Stromschnellen: Roman (German Edition)
Dame da nicht mit rein.«
»Darf ich bitte in Ihrem Wohnwagen schlafen, Mr Smoke?«, fragte Margo. »Zurzeit schlafe ich unter freiem Himmel.«
»Dann erzählen die Nachbarn meinen Nichten, dass sich hier ein Mädchen rumtreibt. In Kombination mit der Tatsache, dass ein Schwarzer in meinem Garten Waschbären ausnimmt, wird man beschließen, dass ich nicht für mich selbst sorgen kann. Dann stecken sie mich schon aus Prinzip ins Old Saints Home.«
Mit einem Rundumblick stellte Margo fest, dass man sie aus den Fenstern mehrerer Häuser würde sehen können, wenn sie im Campingwagen wohnte. Sie wollte aber nicht zu einer Attraktion für die Nachbarn werden.
»Besser, er wird benutzt«, riet Fishbone. »Du selbst benutzt ihn nicht.«
»Ich hatte handfeste Pläne für das Boot. Aber mein großer Außenborder springt nicht mehr an. Versuch mal, das Ding mit nur fünf Pferdestärken flussaufwärts zu kriegen.«
»Klar hast du Pläne!«, spottete Fishbone. »Vor allem den Plan, dich totzurauchen. Und der funktioniert prächtig.«
»Das Boot hat mich davor bewahrt, den Verstand zu verlieren«, erklärte Smoke Margo. »Es ist mein ganzer Stolz, meine Pride & Joy . Es hat alles, was ein Mann braucht. Wenn ich den Schlauch bis nach da unten gezerrt bekäme, könnte ich den Tank auffüllen und hätte wieder fließendes Wasser.«
»Dein ganzer Stolz sind deine Lungen, und wie schön du sie mit der Qualmerei geteert und verkrebst hast.« Fishbone setzte sich am Terrassenrand auf die umgedrehte Milchkiste, nahm den nicht angezündeten Zigarillo aus dem Mund und betrachtete erneut den Plastikfilter, diesmal kritischer.
Smoke sagte zu Margo: »Im Wohnwagen hab ich immer gewohnt, wenn meine dämliche Schwester mit ihren Töchtern bei mir einziehen musste. Ich konnte das Weibergeschnatter nicht ertragen.« Er unterdrückte ein Lachen, und dabei fiel ihm die brennende Zigarette in den Schoß. Margo schnappte sie und gab sie ihm zurück. Smoke zog noch einmal kräftig daran und warf sie auf die Terrasse, dann fixierte er den Sauerstoffschlauch unter der Nase.
»Hast du denn niemanden?«, wollte Fishbone von Margo wissen. »Kein Zuhause?«
»Ich warte darauf, dass meine Mutter sich meldet. Sie wohnt in Lake Lynne.«
Smoke sah Margo forschend an.
»Woher soll sie wissen, wo du steckst?«, fragte Fishbone.
»Ich muss ihr schreiben.«
»Gib ihr bloß nicht meine Adresse«, schnaubte Smoke. »Noch eine Frau, die hier rumschnüffelt, kann ich nicht brauchen.«
»Ich hab vor, mir ein Postfach zuzulegen – falls es so was in Greenland gibt.«
»Smoky, vielleicht solltest du die junge Dame auf deinem Boot wohnen lassen, bis sie ihre Mutter gefunden hat. Ich finde es nicht gut, wenn ein Mädchen allein, ganz auf sich gestellt, hier draußen lebt.«
»Nimm sie doch mit zu dir.«
»Bei mir wohnen zurzeit fünfzehn Personen. Meine Verwandtschaft hält mich anscheinend für eine kostenlose Absteige. Auf deinem Boot wohnt niemand, höchstens ein paar Mäuse.«
»Na schön, aber sie muss mir dafür was geben«, lenkte Smoke ein. Er sah von Fishbone zu Margo. »Du kannst mir das Boot unter einer Bedingung abkaufen: Du musst mir eine Kugel in den Kopf jagen, bevor sie mich in ein Pflegeheim stecken.«
Margo wünschte, sie hätte seinen Gesichtsausdruck hinter den Brillengläsern sehen können.
»Warum sagst du so was?«, fragte Fishbone. »Ich werde dir nicht helfen und sie auch nicht. Wenn du im Krieg gewesen wärst, würdest du nicht so leichtfertig übers Töten reden, Smoky.«
»Ist doch nicht meine Schuld, dass ich nicht zur Armee konnte«, entgegnete Smoke.
»Nun, wenn du in der Armee gewesen wärst, wüsstest du, dass man übers Töten keine Witze macht, noch nicht einmal, wenn es um einen selbst geht.«
»Du rennst zu oft in die Kirche«, spottete Smoke. »Du hörst dich schon an wie eine alte Betschwester.«
»Smoky, du solltest aufpassen, was du sagst«, meinte Fishbone kopfschüttelnd.
»Du hast doch gehört, was meine Nichten sagen. Sie haben schon alles geplant.« Der Alte machte eine Pause, um Atem zu schöpfen. »Sie lassen mich vom Gericht für unzurechnungsfähig erklären. Ich werde meine Freiheit verlieren.«
»Verlang nicht von anderen Menschen, für dich die Drecksarbeit zu machen, Smoky. Ich könnte wahrscheinlich ungestraft so viele Schwarze abknallen und verscharren, wie ich wollte, aber wenn ich anfange, Weiße umzubringen, selbst einen nichtsnutzigen Greis wie dich, lande ich auf dem elektrischen
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