Streng vertraulich Kommissar Morry
lachen sollte. Ausgerechnet Detektiv! Wollte er sie zum Narren halten?
„Privatdetektiv?“ fragte sie.
„Nein — ich bin Leutnant und arbeite bei der New Yorker Polizei.“
„Erstaunlich“, sagte Dinah.
„Was ist daran so ungewöhnlich?“
„Die Tatsache, daß Sie sich eine Hütte leisten können, die Sie nur im Urlaub benutzen.“
Brown lachte. „Sie haben recht, von meinem mickrigen Gehalt könnte ich mir das nicht leisten — aber ich habe kürzlich eine Tante beerbt, und davon —.“
„Schon gut“, unterbrach Dinah, der es plötzlich peinlich war, so detaillierte Fragen gestellt zu haben, und sie sich überdies mit den vollen Lebensmitteltüten im Arm ziemlich lächerlich vorkam, „Sie brauchen mir nicht Ihre ganze Lebensgeschichte zu erzählen.“
Brown fing den Blick auf, den Dinah den Tüten schenkte. Er sagte: „Darf ich mir erlauben, Ihnen die Beutel abzunehmen und ins Haus zu bringen? Ich müßte Sie allerdings bitten, voranzugehen und die Tür zu öffnen.“
Dinah überließ ihm die Tüten und stieg die Treppe zur Veranda hinauf. Ihr fiel ein, daß sie dem Mann in dieser Wildnis hilflos ausgeliefert war. Wenn er sie angriff, würde ihr nicht einmal lautes Schreien helfen. Ich muß in die Hütte gelangen, sagte sie sich. Dort steht mein Jagdgewehr. Wenn ich mich unmittelbar daneben hinsetze, kann mir nichts passieren. Bevor sie die Tür aufschloß, fand sie Gelegenheit, einen Blick auf Browns Füße zu werfen. Da er Gummistiefel trug, ließ sich seine Schuhnummer nur schwer bestimmen; es schien Dinah allerdings so, als seien seine Füße um einige Nummern größer als der Abdruck, den sie am Morgen in unmittelbarer Hüttennähe gefunden hatte.
„Sind Sie zu Fuß gekommen?“ fragte Brown.
„Bin ich auch nicht. Mein Wagen ist sauer geworden. Er steht etwa dreihundert Meter von hier entfernt.“
„Wenn Sie mir erlauben, kümmere ich mich darum“, meinte Brown und stellte die Tüten auf dem Tisch ab. Dann schaute er sich in dem Raum um und pfiff durch die Zähne. „Donnerwetter — Sie leben hier ja wie eine Prinzessin!“
„ Warum sollte ich hier draußen auf den notwendigen Komfort verzichten?“ fragte Dinah.
„Sie haben ja sogar eine Klimaanlage!“
„Hm.“
„Eis muß eine Menge Geld gekostet haben, die Lichtleitung in diese Wildnis zu legen — in meiner Hütte gibt es keinen Strom.“
„Möchten Sie etwas trinken?“
„Gern — aber keinen Alkohol, bitte.“
„Einen Fruchtsaft vielleicht?“
„Ich will Ihnen keine Umstände machen.“
„Ach was, das kostet doch keine Mühe.“ Dinah ging in die Küche. Sie kam mit zwei gefüllten Gläsern Grapfruitsaft zurück. „Setzen Sie sich doch!“
Sie gab ihm das Glas und nahm dann neben dem Jagdgewehr Platz, das an der Wand lehnte. Brown ließ sich am Tisch nieder. Sie tranken.
„Wo ist denn Ihr Freund?“ fragte Brown plötzlich.
„Mein Freund?“ echote Dinah verblüfft.
„Ich dachte, ich hätte ihn gesehen.“
„Wann?“
„Als ich zur Hütte kam. Aber dann war er plötzlich verschwunden.“
„Dann ist es doch wahr!“ sagte Dinah leise.
„Was ist wahr?“
„Daß man mich verfolgt!“
Brown hob erstaunt das Kinn. „Was sagen Sie da?“
Dinah lächelte gequält. „Ich weiß, es klingt verrückt — aber ich habe seit zwei Tagen das Gefühl, daß man mich beobachtet, daß ich verfolgt werde. Heute Nacht ist jemand um die Hütte geschlichen. Erst dachte ich, es sei ein Tier — aber heute morgen sah ich einen Fußabdruck in dem weichen Boden —- den Abdruck eines Schuhes.“
Brown machte ein ernstes Gesicht. „Das ist merkwürdig“, sagte er. „Haben Sie irgendwelche Wertsachen hier draußen?“
„Nein — nur ein bißchen Geld, um das Nötige kaufen zu können.“
„Wieviel?“
Dinah zögerte. War das nicht nur ein Trick? Wollte der Mann erfahren, ob sich ein Überfall lohnte ?
Brown lachte plötzlich. „Sie trauen mir noch immer nicht über den Weg“, stellte er fest. „Das kann ich gut verstehen.“
„So?“
„Natürlich — vor allem im Licht der Tatsache, daß Sie sich verfolgt fühlen!“ Er faßte in seine Gesäßtasche und brachte ein Lederetui hervor, das er auf klappte. „Mein Ausweis!“ Er stand auf und übergab ihn Dinah.
Das Mädchen stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. „Verzeihen Sie, bitte — aber ich bin wirklich ganz durchgedreht! Ich habe mich tatsächlich allen Ernstes gefragt, ob Sie Brown heißen und Detektiv sind.“ Sie gab ihm den Ausweis
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