Streit Ist Auch Keine Loesung
gerade heftig auseinandersetzen. Und doch führen wir uns und den anderen an der Nase herum. Wir täuschen uns selbst und auch den Partner über die wahren Gründe.
Wenn wir streiten, dann tun wir das bevorzugt über das Offensichtliche. Wir streiten über das, was in unser Bewusstsein gerät. Eine offene Zahnpastatube ist deutlich sichtbar. Der eigentliche Streitgrund kann aber tiefer verborgen liegen. In einem verletzenden Wort des anderen zum Beispiel.
Wir streiten mit Vorliebe über das Offensichtliche.
Oder wir streiten uns über die Tatsache, dass unser Partner im Urlaub nicht mit uns schnorcheln gehen will. Und dabei „vergessen“ wir, dass wir uns in letzter Zeit oft vernachlässigt gefühlt haben. Weil der Partner selten Zeit hatte. Weil er nur mit einem Ohr zuhörte, wenn wir ihm etwas erzählen wollten. Der Streit über die Zahnpastatube oder über die entgangenen Urlaubsfreuden ist möglicherweise also ein klassischer Stellvertreterstreit. Die wahre Unzufriedenheit liegt ganz woanders.
Es ist wie bei einem Puppenspiel: Die Kinder starren auf die handelnden Marionetten, die sich kunstvoll über die Bühne bewegen. Sie freuen sich, wenn das Gute siegt und der Held endlich, endlich die schöne Prinzessin für sich gewinnen kann. Alles ist so spannend und erscheint so wirklich. Und doch werden alle diese Figuren an unsichtbaren Fäden geführt.
Wer also hält die Fäden in der Hand? Was sind die Hintergründe, die den Streit über Alltägliches nähren, ihn befeuern und die sich doch allzu oft verstecken? Wenn wir das wissen, haben wir den Schlüssel für eine grundlegende Verbesserung unserer Partnerschaft in der Hand.
Wahre Hintergründe für den Streit über den Samstagsplan
Auch Ines und Markus werden bei ihrem Schallplattenstreit über den ungeliebten Samstagsplan von unerkannten Fäden bewegt. Es sind die Macht und die Kraft dieser Fäden, die dazu führen, dass aus den gegensätzlichen Herangehensweisen der beiden dann und wann ein ernsthafter Streit wird. Keine Frage, die beiden haben eine unterschiedliche Gangart, wobei jeder die seine natürlich für besser und für normal hält. Auffällig ist aber ein interessantes Detail: Nur an ganz wenigen der immerhin 52 Samstage des Jahres geraten Ines und Markus aneinander. Und nur ein einziges Mal entwickelt sich das zum Fiasko.
Gegensätze schaukeln sich nur manchmal hoch.
Stellt sich die Frage: Warum gelingt es den beiden an so vielen Wochenenden, ohne jeden Streit durch den Samstag zu kommen – trotz ihrer gegensätzlichen Herangehensweise? Und warum schaukeln sich ihre Gegensätze manchmal unerwartet zum Streit hoch?
So hat Ines noch nie über den Schallplattenstreit nachgedacht. Sie hat registriert, dass es hin und wieder in dieser Frage rumst. Aber warum es so oft gut geht und manchmal dann leider nicht – diese Frage hat sie sich noch nie gestellt.
Ines’ Augen leuchten, als sie die Antwort findet: „Es ist das Gespräch! Wenn wir ein oder zwei Wochen lang wenig Zeit hatten, miteinander zu reden, wird es schwierig. Dann kommt es zum Streit.“
Sehen Sie, da haben wir ihn schon, den ersten Übeltäter, der aus dem Hintergrund der Bühnenverkleidung heimlich und still die Fäden der Marionetten vorne auf der Bühne bewegt und auf diese Weise aus harmlosen Gegensätzen oder kleinen alltäglichen Missgeschicken einen stattlichen Streit machen kann. Es ist der Mangel an Gesprächin einer Beziehung.
StreitgrundNr. 1: Zu wenig Zeit für ein Gespräch
Das gute Gespräch ist das wichtigste Element einer glücklichen Partnerschaft. Ich weiß, in vielen Ratgebern werden Sie etwas anderes lesen. Die einen behaupten, die Sexualität sei das Wichtigste, die nächsten sagen, ein Paar müsse gemeinsam etwas unternehmen, um seine Beziehung lebendig zu erhalten. Und wieder andere betonen, dass Sie sich mit romantischen Essenseinladungen bei Kerzenschein überraschen müssen. Hollywood lässt grüßen.
Eine Partnerschaft ist ein lebenslanges Gespräch.
Ich habe nichts gegen leidenschaftliche Sexualität, gegen gemeinsame Unternehmungen eines Paares oder gegen romantische Überraschungen. Die Stabilität einer Beziehung beruht aber auf einem anderen Element: Sie beruht auf dem guten Gespräch. Eine Partnerschaft ist ein lebenslanges Gespräch, hat der Philosoph Friedrich Nietzsche einmal gesagt. Wie recht er damit hat! Das Gespräch, das gute, das zugewandte, das interessante und interessierte Gespräch ist der Kern einer jeden
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