Striptease: Roman (German Edition)
den Fall, daß Mrs. Gomez mal ihre Brille aufsetzt.«
»Unten, hinter der Circle K.« Darrell schlängelte sich unter den Wohnwagen. Er bewegte den gebrochenen Arm wie ein nutzloses Stück Holz. Der Kopf des Neunereisens kratzte eine Rinne ins Erdreich.
»Ich bring dir eine Decke«, sagte Rita.
»Was ist mit den verdammten Wölfen?«
»Mach dir keine Sorgen. Die sind auf der anderen Seite.«
»Rita, ich kann nicht hier unten bleiben!«
Ein Wagen rollte in die Einfahrt. Rita legte den Finger auf die Lippen, dann war sie verschwunden.
Darrell Grant hörte Alberto Alonsos Stimme, das Knirschen von Kies unter seinen Arbeitsschuhen, das Zuschlagen der Fliegentür …
In der Falle! dachte Darrell. Er drehte den Kopf langsam nach links, dann nach rechts, um die Verhältnisse in seinem Bunker zu überprüfen. Er rechnete sich die Möglichkeit aus, daß Ritas Wohnwagen von seinem Sockel rutschte und ihn zerquetschte wie ein Ungeziefer. Unwahrscheinlich, entschied er, das Ding war praktisch nagelneu. Er drückte mit dem gesunden Arm gegen das Aluminium – es schien so stabil zu sein, wie man es bei einem Wohnwagen erwarten konnte. Dennoch fühlte er sich in seinem Versteck unbehaglich. Die Luft war so kühl wie in einem Sarg und roch beißend nach Mäusedreck. Aber es war immer noch um einiges besser, als eine weitere Nacht in einem Müllcontainer hinter dem Pizza Hut zu verbringen.
Der Schmerz in seinem verstümmelten Arm war schneidend und ließ nicht nach. Schüttelfrostanfälle ließen seine anderen Gliedmaßen beben. Sein ganzes Leben lang hatte Rita ihm immer wieder erklärt, wie schlau und attraktiv und glücklich er sei. »Du kannst auf dieser Welt alles schaffen, was du willst. Du hast das nötige Aussehen und kannst reden.« Rückblickend erkannte Darrell Grant, daß seine Ehe mit Erin der absolute Höhepunkt gewesen war. Falls er jemals den Kurs seines Lebens hätte grundlegend ändern können, dann mit dieser Frau. Zur Hölle, er hatte sich auch abgestrampelt, um sie glücklich zu machen, hatte es mit einem völlig normalen Leben versucht: Nüchternheit, Monogamie, ein Achtstundenjob, alles, was dazugehörte. Aber es ging einfach nicht. Er war der ganzen Verantwortung nicht gewachsen. Als die Ehe in die Brüche ging, war Rita enttäuscht. Darrell erklärte dazu: »Ich brauche eine Partnerin, die nicht langfristig plant, sondern auf kurze Frist. So wie ich es tue.«
Nun, auf kurze Sicht konzentrierte Darrell Grant sich auf zwei Probleme: auf die Schmerzen in seinem Arm und wie man sie lindern könnte, und darauf, wie er Angie seiner Ex-Frau wegnehmen könnte.
Nach dem Abendessen kam Rita heraus und warf einen Blick unter den Anhänger. Sie hatte sich auf ein weiteres Lernprogramm mit den Wolfshunden vorbereitet – Baseballfängermaske, Holzfällerhandschuhe, ausgefranster Hausanzug. Darrell bemerkte, daß sie ihrer Kluft Schienbeinschützer aus Plastik hinzugefügt hatte.
»Ich habe dir etwas Brathuhn mitgebracht«, sagte Rita. »Besonders knusprig.«
Sie schob ihm einen kalten Hühnerschenkel in den Mund. Darrell biß ein großes Stück ab und spuckte den Knochen aus. Er fragte: »Ist es Mrs. Gomez, die Krebs hat?«
»Nein, ihr Mann. Er ist im August gestorben.«
»Ich wette, sie hat noch seine Pillen.«
»Darrell, nein!«
»Im Badezimmerschrank, ich wette.« Er hob den Kopf. »Rita, ich werde vor Schmerzen fast verrückt. Bitte!«
»Du hast der armen Frau schon den Wagen gestohlen.«
»Aber ihr Mann ist doch tot, nicht wahr? Welchen Sinn hat es denn, gute Medizin verderben zu lassen? Sag schon, Rita.«
»Ich weiß doch nicht, wonach ich Ausschau halten soll.«
»Demerol, Dilaudids, Kodein – Scheiße, bring mir alles, worauf der Name des alten Mannes steht.«
»Aber dann mußt du verschwinden«, verlangte Rita, »bevor die verdammten Cops wieder vorbeikommen.«
»Das verspreche ich dir«, sagte Darrell Grant.
Es gab noch etwas anderes, das er nötig hatte, aber darum konnte er seine Schwester nicht bitten, denn damit wäre sie niemals einverstanden. Nicht einmal, wenn Weihnachten und Ostern auf einen Tag fallen würden.
Aber das ist schon in Ordnung, dachte Darrell Grant, denn ich weiß, wo sie ist. Ich weiß genau, wo Alberto sie aufbewahrt – am gleichen Ort wie jeder Machoschwachkopf in Miami.
Im Handschuhfach seines Wagens. Und zwar geladen.
Die Verabredung zum Abendessen abzusagen war einfach. Ein weniger abgelenkter Malcolm J. Moldowsky hätte sicherlich den erleichterten
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