Striptease: Roman (German Edition)
gemacht«, sagte er zu Orly.
»Außerdem hat mein Bruder Probleme mit dem Finanzamt. Vielleicht kennen Sie dort jemanden.«
Nichts ist so einfach, wie es sich auf den ersten Blick darstellt, dachte Moldowsky. »Ich kann Ihnen keine Wunder versprechen«, sagte er. »Aber ich führe ein paar Telefongespräche.«
Orly bedankte sich und fügte hinzu: »Ich habe nicht vor, diesem Killian irgendwelche Schwierigkeiten zu machen. Ich versuche viel eher, ihm die zu ersparen. Mein Mann, Shad, ist sauer genug, um den Wichser völlig fertigzumachen.«
Moldowsky nickte. »Mr. Killian wird sich nicht mehr blikken lassen.«
»Wie Sie meinen.«
Orly fragte nicht nach Einzelheiten. Und Moldowsky hatte nicht die Absicht, sie ihm zu schildern.
4. KAPITEL
Darrell Grant wohnte schon seit längerer Zeit in einem Vorort namens Lauderhill, wo es eine außerordentlich breite Palette von heruntergekommenen Apartments gab. Er hatte ein möbliertes Doppelhaus in einer Sackgasse gemietet, in der in jedem Vorgarten ausnahmslos ein Schrottauto auf Ziegelsteinen aufgebockt war. Erin fragte sich, ob dies vielleicht eine allgemeine Bauvorschrift war.
Vor Darrell Grants Wohnung stand ein verrosteter Buick Riviera, aus dessen Armaturenbrett ein Holunderbusch herauswuchs. Das Nummernschild verriet, daß der Wagen dort schon seit 1982 ruhte, lange vor Darrell Grants Ankunft. Weshalb niemand ihn entfernt hatte, war klar: Abschleppwagen kosteten Geld.
Die andere Hälfte von Darrells tristem Doppelhaus wurde von zwei jungen mormonischen Missionaren bewohnt, die Erin höflich grüßten, als sie sich auf dem Bürgersteig näherte. Die Missionare schmierten gerade in Vorbereitung einer weiteren Rundreise unter den Sündern Südfloridas ihre Fahrräder. Erin bewunderte ihre Hingabe und Entschlossenheit; Südflorida war eine heikle Gegend für Bekehrungsarbeit.
»Haben Sie Mr. Grant heute schon gesehen?« erkundigte sie sich.
Die Missionare verneinten, Mr. Grant sei schon seit ungefähr einer Woche nicht mehr da. Erin wahrte Haltung und klopfte. Darrell hatte Aluminiumfolie auf die vorderen Fenster geklebt, so daß Erin nicht ins Haus spähen konnte. Als sie sich anschickte, zur Rückseite des Hauses zu gehen, warnte sie einer der Mormonen, sie solle sich in acht nehmen, der Hinterhof sei voller Rollstuhlteile.
Erin folgte vorsichtig einem Hindernisparcours durch vor sich hin rostende Radfelgen, lose Speichen, Bremsen, Rahmen und Fußrasten. Das Rollstuhl-Diebstahl-Geschäft mußte für Darrell Grant ganz gut laufen, wenn er derart viel wertvolles Material einfach zurückließ – oder die Cops saßen ihm wieder im Nacken und hatten seinen übereilten Aufbruch erzwungen.
Typischerweise hatte Darrell die Hintertür nicht abgeschlossen.
Als Erin sie öffnete, war ihr klar, daß ihr Ex-Mann wirklich auf und davon war. Entsprechend seiner Angewohnheit hatte er alles mitgehen lassen, was nicht irgendwie befestigt gewesen war, sowie mehrere Gegenstände, die es doch gewesen waren. Möbel, Teppiche, Haushaltsgeräte, Lampen, Sanitäreinrichtungen, Deckenventilatoren, Wasserboiler, Telefondosen, sogar der Wassertank des Spülklosetts fehlte. In mühevoller Arbeit hatte er sogar die Fliesen des Küchenbodens herausgerissen. Erin konnte nicht glauben, daß es einen Markt für gebrauchtes Linoleum gab, aber es war durchaus möglich, daß Darrell dem Trend schon ein wenig voraus war. Der Handel mit gestohlenem Gut war nicht immun gegen eine wirtschaftliche Rezession.
Darrell hatte jedes Zimmer bis auf eins ausgeräumt: Angies Kinderzimmer. Als Erin es betrat, hielt sie die Luft an.
Die Wände waren kahl bis auf ein Dutzend alter Nägel und einen herzförmigen Spiegel. Der Fußboden war bedeckt mit zerbrochenen Puppen – geköpften Barbies, zerstückelten Muppets, zerfetzten Cabbage Patch Kids – denen eins gemeinsam war: Sie alle waren Geschenke von Erin an Angela.
Das war typisch Darrell Grant. Ziemlich beschränkt, was seine sprachlichen Fähigkeiten anging, hatte er die Gewohnheit, sich in Demonstrationen wahnwitziger Gewalt mitzuteilen.
Erins Herz schlug rasend vor Zorn. Sie stellte sich Darrell im Zimmer ihrer Tochter vor, wie er die Puppen sorgfältig und methodisch aus Angelas übrigen Spielsachen aussortierte, sie dann mit einem Küchenmesser oder einer Gartenschere oder mit wer weiß Gott was noch attackierte... und den Spiegel hängenließ, damit er sich bei seiner eigenen Aktion zusehen konnte.
Nein! dachte Erin. Das war nicht der Grund
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