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Striptease: Roman (German Edition)

Striptease: Roman (German Edition)

Titel: Striptease: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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mir doch schon früher geholfen.«
    »Ich habe einen Namen überprüft. Das ist einfach, Erin.« Cleary nahm seine Brille ab und massierte seine Schläfen. »Aber ich kann nicht gegen deinen Ex-Mann bundespolizeilich vorgehen«, sagte er trübsinnig. »Es tut mir sehr leid.«
    »Mir auch«, murmelte Erin in ihre Kaffeetasse.
    Cleary erkundigte sich, ob die Information über Jerry Killian hilfreich gewesen sei, und Erin antwortete ja, sehr hilfreich. Sie bedankte sich für den Kaffee und stand auf, um zu gehen, aber Cleary wurde seine Frage doch noch los. »Was hat er mit all dem zu tun? Killian, meine ich.«
    »Das ist eine andere lange Geschichte«, antwortete Erin.
    Cleary würde völlig ausflippen, wenn er erfahren würde, daß Jerry Killian tot war. Automatisch würde er den Mord mit seiner eigenen Computerüberprüfung in Verbindung bringen und als nächstes seinen Verstoß gegen die Vorschriften beichten. Mehrere Kubikmeter Papier würden sich anhäufen, bevor eine praktische Untersuchung sich mit Killians Tod durch Ertrinken befassen würde. Unterdessen würde Tom Cleary so gut wie sicher ins FBI-mäßige Sibirien versetzt, wo seine Frau sich mit eisigen Wintern und begrenzten Kindergartenplätzen herumschlagen müßte. Am Ende würde das FBI möglicherweise sogar Killians Tod aufklären und den verbannten Cleary rehabilitieren. Bis dahin könnte Darrell Grant jedoch längst mit Angela in Tasmanien oder sonstwo in Sicherheit sein.
    Erin hatte keine Zeit, auf das FBI zu warten. Und sie wollte, daß Agent Tom Cleary in Miami blieb, für den Fall, daß sie ihn brauchte.
    Während er sie zur Tür brachte, fragte Cleary, wo sie arbeitete.
    »In einem Nachtschuppen«, erwiderte Erin. »Hinter der Bar.« Eine geläufige Lüge. Die gleiche, die sie auch ihren Großeltern aufgetischt hatte.
    »In welchem Laden?« wollte Cleary wissen.
    »Du kennst ihn sowieso nicht, Tom. Der liegt ganz sicher nicht in deinem Zuständigkeitsbereich.«
    Der Agent schluckte den Sarkasmus gleichmütig und sagte, ihm gefalle die Vorstellung gar nicht, daß sie mit Drinks herumhantiere. Erin sagte, der Verdienst sei nicht übel.
    Clearys Stimme klang schuldbewußt. »Ich wünschte, ich könnte in dieser Darrell-Sache die Vorschriften umgehen, aber das geht einfach nicht. Es ist unmöglich.«
    »Das verstehe ich schon, Tom.« Erin sah sich verstohlen nach der Ehefrau um, dann gab sie ihm einen Kuß auf die Wange. »Trotzdem vielen Dank«, sagte sie.
    Als sie nach Hause kam, lief auf ESPN ein Boxkampf um die mexikanische Meisterschaft. Das Gesicht des einen Boxers war voller blauer und roter Flecken und seltsam verformt. Es sah aus, als liefe Blut aus drei Nasenlöchern. Der andere Mann schickte sorgsam gezielte Jabs auf die gebrochene Nase des Mannes, bis die Blutung so heftig wurde, daß der Ringrichter auf dem glitschigen Boden beinahe ausrutschte.
    Früher hatte Erin nicht begreifen können, wie ein menschliches Wesen einem Gegner, den es kaum kannte, soviel Leid zufügen konnte. Nun, als sie an ihren Ex-Mann dachte, begann Erin den inneren Antrieb des Boxers zu verstehen. Es war eine ganz simple Aggressionsübertragung, vom Alltagsleben auf den Boxring.
    Gegen Morgen hatte sie sich beruhigt. Sie absolvierte hundert Sit-ups, setzte das Telefon wieder zusammen und versuchte ihr Glück mit einem anderen Anruf. Auch dieser war ein Schuß ins Blaue.
     
    Erb Crandall bemerkte etwas Neues im Entree von Malcolm J. Moldowskys Penthaus: ein Porträt von John Mitchell, dem ehemaligen, inzwischen vorbestraften Justizminister.
    »Ein lieber Freund und Mentor«, erklärte Moldy. »Ihm wurde furchtbar übel mitgespielt. Das war lange vor Ihrer Zeit. Eine amerikanische Tragödie.«
    »Ich weiß über ihn Bescheid, Malcolm.«
    »Ein politisches Genie«, sagte Moldowsky. »Eine fehlgeleitete Loyalität war sein tödlicher Fehler. Er wurde für Nixon geopfert.«
    »Wer nicht?« Erb Crandall war während der Watergate-Affäre auf dem College gewesen. Er hatte John Mitchell als mürrischen alten Hund in Erinnerung, der sich aus keiner noch so harmlosen Klemme herauslügen konnte.
    »Der absolute Insider«, sagte Moldy bewundernd. Er streichelte den Bilderrahmen derart zärtlich, daß Crandall begann, sich Sorgen zu machen.
    »Haben Sie keinen Helden?« wollte Moldowsky wissen.
    »Nee.«
    »Das ist aber sehr zynisch, Erb.«
    »Leute mit Helden glauben gewöhnlich an irgend etwas. Wie sieht es da bei Ihnen aus?«
    Moldy dachte über die Frage nach, während er

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