Streng vertraulich
Rücken. Nicht ganz so heftig, daß Phil vornüber geflogen wäre, aber fast. »Geht es Ihnen jetzt besser?« erkundigte er sich.
Phil drehte den Kopf und sah Angie an. »Fotze«, sagte er zu ihr.
Niemand hielt sie zurück, weil es keiner wollte. In zwei Schritten überquerte sie die Treppe, Oscar wich ihr aus, und Phil bekam den Arm gar nicht mehr hoch, bevor sie ihm eine gegen die Schläfe verpaßte. Dann trat Oscar wieder vor und zog sie zurück. Sie warnte ihren Mann: »Phillip, wenn du jemals wieder in meine Nähe kommst, bring’ ich dich um.«
Phil hielt sich die Hand an die Schläfe und sah aus, als würde er jeden Moment in Tränen ausbrechen: »Das habt ihr gesehen!«
Oscar fragte: »Was denn?«
Devin riet Phil: »Ich würde die Lady beim Wort nehmen, Phillip. Sie besitzt eine Waffe und einen Waffenschein, soweit ich weiß. Eigentlich ist es ein Wunder, daß Sie immer noch leben.«
Oscar ließ Angie los, und sie kam zu Devin und mir hinüber. Einen Moment lang dachte ich, ich sähe Qualm aus ihren Ohren kommen. Oscar erkundigte sich erneut: »Also, wollen Sie sie anzeigen oder nicht, Phillip?«
Phil dachte kurz drüber nach. Dachte an die Kneipen, in denen er sich nicht mehr blicken lassen könnte. In dieser Gegend bestimmt alle. Dachte an die Pfiffe und Schwulenwitze, die ihn bis ins Grab begleiten würden, an die BHs und Höschen, die regelmäßig in seinem Briefkasten auftauchen würden. »Nein, ich zeige sie nicht an«, sagte er.
Oscar tätschelte ihm die Wange. »Sie sind ein echter Kerl, Phillip.«
Der junge Bulle kam mit Angies Koffer in der Hand aus dem Haus und setzte ihn vor ihr ab.
»Vielen Dank«, sagte sie.
Wir vernahmen ein Geräusch, als schleckte eine Katze Milch, und als wir uns umdrehten, hatte Phil die Hände vors Gesicht geschlagen und weinte.
Angie warf ihm einen so vernichtend bösen Blick zu, daß die Temperatur auf der Eingangstreppe um zehn Grad sank. Dann nahm sie ihren Koffer und ging zu Devins Auto.
Oscar schlug Phil auf den Rücken, worauf er den Kopf aus den Händen hob. Er blickte in Oscars großes Gesicht, der zu ihm sagte: »Wenn ihr irgendwas zustößt, solange ich und er am Leben sind«, er wies auf Devin, »ich meine, wenn sie vom Blitz getroffen wird oder mit dem Flugzeug abstürzt oder sich einen Fingernagel abbricht, irgendwas, ja, dann kommen wir beide zum Spielen vorbei, Phillip. Ist das klar?«
Phil nickte, dann kehrten seine Zuckungen zurück, und er fing wieder an zu schluchzen. Er schlug mit den Fäusten gegen das Geländer, riß sich dann zusammen und sah mich an.
»Bubba vermißt dich echt, Phil«, teilte ich ihm mit.
Er fing an zu zittern.
Ich ging die Treppenstufen hinunter, und Devin sagte: »Hey, Phil, Scheiße, wenn man’s zurückkriegt, oder?«
Phil drehte sich um und übergab sich noch mal. Wir gingen zu Devins Auto, und ich setzte mich mit Angie auf die Rückbank. Camaros besitzen hinten so viel Beinfreiheit, daß sich dort nur ein Zwerg ausstrecken kann, aber heute nacht war mir das gerade recht. Devin fuhr los und sah Angie ein paarmal im Rückspiegel an. »Über Geschmack läßt sich streiten, was?«
Oscar drehte sich zu Angie um. »Da wird einem schwindlig. Da wird einem echt schwindlig.«
29_____
Devin erklärte: »Socia hat den Krieg verloren. Er ist seit zwei Tagen untergetaucht, die Hälfte seiner Leute sind zu den Avengers übergelaufen. Hat keiner mit gerechnet, daß Roland so ein Taktiker ist.« Er drehte sich zu uns um. »Marion wird das Wochenende nicht überleben. Glück gehabt, was?«
»Yeah«, erwiderte ich und dachte, bleibt immer noch
Roland.
»Ich aber nicht«, fügte er hinzu. »Hab’ hundert Mäuse
verloren.«
Oscar schlug vor: »Du hättest auf Roland setzen sollen.« »Das sagst du mir jetzt.«
Sie ließen uns bei meiner Wohnung raus. Oscar informierte
uns: »Alle fünfzehn Minuten lassen wir einen Streifenwagen
um den Block fahren. Keine Sorge.«
Wir verabschiedeten uns und gingen zu meiner Wohnung
hoch. Auf dem Anrufbeantworter waren acht Nachrichten, die
ich jedoch ignorierte. »Kaffee oder Bier?« fragte ich Angie. »Kaffee«, erwiderte sie.
Ich häufte ein paar Löffel in den Filter und stellte die
Kaffeemaschine an. Dann nahm ich ein Bier aus dem
Kühlschrank und ging zurück ins Wohnzimmer. Sie hatte sich
in einer Ecke der Couch zusammengerollt und sah kleiner aus
als je zuvor. Ich setzte mich ihr gegenüber in einen Sessel und
wartete. Sie stellte den Aschenbecher auf ihren Oberschenkel
und zündete sich mit
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