Striptease: Roman (German Edition)
»Ich muß diese Nummer wohl ändern lassen.«
»Du bist ein dämlicher Scheißkerl!« schrie Erin. »Wenn du erwischt wirst, wie du das Kind benutzt...«
»Zum Teufel, ich werde nicht erwischt. Es ist ein traumhaftes Arrangement. Hat sie es dir nicht erzählt? Ich habe eine echte Arztjacke gestohlen, ein echtes Stethoskop und was sonst noch dazugehört. Mann, ich sehe richtig scharf aus! Tatsache ist, daß ich sogar daran denke, es nebenbei mal als Gynäkologe zu versuchen...«
»Darrell, sie bringen sie weg! Sie nehmen sie uns beiden weg. Für immer!«
»Mein Gott, hast du Sorgen. Ich hab dir doch gesagt, ich werde nicht erwischt. Ich stecke Angie in einen Pyjama, so daß sie aussieht wie eine Patientin. Meistens trägt sie den Pyjama mit dem Cookie Monster. Du erinnerst dich sicherlich...«
»Du Arschloch.«
»Aber, aber, Erin, das sagst ausgerechnet du, die davon lebt, daß sie ihre Titten herzeigt. Spiel mir ja nicht die Tugendhafte vor, Herzchen...«
Erin schleuderte das Telefon auf den Fußboden. Sie war zu wütend, um zu weinen, und zu aufgeregt, um zu schlafen. Sie zog ein Sweatshirt und Bluejeans über und nahm die Wagenschlüssel von der Kommode.
Special Agent Tom Cleary trug einen burgunderfarbenen Bademantel und braune Pantoffeln. Erin erschien er auf eine praktische Art anbetungswürdig. Sie hatte ihn noch nie zerzaust und ungepflegt gesehen. Der Schlaf hatte seine blonden Haare zu einem spitzen Gebilde aufgetürmt, das an eine Bischofsmütze erinnerte.
»Kaffee?« fragte er krächzend.
Sie saßen in der Küche und unterhielten sich halblaut, während Clearys Frau eine Milchflasche für das Baby anwärmte, das oben schrie. Es war das vierte Kind des Ehepaars in sechs Jahren, und die Last der Fruchtbarkeit forderte ihren Tribut. Als Erin sich wegen ihres späten Besuchs entschuldigte, sagte Mrs. Cleary, das sei doch nicht schlimm. Überhaupt nicht! Sie schien jeden Moment vor künstlicher Höflichkeit zu explodieren. Als sie nach oben entschwand, entspannte sich ihr Mann sichtlich erleichtert.
»Ich brauche Hilfe«, sagte Erin und beugte sich vor.
»Schon wieder Darrell?«
»Natürlich.« Sie erzählte ihm, daß ihr Ehemann nun Informant der Polizei sei, berichtete von ihren teuren Auseinandersetzungen vor Gericht, von Darrell Grants Rollstuhlraubzügen mit Angela …
»Moment mal«, unterbrach der Agent sie. »Und er hat das Sorgerecht? Das ist doch nicht möglich.«
Erins Kehle fühlte sich staubtrocken an. »Der Richter sagt, ich sei als Mutter ungeeignet. Kann ich einen Apfel haben?«
Cleary wollte es nicht glauben. »Ungeeignet?« Das Wort kam als entsetztes Flüstern heraus, als spräche er von einer schrecklichen Krankheit. »Was um alles in der Welt... Erin, ist was passiert?«
Erin wußte, daß sie ihm nichts von dem Job erzählen konnte. Das mit dem Eager Beaver würde er niemals verstehen.
»Es ist eine lange Geschichte«, sagte sie ausweichend.
»Hat Darrell sich an den Richter herangemacht?«
»Nun, jemand hat es offenbar getan.«
Der Kaffee war fertig. Cleary schenkte ein. Oben hatte das Baby endlich aufgehört zu schreien. Erin sagte: »Tom, er macht aus meiner Tochter eine Zigeunerin.«
Der FBI-Mann nickte ernst. »Das Problem ist, daß wir Zuständigkeitsbereiche nicht ausdehnen können.« Sie wollte etwas sagen, aber Cleary schnitt ihr das Wort ab. »Laß mich ausreden, Erin. Deine Scheidung ist eine zivilrechtliche Angelegenheit, da haben wir keinen Zugriff. Aber wenn du Beweise dafür hast, daß der Richter bestechlich ist, dann können wir vielleicht etwas unternehmen...«
»Ich habe keine Beweise«, sagte Erin bissig. »Ich dachte, die zu beschaffen sei deine Aufgabe.«
Clearys Augen blitzten auf, aber er fuhr fort: »Diese Rollstuhl-Sache – ich gebe zu, die ist sicherlich sehr schlimm, aber grundsätzlich ist es nur Diebstahl, und damit befaßt sich das FBI nicht.«
»Aber die Polizei hat Darrell auf der Lohnliste!«
»Hör mir zu«, sagte Cleary. »Wenn ich versuchen würde, das meinem Vorgesetzten unterzuschieben – ach, es besteht nicht die geringste Chance. Er würde mir die Sache vor die Füße knallen.«
Cleary war zwar voller Mitgefühl, aber er ließ sich nicht umstimmen. Erin fühlte sich am Boden zerstört. »Ein Telefonanruf von dir, und die Cops würden ihn fallenlassen wie eine heiße Kartoffel«, sagte sie. »Ein lausiger Anruf, Tom.«
»Ich arbeite nicht in diesem Stil. Vorschriften sind nun mal zum Einhalten da.«
»Aber du hast
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