Striptease: Roman (German Edition)
»Lieber Himmel. Wo hat sie ihn erwischt?«
»Zwischen den Augen.«
»Mit was?«
»Einer rechten Geraden.«
»Mit der Faust?« Erb Crandall fand das erstaunlich. Er untersuchte sorgfältig Dilbecks bleiches Gesicht. Eine häßliche blaue Beule wölbte sich zwischen den Augenbrauen des Kongreßabgeordneten. In der Mitte des Blutergusses war ein winziger, eindeutig rechteckiger Eindruck zu erkennen.
»Sie trägt einen Ring«, stellte Crandall fest.
»Aquamarin«, sagte die perückenlose Tänzerin. »Ihr Geburtsstein.«
Erb Crandall schob ein Kissen unter Dilbecks Kopf und drapierte das nasse Handtuch um seinen Hals. Die Tänzerin schlug vor, den Notarzt anzurufen, aber Crandall lehnte ab.
»Wo ist Ihre Partnerin?« fragte er.
»Draußen im Wagen. Sie zittert vor Angst.«
Dilbeck rührte sich und stieß ein mausähnliches Quieken aus. Crandall beugte sich zum Ohr des Kongreßabgeordneten hinab und sagte: »Davey, aufwachen!« Dilbeck beruhigte sich wieder. Crandall ging zum Schreibtisch und suchte die Telefonnummer von Dilbecks Hausarzt heraus. Er wählte sie und hinterließ beim Auftragsdienst eine dringende Nachricht.
Die perückenlose Tänzerin sagte: »Es wäre besser, ihn ins Krankenhaus zu bringen.«
»Klar«, sagte Erb Crandall sarkastisch. Kaum wären sie im Mount Sinai, schon stünde es am nächsten Tag in allen Zeitungen:
CONGRESSMAN DURCH SCHLAG GEGEN KOPF
VERLETZT
Nachrichtensperre wegen nächtlichen Vorfalls -
Dilbeck-Wahlkampf vorerst gestoppt.
Crandall betrachtete den Abgeordneten mit einer Mischung aus Wut und panischer Angst. Ob Dilbeck starb oder am Leben blieb, Malcolm Moldowsky würde rasen vor Wut – und die Schuld fiele wieder mal auf Crandall. Es war nicht fair, denn es schien unmöglich, Dilbecks fleischliche Gelüste unter Kontrolle zu halten.
»Er sieht schlecht aus«, sagte die Tänzerin, nun wieder in Straßenkleidung. »Was ist, wenn er abkratzt?«
»Dann verliert diese Nation eine ihrer großen Führerpersönlichkeiten. Wieviel sind wir Ihnen schuldig?«
»Mr. Ling sagte, fünf für jede.«
Erb Crandall nahm zweitausend aus einem Briefumschlag, der an der üblichen Stelle eingeschlossen war, nämlich der untersten rechten Schublade von Dilbecks Schreibtisch. Crandall reichte der perückenlosen Tänzerin das Geld mit der Bemerkung: »Sie waren heut abend gar nicht hier, Sie haben mich nicht gesehen und ihn auch nicht. Dasselbe gilt für die andere Frau, klar? Sie kennen diesen Mann nicht.«
»Aber ich kenne ihn nicht. Wirklich nicht.«
»Das ist ein Segen«, sagte Erb Crandall.
»Er hätte nicht tun dürfen, was er tat. Ganz gleich, wer er ist.«
»Das bedauern wir außerordentlich. Wenn Sie das Geld zählen, werden Sie sicherlich erkennen, wie leid es uns tut.«
Etwas rührte sich auf dem Fußboden. Es war das rechte Bein des Kongreßabgeordneten, das gerade nach irgendwelchen unsichtbaren Hunden trat.
Die perückenlose Tänzerin verstaute das Geld, hängte sich die Handtasche über die Schulter und sagte: »Das, was er tat, wäre wirklich nicht nötig gewesen. Alles lief bestens, eine hübsche kleine Party. Ich hab keine Ahnung, was ihn überkam.«
»Ich auch nicht«, sagte Crandall. Wo blieb der Arzt?
»Vielleicht sollte er mal die Finger vom Champagner lassen.«
»Ja, das war es wohl. Der Champagner.«
Die Tänzerin kam einen Schritt näher und warf einen letzten Blick auf die Beule zwischen Dilbecks Augenbrauen. »Verdammt«, sagte sie. »Sie trägt aber einen großen Stein.«
»Auf Wiedersehen«, sagte Crandall.
»Können wir mit dem Wagen nach Fort Lauderdale zurückfahren?«
»Klar«, sagte er. »Nehmen Sie ihn. Und gute Fahrt.«
14. KAPITEL
Paul Guber war überhaupt nicht begeistert von Mordecais Plan. »Ich will damit nichts zu tun haben«, entschied er.
Der Anwalt schnalzte mißbilligend mit der Zunge. »Das ist eine seltene Gelegenheit.«
»Ich habe Sie schon verstanden. Aber die Antwort lautet nein.«
Joyce, die neben ihrem Verlobten saß, bedrängte ihn heftig. »Wir unterhalten uns hier über unsere Zukunft, Paul. Wir hätten für unser ganzes Leben ausgesorgt.«
Die trübsinnige Miene des jungen Mannes verriet deutlich, daß er gar nicht den Wunsch hatte, für ein Leben mit Joyce ausgesorgt zu haben. Mordecai spürte, wie sein dünnes Lügengespinst zu reißen drohte, und beeilte sich, es zu retten.
»Kommt«, sagte er zu dem Paar. »Unternehmen wir eine kleine Spazierfahrt.«
Eine Stunde später waren sie in einem Lincoln auf einer
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