Striptease: Roman (German Edition)
Kates Augen ungehalten. Allein schwamm sie durch eine offene Luke auf dem Achterdeck. Ihr Freund verfolgte, wie die orangefarbenen Schwimmflossen im Schiff verschwanden, und nach einem Blick auf seine Armbanduhr schwamm er hinter ihr her.
Milchige Lichtbalken durchbrachen die Dunkelheit des Frachtraums. Kate Esposito tastete sich vorsichtig vorwärts. Die Metalloberfläche war glatt und nicht verkrustet, weil das Wrack noch so neu war. Seetang hing in Girlanden von den Stahlstreben herab, und kleinere Fische, die in dem verschwommenen Halbdunkel wie Spiegelscherben glitzerten, gab es im Überfluß. Während Kate tiefer in den Laderaum vordrang, fühlte das Wasser sich an ihren Beinen kühler und schwerer an. Ein untertassenförmiger Gegenstand hob sich hell von der stumpfen Eisenhaut des Frachters ab. Kate griff nach der glänzenden Scheibe, wohl wissend, daß es nichts Seltenes oder Wertvolles sein konnte, aber eine Radkappe hatte sie dann doch nicht erwartet.
Vor ihr nahm eine lange, graue Form Gestalt an. Während sie darauf zuschwamm, erkannte Kate Esposito rechtwinklige Ecken aus Chrom und Glas – ein Automobil, das an eine Strebe des Rumpfs gekettet war! Und es war kein Schrottwagen, sondern eine amerikanische Limousine jüngeren Datums. Auf einem Kotflügelschild entdeckte sie den Namen: Lincoln Continental.
Seltsam, dachte Karen. Weshalb versenkte jemand einen nagelneuen Lincoln? Vielleicht war es ein Gag, eine Publicity-Aktion von einem der Rundfunksender. Mit einem Finger schrieb sie ihren Vornamen in die dünne Algenschicht, die sich auf dem Vinyldach gebildet hatte. Dann machte sie von dem Wagen und ihrem Freund ein Foto.
Abgesehen von dem zerbrochenen Fenster auf der Fahrerseite befand der Continental sich in einem erstaunlich guten Zustand. Sogar der Aufkleber auf der Stoßstange existierte noch: HABEN SIE HEUTE SCHON IHREN ANWALT GELOBT?
Kate bemerkte, daß der Kofferraum des Wagens einen Spaltbreit offen stand – sicher ein ideales Versteck für eine Muräne. Aus einem Tauchnetz holte sie eine Handvoll gefrorener Sardinen, die Abe Cochran ihr zum Füttern der Meeresfauna mitgegeben hatte. Kate nahm einen der steifen Fische zwischen Daumen und Zeigefinger und hielt ihn vorsichtig über den halbgeöffneten Kofferraum des Lincoln. Aber kein sich windender grüner Aal tauchte auf, um den Köder zu verschlingen. Nach einer Minute zerfiel die Sardine zwischen ihren Fingern. Kate holte eine weitere aus dem Netz und versuchte es erneut, wackelte dabei mit dem toten Fisch hin und her. Erneut Fehlanzeige.
Niemand zu Hause, dachte Kate. Mit der Ecke einer Schwimmflosse trat sie gegen den Kofferraumdeckel. Er öffnete sich im Zeitlupentempo.
Kates Freund versuchte gerade eine junge Wasserschildkröte zu fangen, als Kate durch die Luke des Frachters schoß und aufgeregt zur Oberfläche hinaufstieg. Der junge Mann folgte der Blasenspur hinauf zu Abe Cochrans Boot, wo Kate auf die Tauchplattform aus Teakholz geklettert war. Dort kauerte sie auf allen vieren und würgte das Frühstück hervor. Die Reisebüroangestellten, die sich wassertretend unweit des Bugs im Meer aufhielten, riefen aufgeregt etwas durch ihre Schnorchel.
Abe Cochran befahl lakonisch alle Mann ins Boot. Kates Freund riß sich die Maske vom Gesicht und fragte sie, was sie im Innern der Princess Pia gesehen habe.
»Krabben«, schluchzte sie, »die einen toten Anwalt fraßen.«
Die Taucher des Sheriffs von Broward County brauchten vier Stunden, um die Leichen von Mordecai und seiner Cousine Joyce zu bergen. Einen unter Wasser gelegenen Tatort zu sichern erwies sich als zu schwierig, vor allem als ein ganzer Schwarm aggressiver Zitronenhaie erschien. Der Lincoln Continental wurde für einen weiteren Tag in Ruhe gelassen.
Gegen Mittag meldeten die Fernsehnachrichten den Fund zweier Leichen im Wrack der Princess Pia . Kapitän Abe Cochran weigerte sich, mit Reportern zu reden, und unterstrich seine Haltung, indem er eine Preßluftflasche dazu benutzte, einen Kameramann von Channel 7 zu attackieren. Kate Espositos Freund war umgänglicher. Im Verlauf eines Interviews auf dem Pier beschrieb er ziemlich anschaulich, wie Kate den toten Anwalt im neuen Lincoln entdeckt hatte. Sergeant Al García, der in seinem Büro einen Fernseher hatte, rief sofort einen Freund im Büro des amtlichen Leichenbeschauers in Broward an und bat um die Erlaubnis, der Autopsie beizuwohnen. Der Arzt sagte, klar, weshalb nicht – angesichts des unangenehm
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