Streifzüge durch das Abendland - Europa für Anfänger und Fortgeschrittene
u leben, mußte e i n hartes Brot sein. Ein Fehltri tt , und m an w ürde anderthalb T age im freien Fall i n die T iefe s t ürzen. S c hon die Zugfahrt w ar n e rven a ufreibend genug.
Unvorstellbar, daß j e m and i m Angesi c ht dieser L a nds c haft ni c ht übe r w ä l tigt ist. U nd dennoch hat si c h, l a ut K e nne t h Clark, bis zum achtzehnt e n Jah r hundert kaum e i n Re i sender über die Be r g w elt der A lp e n ge ä ußert. Sie sche i n e n sie einfach ni c ht w ah r gen o mmen z u haben. In z w is c hen hat si c h das grundleg e nd geändert. Fünfzig Million e n T ouristen fa l len al l j ährlich über die Alpen her, erfreu e n sich i hrer m aj estätisch e n Sch ö nhe i t und tragen i m s e lben M o m e nt z u ihrer Zerstörung bei. A l l die t ouristis c h e n E i nrichtungen -die Hotels, die Geschäfte, die Restaur a n t s, die Ferienhäuser, die Skipisten, die Skil i fte, die n e u e n S traßen - verändern nicht nur das G e sicht der A lp e n, sie bring e n ihr natürl i ches Glei c hg e w i c ht ins Wanken. 1987 starben nur w e nige K ilometer östlich der Bahn l inie sechz i g Mens c h e n, als das Valtell i n a - T al überflutet w urde und die Wassermassen H ä user und Hotels w i e Streichholzs c ha c hte l n mit s i ch riss e n.
I m gle i chen S o mmer k a m e n bei ein e m Erdru t sch i n der Nähe von Anne c y in Fr a nkrei c h dreiß i g Mens c h e n ums Leb e n. Hätte man nicht ganze Bergh ä nge abg e holzt, um P latz für den T ourismus z u sch a ffen, w äre all das nicht p a ssiert.
Ich saß auf der fals c h e n Sei t e des Zug e s. Vor m ein e m F e nster sah ich ni c hts a ls e ine e ndlose F els w and. Do c h e i ne freundli c he D a me mit Brille, die auf der anderen Seite des Ganges saß, be m e rkte, w ie ich mi c h reckte, um e t w a s v o n der L a nds c haft s e hen zu k ö nn e n, und bot m ir den leer e n P latz ihr gegenüber an. Sie w ar S c h w e i zerin und sprach ausgezei c hnet Engl i sch, so daß w ir s c hn e ll ins P laudern k a m e n. Sie arbeitete als Bankangestellte i n Zürich, w ar gerade zu Besuch bei ihrer Mu t ter in ein e m Dorf bei D o m odossola und befand sich a uf d e m Rü c k w e g v o n e in e m E i nk a ufsbummel in Lo c arno. Es w ar w underbar. Seit Woch e n hatte i c h ke i ne no r male U n t erhaltung mehr g e führt. Ich h a tte f a st verg e ssen, w ie herrli c h es s e in k a nn, Worte aus ein e m Lo c h i n me i n e m Kopf sp r udeln z u l ass e n, und redete und redete. E s dauerte ni c ht lange, und mein G egenüber schli e f f e st, und ich k e hrte w ieder in m e ine kl e ine, s t ille Welt zurü c k.
Sc h w e iz
Über Do m odossola und den Si m plon- P aß erreichte ich Brig so geg e n fünf U hr a m Na c hmitt a g. D ort w ar es dunkler und küh l er als in Italien, und die S traßen w ar e n naß. Ich n a hm e i n Z i mmer i m Hotel Victoria a m Bahnhof und machte m i c h gleich a uf den Weg, um e t w a s Eßbares auf z utreiben, denn seit d e n z w ei Biss e n F eigenbrei a m Mitt a g i n Locarno hatte i c h ni c h t s g e gessen.
In Brig gab es nur deuts c he Kü c he. In der Sch w eiz w eiß man nie, w oran m a n i st. Hä t te man e b en noch me i nen k ö nnen, m a n befände sich i n Itali e n, so spricht z w ei, drei Kil o m e ter w e i ter jeder m a nn Deuts c h oder Französis c h oder eine Mundart des Rätor o manis c h e n. Dörfer verschiedener Sprachg r uppen lieg e n i n der Sch w eiz i n direkter Nachbars c haft - St. Blaise und Erlach, Les D iablerets und Gste i g, Del e m o nt und Lauf e n - und j e näher man der ita l ienis c h e n Grenze k o mmt, desto häuf i ger w iederholt si c h das G anze m i t italien i s c hen N a m e n. Brig g e hörte zum deu t sch e n Sprachr a um.
Ich s t udierte die a usg e hängt e n Spe i sekart e n von se c hs o d er sieben Rest a uran t s und w üns c hte, i c h w üßte, hinter w el c h e n Begriffen sich Leber, Sch w e i nsh a x e n und g e kochte Augä p fel verbarg e n. Dann stand ich unvers e hens vor ein e m Lokal, das si c h Rest a u r ant de la P lace nannte. Was für e i ne nette Überraschung, dachte i c h und trat ein, in d e m Gl a uben, nun z um i ndest ung e fähr z u w iss e n, w a s ich bestellen w ürde. Doch der N a me des Hauses w ar nur ein graus a mer Scherz, denn a u c h hier h a tten sie eine deuts c he Speis e karte.
In ke i ner Sprache kling e n die Speisekart e n so unsch ö n w ie a uf deuts c h. Möchte man ein e n Kaffee mit S
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