Striptease: Roman (German Edition)
Hals riskiert, Tiger.«
»Und dafür bin ich euch auch dankbar.«
»Nicht einmal, sondern zweimal haben wir den Hals riskiert. Wo ist denn deine Kleine?«
Darrell Grant straffte sich. Das Messer rutschte aus seiner Hand. »Das geht euch überhaupt nichts an«, sagte er.
Merkin packte ihn grob an den Haaren. »Blondie, ich erklär dir jetzt mal die Spielregeln. Alles, was du tust, geht uns was an. Welchen Wagen du fährst, was du ißt, wo du schläfst, was du stiehlst oder nicht stiehlst. Ob du dir den Hintern mit der linken oder der rechten Hand abwischst. All das geht uns etwas an.«
»Sie ist im Kinderhort«, sagte Darrell Grant. »Es geht ihr gut.« Er schob Merkins Hand weg und strich sich durchs Haar. Als er sich bückte, um das Messer aufzuheben, beförderte Picatta es mit einem Tritt außer Reichweite.
»Wir können jederzeit diesen Richter anrufen.«
»Ihr seid Mistkerle«, sagte Darrell Grant.
»Dann liefere uns ein paar Fälle«, verlangte Merkin. »Anständige Fälle.«
»Was bedeutet«, übernahm Picatta wieder das Wort, »daß du hinaus in die Szene mußt, um deine schönen blauen Augen weit offenzuhalten. Laß die Finger von den Rollstühlen. Überleg dir doch mal folgendes: Was wäre, wenn dieser Richter dich plötzlich einfängt, um sich von dir’ne Urinprobe geben zu lassen? Wenn du das Sorgerecht für das kleine Mädchen behalten willst, dann werd lieber sauber.«
»Speedfreaks sind lausige Eltern«, sagte Picatta. »Das ist allgemein bekannt.«
Darrell Grant stand auf. »Vielen Dank, Dr. Spock.« Mit finsterer Miene hob er den Dolch auf und stieg ins Führerhaus des Transporters. »Ich melde mich bei euch«, versprach er.
Während der Lastwagen sich entfernte, schüttelte Merkin den Kopf. »So was sieht man gar nicht gerne – soviel Bitterkeit bei einem noch so jungen Mann.«
»Was hättest du denn anderes von einem solchen Oberarschloch erwartet?«
»Na ja«, sagte Merkin, »aber wenigstens ist er unser Arschloch.«
Shad war in diesen Tagen reizbar und wortkarg. Schuld daran war zweifellos der Job – die Betrunkenen, die unberechenbaren Frauen, Orly, das ganze andere Theater drumherum. Und jetzt war Kevin, der Diskjockey, auch noch auf einem M. C. Hammer-Trip: zwanzig geschlagene Minuten die abscheulichste Musik, die Shad je gehört hatte. Schließlich hielt er es nicht mehr aus. Er hechtete in die Kabine, schubste Kevin zur Seite und riß die CD aus dem Player. Im Eager Beaver herrschte schlagartig tiefe Stille – die Tänzerinnen hielten mitten in der Bewegung inne. Gäste brachen in besorgtes Gemurmel aus. Ein peruanischer Tourist, der mit einer Razzia rechnete, stürzte zur Tür. An seinem verlassenen Tisch fluchte Monique Jr.: Der das Weite suchende Peruaner hatte ihren Strumpfhalter mit Zwanzigdollarscheinen garniert.
Shad zerkaute die Hammer-CD wie eine große glänzende Waffel, wobei er nicht spürte, wie die scharfen Splitter sich in seine Zunge und sein Zahnfleisch bohrten. Dann spuckte er die ganze blutige Schweinerei auf Kevins Mikrofonkonsole und befahl ihm, Bob Seger zu spielen oder sein Testament zu machen. Orly, der das Geschehen von hinten verfolgt hatte, zog sich unauffällig in sein Samtimitatgemach zurück.
Erin ließ Shad etwa eine Stunde Zeit, sich zu beruhigen. Als sie sich an ihn heranwagte, saß er allein in einer Ecknische und las in einer Großdruckausgabe von Kafkas »Die Verwandlung«.
»Gutes Buch?« fragte sie.
Shad blickte auf. »Ich fange an, Mitleid mit Kakerlaken zu entwickeln.«
»Danach wollte ich dich auch fragen«, sagte Erin. »Wie klappt es mit deinem Prozeß?«
Shad schüttelte düster den Kopf. »Reden wir lieber von etwas anderem, Babe.«
»Von was, zum Beispiel?«
Auf diesen Moment hatte Shad gewartet: Sollte er Erin in Mordecais Plan einweihen? Sie war Shads engste Freundin oder zumindest die Person, die ihm so nahestand wie niemand sonst. Würde es sie überraschen, wenn sie erfuhr, daß der betrunkene Irre mit der Sektflasche ein Abgeordneter des Repräsentantenhauses war? Allein um das wunderschöne Lächeln zu sehen, würde es sich lohnen, es ihr zu erzählen.
Andrerseits stand eine möglicherweise riesige Geldsumme auf dem Spiel. Je mehr Leute an Mordecais-Erpressungs-Unternehmen beteiligt wären, desto geringer würde jeder Anteil. Es gab nun mal Zeiten, entschied Shad, in denen finanzielle Erwägungen jede Freundschaft überschatteten.
»Ich bin zur Geheimhaltung verpflichtet«, sagte er. »Nimm es nicht
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