Striptease: Roman (German Edition)
Fremden erfüllte sie mit Trauer und Sorge.
»Ich bin auch allein«, sagte Killian.
»Fangen Sie nicht an zu phantasieren.«
»Sie haben recht, Erin. Es tut mir leid.« Er stand auf und wischte sich den Schmutz von den Hosenbeinen. »Ich habe an diesem Plan gearbeitet und mache Fortschritte. Geben Sie mir nur eine Woche, und Sie haben einen neuen Gerichtstermin. Und Sie werden feststellen, daß der Richter dem Fall sehr viel aufgeschlossener gegenübersteht.«
Er beugte sich vor, um ihr die Hand zu küssen, als Shad ihn von der Seite rammte. Das Ganze war wohl kaum als Handgemenge zu bezeichnen, da Killian sich nicht wehrte. Er schien völlig zu erschlaffen. Als seine Brille davonflog, trat ein verträumter Ausdruck in sein Gesicht.
Erin bat Shad, ihm nicht weh zu tun.
»Warum nicht?«
Killian lag ausgestreckt auf dem feuchten Asphalt. Als er den Kopf hob, klebten lächerlicherweise einige Kiesel an seiner Wange. »Ich stehe zu meinem Wort«, sagte er mit undeutlicher Stimme.
Shad schien ihn mit dem Zeigefinger durchbohren zu wollen. »Komm ja nicht wieder her, du kleiner Scheißer.«
»Sprechen Sie als Vertreter der Geschäftsleitung?« wollte Killian wissen.
Shad setzte einen Schuh der Größe siebenundvierzig auf seinen Hals.
»Sei vorsichtig«, bat Erin noch einmal.
»Es ist so verlockend.«
»Aber ich liebe sie«, krächzte Killian. »Ich bin wahnsinnig vor Liebe.«
Shad schüttelte den Kopf. »Du übertreibst«, sagte er zu Killian. »Aber du hast einen guten Geschmack.«
»Unterschätzen Sie mich nicht. Ich bin nicht ohne Einfluß.«
Shad sah zu Erin, die die Achseln zuckte.
»Werden Sie meine Frau«, rief Killian.
Shad bückte sich und packte ihn am Kragen. »Das reicht jetzt«, sagte er.
Erin startete den Wagen. Shad ließ Killian nicht aufstehen, bis sie losgefahren war.
Am nächsten Abend verkündete Monique Sr. in der Garderobe, daß Carl Perkins an Tisch sieben sitze.
Erin, die gerade einen Absatz ihrer Stöckelschuhe reparierte, blickte auf. »Carl Perkins, der Gitarrist?«
Monique Sr. strahlte. »Gibt es denn noch einen anderen?« Sie entdeckte regelmäßig Prominente im Publikum. Am vorangegangenen Dienstag war es William Kunstler, der berühmte Anwalt, gewesen. In der Woche davor Martin Balsam, der Filmschauspieler.
Ihre Entdeckungen entsprangen ihrer Phantasie, aber keine der anderen Tänzerinnen nahm daran Anstoß. Jede von ihnen hatte einen ganz persönlichen Trick der Selbstmotivierung, um auf die Bühne zu gehen, wenn die Musik begann. Monique Sr. gewann ihre Inspiration aus dem Glauben, daß irgendeine Berühmtheit sich im Club aufhielt, jemand, der von ihren Posen beeindruckt war, der sie aus dem Club entführte und ihrem Leben eine völlig andere Wendung gab. Erin fand, daß es von Monique Sr. recht clever war, sich Persönlichkeiten auszusuchen, deren Namen vage bekannt, deren Gesichter jedoch nicht jedem präsent waren. Carl Perkins, zum Beispiel, war eine geradezu geniale Idee. In den rauchgeschwängerten und von bläulichen Schatten erfüllten Nischen des Eager Beaver waren mindestens ein Dutzend Gäste dem legendären Musiker ähnlich. Es war eine absolut kugelsichere Phantasie.
»Old Carl hat mir vierzig Bucks zugesteckt«, erzählte Monique Sr. nun. »Nicht, daß er sich das nicht leisten kann. Er hat nur ›Blue Suede Shoes‹ geschrieben.«
»Ein toller Song«, sagte Erin und klopfte den neuen Absatz fest. Monique Sr. war in Sachen Rock’n’ Roll ein wandelndes Lexikon.
Ohne anzuklopfen betrat Shad die Garderobe. Er reichte Erin einen zerknitterten Briefumschlag, der eine Aufschrift in roter Tinte trug. Es war ihr letzter Brief an Angela, der als nicht zustellbar zurückgeschickt worden war.
Urbana Sprawl seufzte: »O nein!«
Erin zerknüllte den Brief voller Verbitterung. Dieses Schwein Darrell hatte es schon wieder getan – er war umgezogen, ohne es ihr mitzuteilen. Und er hatte Angie mitgenommen.
»Keine Nachsendeadresse?« fragte Monique Sr.
Erin fluchte. Dieser Mann war ein abscheuliches Arschloch. Wie hatte sie jemals für ihn etwas übrig haben können?
»Nimm dir den Abend frei«, riet Shad ihr.
»Das kann ich nicht.« Erin holte ihren Lippenstift und ihre Haarbürste heraus und machte sich vor dem Spiegel ans Werk. »Tanzen, tanzen, tanzen«, murmelte sie leise.
Monique Sr. hatte fiktive Berühmtheiten, die sie motivierten, Erin hatte Darrell Grant. Der Scheidungsrichter hatte ihm befohlen, sich nicht aus dem Staub zu machen, aber
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