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Streiflichter aus Amerika

Titel: Streiflichter aus Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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Zeile 997 kleiner ist als 998, fangen Sie von vorn an. In die Spalte mit der Bezeichnung »Zu zahlende Steuer« schreiben Sie eine sehr große Zahl.
    Stellen Sie einen Scheck aus, zahlbar an das »Finanzamt der Vereinigten Staaten von Amerika und die Republik, für die es steht«, zu Händen Patty. Vermerken Sie auf der Rückseite Ihres Schecks Ihre Sozialversicherungsnummer, Einkommenssteuernummer, Steuernummer-Revisionsnummer,Bundesfinanzamt-regionalbüro-Unterabteilungsbereichsnummer ( falls Sie nicht eine T/45 Unterabteilung-Bereichsausschließung beantragt haben), sexuelle Orientierung und Rauchgewohnheiten (ob Raucher oder Nichtraucher), und schicken Sie ihn an:
    Finanzamt der Vereinigten Staaten von Amerika
    Steuerempfangs- und Orientierungszentrum
    Gebäude D/Anbau G78
    Suite 900
    Inkassozone 12
    Kiste 132677-02
    Schublade 2, ungefähr Mitte hinten
    Bundesstadt
    Maryland 10001
    Falls Sie zum Ausfüllen noch Fragen haben oder Hilfe bei der Abgabe brauchen, rufen Sie 1-800-BESETZT an. Danke schön. Wir hoffen, Sie haben 1998 ein erfolgreiches Geschäftsjahr. Im Versäumnisfalle wird das mit einer Geldbuße von 125 000 Dollar und einem langen Spaziergang zum Knast geahndet.

    Warnung! Wer sich amüsiert, wird angezeigt

    In einer der Kneipen hier in unserem schmucken, ordentlichen Städtchen steht seit neuestem plötzlich auf jedem Tisch ein Plastikständer mit bedrucktem Zettelchen. Normalerweise sollen einen ja solche Schilder animieren, eine Karaffe Pina Colada zum Sonderpreis zu bestellen oder die Wirtsleute Chip und Tiffany täglich zu ihrer gemütlichen Happy hour zu beehren.
    Doch weit davon entfernt, zu derart hedonistischem Treiben aufzufordern, verkünden diese Schildchen: »Wir nehmen unsere Verantwortung für das Gemeinwesen ernst und schenken von nun an jedem Gast prinzipiell nur noch drei Getränke aus. Wir danken Ihnen für Ihr Entgegenkommen und Verständnis.«
    Wenn man Ihnen in einer Kneipe (noch dazu in einer Universitätsstadt) erzählt, daß Sie nach nur drei mickrigen Fläschchen Bier gehen müssen, dann wissen Sie, da braut sich sozusagen was zusammen. Nicht etwa deshalb, weil die braven Bürger von Hanover über die Stränge geschlagen haben. Nein, es geht darum, daß sie sich vielleicht über das bescheidene Ausmaß hinaus amüsieren, das in diesem unserem schwierigen Zeitalter als gesellschaftlich akzeptabel erachtet wird.
    Der amerikanische Essayist und Schriftsteller H. L. Mencken hat den Puritanismus einmal als die »alles beherrschende Angst« definiert, »daß irgend jemand irgendwo glücklich sein könnte«. Das war vor siebzig Jahren, aber es gilt heute noch. Wo immer Sie sich nun in den USA aufhalten, treffen Sie auf diese seltsame Art aufdringlicher
    Bevormundung, wofür diese idiotischen neuen Schilder in unserer Kneipe nur ein weiterer Beweis sind.
    Dabei sind sie eh vollkommen überflüssig. Wenn einen nämlich ein amerikanischer Freund auf ein Bier einlädt, meint er genau das, habe ich zu meiner Bestürzung lernen müssen – ein Bier! Man nippt vornehm daran, bis es nach einer Dreiviertelstunde alle ist, und dann sagt der Freund: »Hey, das hat Spaß gemacht! Das müssen wir nächstes Jahr wiederholen.« Ich kenne niemanden – niemanden –, der so verwegen ist, bei einem Kneipenbesuch drei Getränke zu sich zu nehmen. Alle meine Bekannten rühren Alkohol kaum und Tabak nie an, meiden Cholesterin, als sei es HIV-positiv, joggen zweimal am Tag nach Kanada und zurück und gehen früh zu Bett. Das ist ja auch alles sehr vernünftig, und ich weiß, daß sie mich um Jahrzehnte überleben werden, aber Spaß bringt es nicht.
    Heutzutage machen sich Amerikaner über die phantastischsten Dinge Sorgen. Filmbesprechungen in Zeitungen enden zum Beispiel fast immer mit einem Absatz, in dem aufgelistet wird, was der Zuschauer verstörend finden könnte – Gewalt, sexuelle Freizügigkeit, eine derbe Sprache und dergleichen. Prinzipiell scheint ja auch nichts dagegen einzuwenden zu sein, interessant ist nur, was die Zeitungen eines Kommentars für wert erachten. Neulich schloß die New York Times die Rezension eines neuen Chevy-Chase-Film mit dieser düsteren Warnung: » Viva Las Vegas wird eingestuft als Film, den Kinder nur in Begleitung Erwachsener sehen sollten. Außer sexuellen Anzüglichkeiten zeigt er Klapperschlangen und Glücksspiel.«
    Ach ja, dann ist der wohl auch tabu.
    Die Los Angeles Times warnt ihre Leser unterdessen, daß Besser geht's nicht eine »derbe Sprache und

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