eine Telefonnummer anzurufen, die besetzt ist. Falls man doch endlich durchkommt, wird man angewiesen, eine andere Nummer zu wählen, die man aber nicht ganz mitkriegt, weil die Person am anderen Ende sie einem vornuschelt und dann sofort auflegt. So ist es bei jedem Kontakt mit jeder x-beliebigen Abteilung einer US-amerikanischen Behörde. Nach einer Weile versteht man allmählich, warum selbst knallharte Cowboys in Gegenden wie Montana ihre Ranchen zu Festungen ausbauen und damit drohen, jeden Regierungsbeamten zu erschießen, der so dumm ist, ihnen ins Fadenkreuz zu laufen.
    Es nützt auch gar nichts, die Formulare nach bestem Wissen und Gewissen auszufüllen, denn wenn auch nur die geringste Kleinigkeit nicht in Ordnung ist, kriegt man den ganzen Klad-daradatsch zurück. Meine Frau bekam einmal ihre Unterlagen wieder, weil der Abstand zwischen Kinn und Haaransatz auf ihrem Paßfoto um drei Millimeter von der Norm abwich.
    Bei uns dauert das Ganze schon zwei Jahre. Und bitte verstehen Sie, meine Frau will hier weder als Gehirnchirurgin praktizieren noch Spionage betreiben, noch mit Drogen dealen, und sie will auch nicht beim Sturz der amerikanischen Regierung oder sonst einer verbotenen Aktion mitwirken (wobei ich ihr, ehrlich gesagt, nun nicht

Weitere Kostenlose Bücher