Striptease: Roman (German Edition)
hoffnungsvollen Ton anzuschlagen. »Schlangen sind ziemlich zäh.«
»Einige ja, andere nicht. Der Sturm hat zum Beispiel eine alte Diamondback hochgeweht und sie knallen lassen wie eine Bullenpeitsche. Ich hab’s selbst gesehen.«
Shad sagte: »Aber die Ratten und Mäuse sind doch okay, oder?«
»Im großen und ganzen ja, natürlich. Wie viele brauchen Sie denn?«
»Hundert müßten reichen. Aber nur Ratten.«
»Es sind aber keine weißen«, warnte Jungle Juan. »Sondern halbwilde Norweger.«
»Wunderbar.«
Der Käfig, zweieinhalb Meter lang und anderthalb Meter hoch, war aus Sperrholz und Hühnerdraht gefertigt. Darin befand sich eine wogende Masse Ungeziefer, zwei, drei Lagen hoch. Da sie etwas zum Fressen erwarteten, drängten die Ratten sich lärmend an der Käfigtür, als Jungle Juan näher kam. Geschickt holte er mit bloßen Händen die quiekenden Tiere aus dem Gewimmel und ließ sie nacheinander in die Jumbotonnen fallen.
Shad, der keine Aversion gegen Nagetiere hatte, sah teilnahmslos zu. »Sieht so aus, als hätten Sie genug davon.«
Jungle Juan schnaubte. »Ratten jede Menge, aber keine Schlangen, die sie fressen. Da haben Sie Ihre hundert Stück.« Er befestigte den Deckel auf den Mülltonnen. »Gott sei Dank erwarte ich am Montag eine Lieferung Boas. Die sind sicher hungrig.«
»Wir hatten mal eine Tänzerin, die es mit einer Boa versucht hat«, sagte Shad.
»Wie groß?«
»Die Schlange? Gut zwei Meter.«
»Die kleinen Pythons sind besser für Bühnenzwecke geeignet. Sie beißen nicht so oft.«
Shad fragte, wieviel er schuldig sei. Jungle Juan meinte fünfzig Dollar.
»Mann, das ist billig.« Shad gab ihm das Geld. »Hurrikan-Rabatt«, erklärte Jungle Juan. »Ich muß diese Burschen loswerden, bevor ich mit dem Tierschutz aneinandergerate. Jeden Tag kommt ein Dutzend neuer Würfe hinzu, und es ist kaum zu glauben, aber sie fangen schon an, sich gegenseitig aufzufressen.«
Er und Shad schleppten die Mülltonnen hinaus zu Shads Wagen. Man konnte die vielen Rattenpfoten hören, die fieberhaft an der Plastikwandung kratzten. Während sie die Tonnen in den Wagen luden, erkundigte sich Jungle Juan nach der Tänzerin mit der Boa constrictor. Shad erwiderte, sie sei krank geworden und nach Texas zurückgekehrt.
»Was ist mit der Schlange?« fragte Jungle Juan gespannt.
»Die habe ich in einen Lagerraum im Club gesperrt.«
»Gesund?«
»Ein bißchen weitsichtig, aber sonst okay.«
»Nun, ich könnte das Tier gebrauchen«, sagte Jungle Juan, »falls Sie daran denken, sie zu verkaufen.«
»Noch nicht«, erwiderte Shad.
Als er in den Club zurückkehrte, wollte Mr. Orly die Ratten sehen. Shad ließ ihn einen Blick in eine der Tonnen werfen.
»Verdammt.« Orly verzog das Gesicht.
»Ist alles vorbereitet?«
»Jawohl«, nickte Orly. »Ich wünschte, ich könnte dabeisein. Diese Scheiß-Lings.« Er lachte ätzend. »Am liebsten würde ich alles auf Video aufnehmen.«
Shad fragte nach Erin, und Orly erklärte, sie sei unterwegs, um diesen geilen Kongreßabgeordneten zu treffen.
»Wo?« wollte Shad wissen.
»Auf dem Boot, nehme ich an. Aber wen interessiert das schon?«
Shad rief in Al Garcías Büro an und hinterließ eine Nachricht. Dann ging er in den Lagerraum und kam mit einem schmutzigen Kissenbezug wieder heraus, der an der offenen Seite zugeknotet war. Orly wünschte ihm viel Glück.
»Komm gleich wieder zurück«, bat er den Rausschmeißer. »Hier dürfte bald eine Menge Betrieb sein.«
»Wie lange ist sie schon weg?«
»Erin? Eine halbe Stunde, höchstens.« Orly musterte ihn wachsam. »Mach dir keine Sorgen wegen ihr. Sieh nur zu, daß du deinen Hintern schnellstens wieder herbewegst, klar?«
Shad umkreiste die Flesh Farm, bis er den Wagen des Gesundheitsinspektors entdeckte, einen grauen Dodge Aries mit gelben Behördenkennzeichen. Monique Sr. war auserkoren worden, zu telefonieren, denn ihrer hilflosen Kleinmädchenstimme konnte niemand widerstehen. »Die Ratten, sie sind überall!« hatte sie geschrien. »Sie beißen mich! Hilfe, sie beißen mich!« Das Gesundheitsamt hatte sein Versprechen gehalten, gleich jemanden rüberzuschicken. Die Inspektoren, das wußte Shad, rissen sich um einen solchen Einsatz.
Shad parkte den Wagen, lehnte eine Leiter gegen die Seitenfront des Gebäudes und schaffte die Jumbomülleimer auf das Dach. Die Luftschächte der Klimaanlage standen wie gedrungene Kamine an jedem Ende des Gebäudes. Shad riß die verrosteten Schutzgitter aus ihren
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