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Streiflichter aus Amerika

Titel: Streiflichter aus Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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sehr sauber.«
    Die weiteren Ereignisse habe ich nur noch bruchstückhaft in Erinnerung. Ich hielt ein Nickerchen und wachte auf, als Jimmy mich bis zur Brust mit Sand zugeschaufelt hatte, was in Ordnung gewesen wäre, wenn er nicht an meinem Kopf angefangen und ich schon einen solchen Sonnenbrand gehabt hätte, daß ein Hautarzt mich in der folgenden Woche als Demonstrationsobjekt zu einem Kongreß in Cleveland einlud.
    Wir verloren den Autoschlüssel und suchten zwei Stunden, der Irische Setter kam wieder, kniepte mich in die Hand, weil ich sein Brot gegessen hatte, und stahl eines der Strandtücher, Tochter Nummer zwei kriegte Teer ins Haar. Mit anderen Worten: Es war ein typischer Tag am Strand. Um Mitternacht kamen wir zu Hause an – der versehentliche Abstecher zur kanadischen Grenze gab uns auf dem langen Rückweg quer durch Pennsylvania wenigstens etwas zum Reden.
    »Wunderschön«, sagte meine Frau. »Das müssen wir bald mal wieder machen.«
    Und das Herzzerreißende ist, sie meinte es wirklich.

    Herrliche Nebensächlichkeiten

    Heute erzähle ich Ihnen eine Geschichte, die ich sehr mag.
    Letztes Jahr kurz vor Weihnachten brachte eine amerikanische Computerspielefirma namens Maxis Inc. ein Abenteuerspiel heraus, das SimCopter hieß und bei dem die Spieler Hubschrauber im Rettungsdienst fliegen müssen. Nach erfolgreichem Abschluß des zehnten und letzten, des schwierigsten Einsatzes, sollten die Gewinner laut New York Times mit einer audiovisuellen Siegesfeier belohnt werden, mit »jubelnden Menschen, Feuerwerk und Blaskapelle«.
    Zu ihrer mutmaßlichen Überraschung erblickten die Gewinner sich küssende Männer in Badehosen.
    Die bösen Buben, stellte sich heraus, waren das Werk eines übermutigen dreiunddreißig Jahre alten Programmierers namens Jacques Servin. Auf Anfrage der Times sagte Mr. Servin, er habe die knutschenden Kerls erschaffen, um »darauf aufmerksam zu machen, daß es keine schwulen Figuren in Computerspielen gibt«. Die Firma rief eiligst achtundsiebzigtausend Spiele zurück und bat Mr. Servin, sich woanders eine Beschäftigung zu suchen.
    Noch eine Geschichte, die mir gefällt.
    Im Juni diesen Jahres reiste Mrs. Rita Rupp aus Tulsa, Oklahoma, allein im Auto durch die USA und bildete sich plötzlich ein, daß sie von Unholden entführt werden könnte. Um also einer solchen Eventualität vorzubeugen, schrieb sie vorsichtshalber ein paar Zeilen in angemessen verzweifelt aussehender Schrift: »Hilfe! Bin gekidnappt worden. Melden Sie es der Highwaypolizei.« Ihren Namen und Adresse und die Telefonnummer der zuständigen bewaffneten Dienststellen setzte sie darunter.
    Wenn man nun schon ein solches Schreiben verfaßt, sollte man doch dafür sorgen, daß man (a) entweder wirklich gekidnappt wird oder (b) den Zettel nicht aus Versehen aus der Handtasche fallen läßt. Na, raten Sie, was passierte! Die unselige Mrs. Rupp ließ das Schreiben fallen, es wurde von einem pflichtbewußten Bürger aufgehoben und abgeliefert, und im Handumdrehen errichteten Polizisten aus vier Bundesstaaten Straßensperren, veröffentlichten flächendekkend Suchanzeigen, ja, steigerten sich in ein rechtes Jagdfieber. In gnädiger Unkenntnis des Chaos, das sie hinter sich anrichtete, gelangte Mrs. Rupp unbehelligt zu ihrem Zielort.
    So entzückend diese beiden Geschichten sind, leider bin ich bisher noch nicht auf den Dreh gekommen, wie ich sie in einer meiner Kolumnen unterbringen kann. Das ist überhaupt die Crux beim Kolumnenschreiben, finde ich. Ewig und drei Tage stoße ich auf unterhaltsame, erzählenswerte Leckerbissen, schneide sie auch immer brav aus beziehungsweise fotokopiere sie und hefte sie unter »Computerspiele (Küssende Kerls)« oder »Schlechteste Tips für Highwayfahrten« oder einem anderen passenden Stichwort ab.
    Irgendwann – na ja, um genau zu sein, heute nachmittag – stoße ich dann wieder darauf und frage mich, was um Himmels willen ich damit vorhatte. Dieses Sammeln von interessanten, aber letztendlich nutzlosen Informationen bezeichne ich als Ignaz-Semmelweis-Syndrom, nach dem österreichisch-ungarischen Arzt Ignaz Semmelweis, der 1850 als erster Mensch begriff, daß man die Ausbreitung von Infektionen in Hospitälern drastisch eindämmen konnte, wenn man sich die Hände wusch. Kurz nach seiner bahnbrechenden Entdeckung starb Dr. Semmelweis – an einer Schnittwunde in der Hand, die sich infiziert hatte.
    Verstehen Sie, was ich meine? Eine wunderbare Story, aber ich weiß nicht, wo ich

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