Stromschnellen: Roman (German Edition)
Stuhl.«
»Hundert Dollar für mein Boot«, sagte Smoke zu Margo und holte Luft. »Und du hilfst mir, wenn es so weit ist. Außerdem behalte ich mir vor, mein Boot zurückzukaufen, falls du deinen Teil der Vereinbarung nicht einhältst.«
»Tu’s doch selbst, wenn du es unbedingt tun musst. Aber zieh da niemanden mit rein«, forderte Fishbone und bückte sich, um etwas Zigarilloasche von seinem schwarzen Lederschuh zu wischen.
»Ich werd’s versuchen«, sagte Smoke in etwas ruhigerem Ton zu Margo. »Aber wenn du Pride & Joy haben willst, schuldest du mir was.«
»Ihr Weißen verblüfft mich immer wieder«, stellte Fishbone fest. »So zu reden ist gegen die Natur. Für Leben und Tod ist Gott zuständig, nicht du.«
»Ich war jeden Tag zum Mittagessen bei meiner Schwester in diesem gottverdammten Pflegeheim. Ich hab gesehen, wie die Menschen dort zu Gespenstern wurden, bis ihre Gesichter aussahen wie der Kartoffelbrei, den sie ihnen vorgesetzt haben. Wie Kleister hat der geschmeckt! Ich werde nicht in diesem Gefängnis sterben.«
Beim Wort Gefängnis nickte Margo zustimmend.
»Ich brauche jemanden, der mich erschießt, bevor sie mich holen kommen. Ich brauche ein hübsches Kind wie dich, das mich abknallt. Du wirst mir einen Kuss auf die Wange geben und mir dann den Schädel wegpusten.«
»Willst du, dass sie Ärger mit dem Gesetz kriegt?«
»Niemand schert sich drum, wenn ein kranker alter Mann abkratzt«, behauptete Smoke.
»Wenn diese junge Dame dich mit ihrer Marlin erschießt«, gab Fishbone zu bedenken, »werden sie die Kugel bis zu ihrem gezogenen Gewehrlauf zurückverfolgen. Und wenn sie dich mit einer Flinte erschießt, wird man weit und breit den Knall hören. Denk mal daran, was aus den anderen wird, wenn du nicht mehr bist.«
»Dann ersäuft mich eben im Fluss.«
Fishbone schüttelte den Kopf, als hätte er es aufgegeben, mit Smoke an diesem Tag noch ein vernünftiges Gespräch führen zu wollen.
»Vielleicht sterbe ich im Schlaf, dann seid ihr beide aus dem Schneider. Kind, du gibst mir hundert Dollar, und ich überschreibe dir mein Boot. Dann kannst du es auf deinen Namen eintragen lassen. Du wirst es ein kleines Stück flussabwärts verlegen müssen, aber bitte nicht zu weit weg.«
»Lass der Kleinen ihr Geld. Wozu brauchst du hundert Dollar? Lass sie das Ding einfach benutzen.«
»Ich will nur klarstellen, dass ich es verkauft und nicht verschenkt habe. Wenn ich jetzt anfange, meine Sachen herzuschenken, wird der Richter behaupten, dass ich den Verstand verliere. Ich stelle ihr eine Quittung aus, auf der steht, dass sie für das Boot bezahlt hat, und behalte den Durchschlag.« Seine Gesichtsfarbe wirkte umso gesünder, je länger er mit Fishbone diskutierte.
»Wahrscheinlich fällt deinen Nichten gar nicht auf, dass das Boot weg ist.« Fishbone hielt den Plastikfilter beim Sprechen mit den Zähnen fest. »Die Hellsten sind sie sowieso nicht.«
»Hundert Dollar.« Margo zog fünf Zwanzigdollarscheine aus ihrem Geldbeutel. Sie hätte auch weit mehr bezahlt.
»Und das Versprechen, dass du mir am Ende hilfst«, verlangte Smoke. Er nahm die Brille ab, legte sie in den Schoß und sah Margo an. »Ich kann nicht in diesem Heim sterben. Hast du gehört, was ich gesagt habe, mein Kind?«
Margo hatte Angst, ihm ins Gesicht zu blicken, um zu sehen, wie ernst es ihm war. Stattdessen schaute sie Fishbones sehniger Gestalt nach, die die Betonstufen hinunterging. Noch immer den Kopf schüttelnd, machte Fishbone das Aluminiumboot los. Er stieg ein, nahm die Haube vom Außenborder, ließ ihn an und fuhr den Fluss hoch. Margo würde bald wissen, dass er mit seinem Boot fast täglich einen Ausflug machte, sofern das Wetter mitspielte.
19. KAPITEL
Bei der Ummeldung des Boots folgte Margo Smokes Anweisungen. Sie füllte das Formular aus, das Fishbone ihr mitbrachte, schickte es ein und gab ihr gebührenpflichtiges neues Postfach in Greenland als Absenderadresse an. Zwölf Tage später hatte sie den umgeschriebenen Bootsschein in der Tasche, und Smoke händigte ihr den Schlüssel für das Vorhängeschloss aus. Er erklärte ihr, wie man Wassertanks auffüllt, und als sie den Schlauch schon unten hatte, wusch sie den Wohnwagen auch gleich von außen und schrubbte mit einer Bürste das Bootsdeck. Dann trug sie Smokes einzigen funktionierenden Außenborder – einen Johnson mit 2 PS – von der Terrasse herunter, brachte ihn an und befüllte den Tank mit einem Gemisch aus unverbleitem Benzin und
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