Streiflichter aus Amerika
mehr im Wege stehen würde). Sie will hier nur ein wenig einkaufen und legal mit ihrer Familie wohnen. Das ist doch nicht zuviel verlangt!
Weiß der Himmel, wo es hakt. Gelegentlich bittet man uns um ein zusätzliches Dokument, und alle paar Monate frage ich nach, was los ist, aber ich bekomme nie eine Antwort. Vor drei Wochen erhielten wir einen Brief von dem Londoner Außenbüro der Einwanderungsbehörde und dachten schon, das sei endlich die offizielle Genehmigung. Guter Scherz! Es war ein Computerbrief, in dem stand, mit dem Antrag sei seit zwölf Monaten nichts passiert und deshalb sei er nun ungültig.
All das habe ich Ihnen aber nur so weitschweifig erzählt, weil ich eine Geschichte loswerden muß, die ein paar britischen Freunden von uns hier in Hanover widerfahren ist. Der Mann ist seit etlichen Jahren Professor an der hiesigen Universität. Vor achtzehn Monaten flogen er und seine Familie zurück nach England, weil er ein Sabbatjahr hatte. Als sie in Heathrow ankamen und sich freuten, wieder zu Hause zu sein, fragte der Grenzbeamte, wie lange sie zu bleiben gedächten.
»Ein Jahr«, erwiderte mein Freund frohgemut.
»Und was ist mit dem amerikanischen Kind?« fragte der Beamte mit hochgezogener Braue.
Der Jüngste, müssen Sie wissen, war hier geboren, und sie hatten sich nie die Mühe gemacht, ihn als britischen Staatsbürger eintragen zu lassen. Er war erst vier, also würde er in England nicht auf Jobsuche oder dergleichen gehen.
Sie erklärten die Sachlage. Der Beamte hörte ernst zu und ging dann fort, um einen Vorgesetzten zu konsultieren.
Meine Freunde hatten Großbritannien vor acht Jahren verlassen. Und weil sie nicht genau wußten, um wieviel ähnlicher es in der Zeit den Vereinigten Staaten geworden war, warteten sie mit einer gewissen Bangigkeit. Nach einer Minute kam der Beamte, gefolgt von seinem Vorgesetzten, zurück und sagte leise zu ihnen. »Mein Vorgesetzter fragt sie jetzt, wie lange Sie in Großbritannien bleiben wollen. Sagen Sie: ›Zwei Wochen‹.«
Also fragte der Vorgesetzte, und sie antworteten: »Zwei Wochen.«
»Gut«, sagte der Vorgesetzte und fügte dann, als sei es ihm gerade eingefallen, hinzu: »Falls Sie sich entscheiden sollten, Ihren Aufenthalt zu verlängern, wäre es vielleicht keine schlechte Idee, wenn Sie Ihr Kind in den nächsten Tagen als britischen Staatsbürger registrieren lassen.«
»Stimmt«, sagte mein Freund.
Und drin waren sie. Deshalb liebe ich Großbritannien. Deshalb und wegen der Pubs und HP-Sauce und der Landfriedhöfe und noch vielem anderen, aber am meisten, weil es dort immer noch einen öffentlichen Dienst gibt, der zu echter Menschlichkeit fähig ist und sich nicht so verhält, als hasse er einen.
Und mit diesen Worten verabschiede ich mich. Ich muß meinen Munitionsvorrat auffüllen.
Verschlagen in die Fernsehödnis
Neulich habe ich einen Film mit dem Titel Die wunderbare Macht gesehen. Er wurde 1954 gedreht, und die Hauptrollen spielen Rock Hudson und Jane Wyman. Er gehört zu diesen grandios mittelmäßigen Filmen, die in den frühen Fünfzigern en masse gedreht wurden, als die Leute immer noch fast alles anschauten. (Im Gegensatz dazu muß man heute schon reichlich feuersprühende Explosionen und wenigstens eine Szene hineinpacken, in der sich der Held in einem Aufzugschacht abseilt.)
Wie dem auch sei, wenn ich es recht verstanden habe, geht es in der Wunderbaren Macht um einen schönen jungen Rennfahrer, Rock Hudson, der aus purem Leichtsinn einen Autounfall verursacht, bei dem Ms. Wyman erblindet. Rock verzehrt sich so in Schuld, daß er losgeht und an der »Universität von Oxford, England« oder einer ähnlichen noblen Bildungsstätte Medizin studiert, unter einem angenommenen Namen als Augenarzt nach Perfectville zurückkehrt und sein Leben der Aufgabe weiht, Jane ihr Augenlicht wiederzugeben. Sie weiß natürlich nicht, wer er ist. Sie ist ja nicht nur blind, sondern auch ein bißchen schwer von Kapee, wenn es um die Stimme von Leuten geht, die sie verstümmelt haben.
Selbstverständlich verlieben sich Rock und Jane ineinander, und Jane bekommt ihr Sehvermögen zurück. Die beste Szene ist, wenn er ihr den Verband abnimmt und sie mit den Worten »Nanu, das bist... du! « in eine gnädige Ohnmacht fällt. Leider schlägt sie sich nicht den Kopf auf und wird wieder blind, was die Story, wenn Sie mich fragen, erheblich aufgepeppt hätte.
Jane hat übrigens eine zehnjährige Tochter, die von einer dieser zuckersüßen,
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