Streifzüge durch das Abendland - Europa für Anfänger und Fortgeschrittene
Inn e nstadt waren v o n off e nsi c ht l icher M itte l mäßigkeit, vor all e m das m oderne Eink a ufsviertel. U nd die Kneip e n und Restaur a nts konnt e n sich ni c ht i n G e mütli c hk e it und Gese l ligkeit mit d e nen i n Holl a nd und Belgien messen. Doch k a um st a nd ich ; in der St i lle des D o mh o fes, w ar e n all diese klein e n Un z ulänglichk e iten verg e ss e n. Zuerst g i ng i ch i n die Schat z k a m m er, die die s c hönste Reliqui e ns a mm l ung behe r bergt, die ich j e zu seh e n g e hofft habe. Unter den S c hätzen b e find e n sich die berühmte, lebensgroße Goldbüste von Karl d e m Großen, ein ges c hnitztes T ript y c hon a us d e m sechz e hnten Jahrhundert, das eine Messe v o n P apst Gregor d a rstellt und das ich m e i n L e ben lang betrachten könnte, und viele andere D i nge von außerordentli c her Schönheit und K uns t fert i gkei t .
Die ges a mte Ausstel l ung ver t eilt si c h auf nur drei kle i ne, | schli c hte und spärli c h beleu c htete R ä u m e - aber w a s für eine S a mmlung! Daneben befindet sich die a c hteckige Kapelle, der die Kirche v o n San V i tale i n R a v e nna als V o rbild gedient hat. Eh e ma l s g e hörte sie zu einer S c hloßanl a ge, die i m Z w e i ten Weltkri e g n a he z u vollständ i g zerstört w urde. Die Kapelle ist kle i n und dunkel, aber w underschön mit ihr e m Kuppeldach, d e n S treif e n a us verschiedenfarbig e m Ma r m or und den prächt i g e n Bun t gl a sf e nstern. Sogar zu Zei t en Karls des Großen muß sie o ft überfüllt g e w e sen se i n, denn m e hr als e t w a hundert Mensch e n passen ni c ht hin e in, aber j eder Zent i me t er ist eine Augen w e ide. Die Kapelle ist eines di e ser Bau w erke, die man si c h nicht so sehr a nsch a ut, a l s v i e l m e hr darin badet. Ich w ür d e m org e n nach A a c h e n f a hren, um sie wiederzuseh e n.
Nach d e m Besu c h i m Aach e ner Münster ma c hte si c h me i n lädierter Knöchel w i eder be m e r kbar, und i c h k o nnte me i n e n Stad t rundg a ng nur i m S c hneck e nt e mpo fortsetzen. Ich sah mir d e n großen, kopfste i ngepfl a stert e n Mark t platz an und hu m pelte z u ein e m überna t ürlich friedli c h w irk e nden Wohnviertel a m L o us b erg P ark. Die Vorstel l ung, daß diese a ng e n e h m e P rovinzstadt e i nst eine der bedeutendst e n S tädte Europas w ar, der Sitz des Heil i g e n Römis c hen Re i ches, die Hauptstadt Karls des Großen, w ar sch o n sond e rbar. Ein oder z w ei T age später sch l ug ich in G i lberts G e schichte des Z w eit e n Weltkriegs nach und erfuhr, daß A ach e n als erste deutsche Stadt 1944 an die A lliierten gefallen w ar. D e m w aren si e bentäg i ge Straßenk ä mpfe vorausg e gangen, in deren Verl a uf fast die ganze Stadt in Schutt und A s c he g e legt w ord e n w ar. Wer die Stadt heute sieht, w ird das k a um für m ö gl i ch halt e n.
Am A b e nd begab ich mi c h auf die Su c he nach ein e m Restaurant. Das kann in D e uts c hl a nd zu e in e m P roblem w erden, d e nn e s best e ht i mmer die Mögli c hke i t, daß plötzlich drei Jungs in L e derhosen auftau c h e n und eine P olka zum besten geben. M a n muß a l so vorsich t shalber durch die Fenster sch a uen und eing e hend den Wirt befragen, um sicher z uste l len, daß nicht um P unkt halb n e un Wi l li und die B a y e r n- B ursch e n e i ne kleine B ühne erklettern. Es gibt n ä mlich nichts S c hl i mmeres, als gerade i m Begriff zu se i n, kräft i g zuzulangen, ein gut e s Bu c h a ufg e schl a g e n neben sich, und sich dann unvers e h e ns von rotbäck i g e n D e uts c h e n umr i ngt zu s e hen, die Maßkrüge s c h w e nk e n und aus voller K e hle das » Horst Wessel Lie d « schmette r n. Nach d e m Kri e g hätte m a n die Deuts c hen i m Rahm e n des Waff e nstil l standsa b k o mmens verpfli c ht e n müss e n, zus a mmen mit i hren Waff e n au c h i hre Akkordeons niederzul e gen.
Ich s t udierte die neben den T üren ausg e hängt e n Spe i s e karten v o n sechs oder acht Restaur a n t s, stieß aber nur auf so ominöse ge r m a nis c he Geri c hte w ie Sch w e i nes c hnauze mit S p ucke und Grütze, g e fü l lte Sch a fsdä r me und dergleich e n m e hr. Ve r m u t lich verbergen si c h dahinter g a nz schma c khafte, w ah r sche i n l ich sogar köstli c he Speis e n, aber m i c h überk o mmt ste t s die quälende A ngst, ich könnte a us Vers e hen et w a s bestell e n, das si c h dann a l s e i n da
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