Streng vertraulich
zum Teufel man wieder da unten landen konnte, und hat dabei das bestimmte, wenn auch idiotische Gefühl, der Hügel selbst habe einen abgeschüttelt.
Für einen Snob ist es eine herrliche Gegend. Die Häuser sind aus wunderschönem rotem Backstein. Die Parkplätze werden von der Bostoner Polizei bewacht. Die kleinen Cafes und Geschäfte werden von gebieterischen Inhabern geführt, die schnell die Türen zuschließen, wenn jemand Unbekanntes aussieht, als wolle er eintreten. Und wenn man seinem Gast nicht persönlich eine Wegbeschreibung gemalt hat, findet er einen nie.
Ich blickte in den Rückspiegel, als ich über die Kuppe des Hügels fuhr: Hinter mir schaute die goldene Kuppel des State House zwischen der schmiedeeisernen Umzäunung eines Dachgartens hervor. Zwei Häuserblöcke hinter mir fuhr ein Auto im Schrittempo; der Kopf des Fahrers wandte sich nach links und rechts, als suche er nach einer Adresse.
Ich bog links in die Joy Street ein und rollte die vier Blöcke bis zur Cambridge Street hinunter. Als die Ampel Grün zeigte und ich die Kreuzung überquerte, sah ich, daß das Auto hinter mir den Hügel herunterkam. Am Ende der Joy Street erschien ein weiteres Auto - ein Kombi mit kaputter Gepäckhalterung auf dem Dach. Ich konnte den Fahrer nicht sehen, wußte aber, daß es Angie war. Sie hatte den Dachgepäckträger eines Morgens mit einem Hammer traktiert und sich dabei vorgestellt, das dünne Metall wäre Phil.
Ich bog links ab in die Cambridge Street und fuhr ein paar Blöcke weiter bis zur Charles Plaza. Dort fuhr ich auf einen Parkplatz, zog mir an der Schranke ein Parkticket - nur drei Dollar für eine halbe Stunde, ein Schnäppchen! - und kurvte über den Parkplatz, bis ich vor dem Holiday Inn stand. Ich betrat das Hotel, als hätte ich dort zu tun, ging rechts an der Rezeption vorbei und fuhr mit dem Fahrstuhl in den dritten Stock. Ich ging den Flur hinunter, bis ich ein Fenster fand, aus dem ich auf den Parkplatz gucken konnte.
Blaumütze trug heute keine blaue Mütze. Er hatte eine weiße Fahrradkappe auf, deren Schirm hochgestellt war. Die durchgehende Sonnenbrille trug er noch immer, dazu ein weißes T-Shirt und eine schwarze Jogginghose. Er stand neben seinem Auto, einem weißen Nissan Pulsar mit schwarzen Rallyestreifen, und stützte sich auf die geöffnete Tür, während er sich überlegte, ob er mir folgen sollte oder nicht. Aus diesem Winkel und dieser Entfernung konnte ich das Autokennzeichen nicht entziffern und sein Alter nur schätzen, aber ich würde sagen, er war zwischen zwanzig und fünfundzwanzig. Er war groß, eins fünfundachtzig ungefähr, und sah aus, als könnte er mit einem Heimtrainer umgehen.
Auf der Cambridge Street wartete Angies Auto in zweiter Reihe.
Ich sah wieder zu Blaumütze hinüber. Länger brauchte ich nicht zu warten. Entweder folgte er mir ins Hotel oder nicht. So oder so machte es keinen großen Unterschied.
Ich ging die Treppen hinunter in den Keller, öffnete eine Tür zur Lieferantenzufahrt, auf der es nach Auspuffgasen roch, und sprang von der Rampe. Dann ging ich an einem Abfallcontainer vorbei, aus dem der Geruch von langsam verderbendem Obst quoll, und lief bis zur Blossom Street. Ich ließ mir Zeit, doch bevor ich mich versah, war ich schon wieder auf der Cambridge Street.
Überall in Boston, an Orten, wo man es nie vermuten würde, gibt es Garagen. Das entschädigt zwar nicht für eine Stadt, die genausowenig Parkplätze hat wie Moskau Toilettenpapier, aber wenigstens sind die Mieten exorbitant. Ich betrat eine Garage zwischen einem Frisör und einem Blumenladen, ging zur Parkbucht Nummer 18 und nahm den Schonbezug von meinem Baby.
Jeder Junge braucht ein Spielzeug. Meins ist ein Porsche Roadster Cabrio von 1959. Er ist königsblau und hat ein Lenkrad aus Holz und ein doppelt verschaltes Cockpit. Stimmt, das Wort Cockpit benutzt man eigentlich nur im Zusammenhang mit Flugzeugen, aber wenn ich die Maschine auf zweihundertzwanzig oder so hochjage, habe ich das Gefühl, daß ich jeden Augenblick abhebe. Die Innenausstattung ist aus wertvollem weißem Leder. Der Kupplungshebel glänzt wie poliertes Zinn. Auf der Hupe prangt ein sich aufbäumendes Pferd. Ich werkle mehr an dem Auto herum, als daß ich es fahre, am Wochenende verhätschele ich es, indem ich es poliere und Teile auswechsle. Ich bin stolz darauf, daß ich noch nicht soweit bin, ihm einen Namen zu geben, aber Angie sagt, das liegt nur daran, weil ich sowenig Phantasie habe.
Bei der ersten
Weitere Kostenlose Bücher