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Streifzüge durch das Abendland - Europa für Anfänger und Fortgeschrittene

Streifzüge durch das Abendland - Europa für Anfänger und Fortgeschrittene

Titel: Streifzüge durch das Abendland - Europa für Anfänger und Fortgeschrittene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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Wer n i cht z uvor z i g Reproduk t ion e n ges e hen hat, w ird es ve r mutli c h nicht w iedererk e nn e n. A n e i ner Seite der Wand st a nd ein e i ns a mer Restaurator auf e i n e m Gerüst und pinse l te a m » A b e n d m a h l « he r u m . Seit Jahren arbeiten sie daran, doch ni c h t s deutete darauf hin, daß das G e m älde i n abs e hbarer Zeit zu neu e m Leben e r w a c hen w ird.
    A r mer Leonardo. Die Vergangenheit ist ni c ht gerade z i mp e rlich m it sein e m Werk umg e sprung e n. Kaum hatte er das Fresko fert i gg e stellt, begann die Wand zu bröckeln. Später rissen Mönche T eile der Wand ab, um e i ne T ür ein z ubau e n. Noch später di e nte der Sa a l nicht m e hr als R e fektoriu m , sondern w u rde im L a ufe der Zeit i n e i nen S tall (könn e n Sie sich das vorste l len - e i ne Herde von Es e ln vor dem größten Wan d g e m ä lde aller Zeiten ? ), in e i n e n Lagerr a u m , i n e i n G e fängnis und i n e i ne Kaserne umfunktioniert. Viele der f r üh e ren Rest a urierungsarbeiten w ar e n all e s a ndere als g e lung e n, um es vorsich t ig auszudrü c k e n. E i n Künstler malte d e m he i lig e n Johann e s sechs F i nger. Es ist e i n W under, daß das Gemälde übe r haupt bis heute überdauert hat. A ber i m Grunde hat e s ni c ht w i r kli c h überlebt. Ich fr a ge mich, w ie e s w ohl nach w eiter e n zehn oder fünfz e hn Jahr e n Rest a urierung a ussehen w ird. Heute j edenfal l s w äre es e xakter zu sag e n, daß dies der Ort ist, a n d e m si c h d a s »A b e n d mah l « e i nmal befunden hat.
    Wohl w i ss e nd, daß ich ein e n Fehler beg i ng, ste c kte i c h 1000 Lire in einen Aut o m a ten an der Wand. Es fo l gte e i n kurzer, nüchte r ner Bericht über die Ges c hi c hte des Fresk o s, verles e n von ei ner Frau, deren englis c he Aussprache den Erfordernissen ni c ht g a nz gerecht w urde (»Da f resk you see in f ronna you iss Jüan of da grei f est works of art in da wbole wold...«). Ich s a h mi c h um, e ntdeckte a b er keine anderen Mittel und Wege, m e i n Geld zu vers c h w e nden, und trat blinzelnd in den grell e n Sonnens c hein h i naus.
    Ich schlenderte zum bena c h b arten Museo T ecnica, an dessen Kasse ich e r neut ti e f in den Geldbeutel gre i fen mußte, um a nschließend durch s e ine leeren R ä u m e z u w a ndeln. I c h hatte geles e n, daß das Mus e um funktionsfäh i ge M odelle aller Erf i ndung e n Leonardos ausstellte, und w ar d e m e ntspr e ch e nd gesp a nnt. Do c h die klein e n Hol z m odelle e r w ies e n sich a ls überras c hend l a ng w eil i g und, na j a, ein w e nig hö l zern. Ans o nst e n best a nd die Ausstel l ung a us alt e n Schrei b m a schin e n und ve r schiedenen a nderen A pparaten, mit d e nen ich ni c hts an z ufang e n w u ß te, da sie a usschließlich i n ital i enis c her Sprache beschriftet w aren. A ber, seien w ir eh r lich, i m G r unde ist der Beitrag der Italiener zur technolog i sch e n En t w i c k l ung der Menschheit j a auch be i m P izzaof e n s t ehengeblieben.
    Ich n a hm e in e n Na c hmitt a gszug na c h C o mo, aus d e m einzigen Grund, daß es ni c ht w eit e n t f e rnt w ar, a m See lag, und i c h keine Lust hatte, e i ne w eitere Na c ht i n einer Großstadt zu verbringen. I c h erinnerte mi c h, irg e n d w o ge l esen z u hab e n, daß sich M ussolini a m C o m er See verste c kt g e halt e n hatte, als der Krieg für Itali e n verloren w ar, und ich dachte, daß ein Ort, an dem e i n ver z w e i fel t er Mann seine let z te Zuflu c ht f a nd, e t w as Besonderes an si c h haben muß.
    Und so w ar e s a uch. C o m o ist e i ne m a kellose K leinstad t , die a m Südrand des s c hmal e n, e i nundfünfzig Kil o meter l a ngen Se e s glei c hen N a mens i n den Voralpen e i ngebettet li e gt. O b w o hl e s nur ein klein e s Städt c hen ist, besitzt es z w ei K a thedr a len, z w ei Bahnhöfe, z w ei prach t volle Villen, e in e n b e zaubernden P ark, eine von P appeln ges ä umte und reichli c h mit g r ün e n Bänk e n bestü c kte Uferpr o m enade und e i n G e w i rr von uralt e n, a utofrei e n Gassen voller kle i ner Läden und verborg e ner P lätze. Es w ar perfekt, einfa c h perfekt.
    Ich bezog ein Z i mmer i m Ho t el P linius mitt e n i m Ortskern, trank an der P iazza Ro m a z w ei K a ff e e und g e noß den Blick über den See, bevor ich s c hließli c h i n e in nettes kle i nes R e st a urant eink e hrte und vorzüglich z u A bend aß. Und w ieder w ar

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