Striptease: Roman (German Edition)
wie sie die Hand ausstreckte und einen Klumpen unter der Bettdecke berührte – seinen linken Fuß. Paul Guber stellte zu seiner Freude fest, daß er nicht paralysiert war.
Mordecai sagte: »Ihre Freunde haben mir erzählt, was passiert ist. Um ganz ehrlich zu sein, ich war entsetzt. In was für einer Welt leben wir eigentlich.«
Paul Guber blinzelte heftig, um seine Sehkraft zu verbessern.
»Sie haben Glück, daß Sie noch am Leben sind«, vertraute Mordecai ihm an.
Paul war sich nicht so sicher. Er fragte sich, was Richard und die anderen Joyce über die Junggesellenparty erzählt hatten. Das Erscheinen eines Anwalts in seinem Krankenzimmer ließ ihn mit dem Schlimmsten rechnen.
Er öffnete den Mund, um sich schon mal provisorisch zu verteidigen, aber Mordecai bremste ihn mit einer hochgehaltenen schlaffen rosigen Hand. »Es wäre besser, Sie würden nicht reden«, sagte er und grinste wie ein Wolf.
Zum besseren Verständnis lieferte Joyce nun eine Erklärung. »Mordecai ist mein Cousin. Onkel Dans ältester Sohn – du kennst Onkel Dan. Ich habe ihn sofort angerufen, nachdem ich gehört hatte, was geschehen war.«
Sie schien nicht im Traum an Mord zu denken. Paul Guber war erleichtert, aber wachsam.
Mordecai ergriff wieder das Wort. »Wahrscheinlich erinnern Sie sich nicht mehr an sehr viel. Das war auch zu erwarten.«
Aber Paul erinnerte sich an alles. Joyce tätschelte seine Schienbeine unter der Bettdecke. »O Paul«, seufzte sie. »Ich kann noch gar nicht fassen, daß so etwas passieren konnte.«
»In meinem Gewerbe«, sagte Mordecai, »nennt man so etwas grobe Fahrlässigkeit.«
Paul hustete. Es fühlte sich an, als habe jemand seine Kehle mit einer Käsereibe bearbeitet.
»Versuchen Sie, nicht zu sprechen«, riet der Anwalt ihm erneut. »Sie wurden brutal verprügelt, was zu körperlichen und seelischen Schäden führte. Dauernden Schäden als Folge grober Fahrlässigkeit.«
Die Worte kamen wie aus einem Tunnel, aber Paul begriff in etwa den Grundgedanken. Der Anwalt war ganz wild darauf, jemanden zu verklagen. Paul wollte dieses Vorhaben schon im Keim ersticken – ein längerer Rechtsstreit gegen einen Stripteaseladen würde weder seinem Arbeitgeber noch seinen zukünftigen Schwiegereltern gefallen.
»Uns interessiert nicht, wer es getan hat«, sagte Mordecai nun. »Vielmehr interessieren wir uns dafür, wie es überhaupt dazu hat kommen können. Wir suchen nach dem oder der Verantwortlichen. Wir wollen eine Wiedergutmachung in einer Höhe, die kein simpler Straßenräuber zusammenkratzen könnte.«
Joyce kam nun zum Kopfende des Bettes und begann Pauls Stirn zu streicheln. »Jemand muß dafür bezahlen«, sagte sie leise.
Mordecai deutete schnell die weiteren Schritte an. »Sie sind nicht die einzige geschädigte Partei, Mr. Guber. Die Absage einer Hochzeit ist ein schreckliches Ereignis für alle Beteiligten. Ich denke zum Beispiel an die Braut.«
»All die gedruckten Einladungen«, zählte Joyce auf. »Die Musiker, die Blumenlieferanten, die Kaution für den Festsaal. Das Hyatt ist nicht gerade billig.«
Paul schloß die Augen. Vielleicht war alles nur ein Traum. Vielleicht gab es gar keine nackte Frau, die zu Van Morrison tanzte.
Der Anwalt fuhr fort: »Ich traute meinen Ohren kaum, als Ihr Freund Richard die Begleitumstände beschrieb. Auf dem Gelände einer Synagoge überfallen zu werden!«
Paul stöhnte innerlich.
»Keine Sorge, wir werden einen Prozeß vorbereiten«, versprach Mordecai. »Sie können sich darauf verlassen.« Er hob die Aktenmappe hoch, als stecke in ihr irgendeine geheimnisvolle Macht.
»Ngh...«, sagte Paul, aber Joyce legte zwei Finger auf seine Lippen.
»Ruh dich jetzt aus«, flüsterte sie. »Wir kommen später noch mal her.«
»Und kein Wort zu irgend jemandem«, warnte Mordecai der Anwalt. »In meinem Gewerbe ist ein hilfloser Klient immer der beste Klient.«
Paul Guber spürte einen Stich in seinem Arm, und er schlug die Augen auf und sah eine wunderschöne Krankenschwester, die ihm irgendwelche Medikamente injizierte. Er war ihr dafür so dankbar, daß er sie auf der Stelle hätte mitten auf den Mund küssen können.
Erins Mutter lebte mit ihrem fünften Ehemann in Kalifornien. Alle zwei Wochen schrieb sie Erin einen Brief – ausführliche Beschreibungen von Einkaufsorgien. Stets schlossen die Briefe mit der Bitte: »Gib den furchtbaren Job auf! Verlaß diesen schrecklichen Ort! Komm und wohne bei uns!«
Erins Mutter hielt nichts vom
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