Streiflichter aus Amerika
optimistischen Hoffnung, daß man diesmal was Fetziges findet.
Das ist natürlich noch längst nicht mein letztes Wort zu diesem Thema. Fernsehen ist mein Leben, also werden wir in den kommenden Monaten noch oft darauf zurückkommen. Jetzt muß ich Sie verlassen. Gleich fängt Die wunderbare Macht an, und ich möchte endlich miterleben, wie Jane Wyman ihr Augenlicht verliert. Das ist die beste Stelle. Außerdem meine ich immer noch, wenn ich nur lange genug zuschaue, schubst Lloyd Nolan das Mädelchen aus dem Fenster im obersten Stock.
Und nun folgt eine kleine Werbeunterbrechung
Im Moment läuft ein Werbespot über den Bildschirm, der verkündet: »Der neue Dodge Fehlzündung! Nummer eins im Vergleichtest mit dem Chrysler Inaktiv bei Lenkeigenschaften. Nummer eins im Vergleich zum Plymouth Penetrant im Benzinverbrauch. Nummer eins im Vergleich zum Ford Ekzem bei Reparaturkosten.«
Wie Sie bemerkt haben – weil Ihr Hirn Gott sei Dank vom jahrelangen Beschuß der amerikanischen Schnellfeuerwerbung noch nicht verbeult und funktionsfähig ist –, wird der Dodge in jeder Kategorie immer nur mit einem anderen Konkurrenten verglichen, was das Ganze tendenziell sinnlos, ja sogar suspekt macht. Ich meine, wenn der Dodge in einer dieser Kategorien im Vergleich zu zehn, zwölf oder fünfzehn anderen Mitbewerbern als Nummer eins bewertet worden wäre, hätte man das in dem Spot ja wohl gesagt. Weil aber davon nicht die Rede ist, muß man daraus schließen, daß der Dodge bis auf den einen erwähnten schlechter als alle anderen Bewerber abgeschnitten hat. Ergo fordert die Werbung einen im Endeffekt dazu auf, es sich noch einmal gut zu überlegen, bevor man einen Dodge kauft.
Mir bleibt oft nur noch die Spucke weg, wie wenig fundiert hier in der Werbung argumentiert wird. Letztes Jahr rühmte sich ein Hersteller stolz, daß seine Fahrzeuge, was die »Zuverlässigkeit« betreffe, »an der Spitze unter den Autos stehen, die in den Vereinigten Staaten produziert oder zusammengebaut werden«. Also, das verstand ich eindeutig als Aufforderung an die potentiellen Käufer, loszuziehen und ein ausländisches Auto zu erwerben. Aber offenbar sehen diese es anders.
Selektiv mit der Wahrheit umzugehen ist eine altehrwürdige Tradition in der amerikanischen Werbung. Meine besondere Liebe gilt einer Serie von Spots einer Versicherungsgesellschaft, in denen »echte Menschen in echten Situationen« ihre »persönlichen« Finanzen diskutieren. Auf die Nachfrage eines Journalisten, wer diese »echten Menschen« seien, antwortete ein Sprecher, sie seien in Wirklichkeit natürlich Schauspieler und in »diesem Sinne keine echten Menschen«. Na bitte, das sagt Ihnen alles, was Sie über die hiesigen Werbepraktiken wissen müssen.
Fairerweise muß man aber zugeben, daß nicht alle Werbefilme nichtssagend und irreführend sind. Ziemlich viele – na ja, zwei –– sind putzig und originell. Im Moment hat es mir insbesondere der Spot eines Pizzalieferdienstes angetan. Darin nietet ein Lieferbursche mit einer überlangen Pizza alles um, was ihm in die Quere kommt. (Der Vollständigkeit halber: In der Werbung, die ich am wenigsten mag, dreht sich eine bildschöne, sich dessen auch voll bewußte junge Frau zur Kamera um und sagt: »Hassen Sie mich nicht, weil ich schön bin.« Worauf ich jedesmal erwidere: »Tu ich ja auch gar nicht. Ich hasse dich, weil du mir auf den Keks gehst.«)
Denn das Problem mit den Werbespots ist ihre Allgegenwärtigkeit. Die meisten Sender haben alle fünf, sechs Minuten eine Werbeunterbrechung. CNN hat, soweit ich sehe, nur Werbeunterbrechungen.
Weil mir letzteres doch ein ziemlich pauschales Urteil zu sein schien, habe ich mir eben eine halbe Stunde genommen – ohne zusätzlich Kosten für Sie –, um eine typische CNN-Sendung zu überprüfen, und hier sind meine Ergebnisse: In einer einzigen halben Stunde hat CNN das Programm fünfmal unterbrochen und zwanzig Werbespots gezeigt. Insgesamt liefen in dreißig Minuten Sendezeit zehn Minuten Werbung. Abgesehen von sieben Minuten am Anfang betrug die längste Phase ohne Werbung vier Minuten und neunundfünfzig Sekunden, die kürzeste zwei Minuten. Für die Zuschauer, die während der Sendung einen ernsthaften Hirnschaden erlitten hatten, wurden drei Spots wiederholt.
Das, muß ich schnell hinzufügen, ist absolut die Norm. Gestern abend lief auf einem anderen Sender Auf der Flucht , und ich habe eine ähnliche Übung veranstaltet. Um ungefähr einhundert Minuten
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