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Stromschnellen: Roman (German Edition)

Stromschnellen: Roman (German Edition)

Titel: Stromschnellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bonnie Jo Campbell
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zu schwer ist, um es ums Wehr herumzutragen. Mein Grandpa hat immer gesagt, er steckt im Stark River fest.«
    »Vielleicht nimmst du mich in den nächsten Tagen mal mit.« Michael hatte sich auf den Ellbogen gestützt. » The River Rose – das ist schön.«
    Margo hatte noch nie einen Mann in ihrem Boot gehabt, und ihr gefiel die Vorstellung, den gut aussehenden Michael mit seinem ordentlichen Mittelscheitel nach Willow Island zu rudern. Sie sah ihn eindringlich an und nahm ihn ins Visier. Dann rückte sie näher und küsste ihn. Der Kuss, mit dem er ihren erwiderte, war so sanft, dass sie sich nicht sicher war, ob er überhaupt stattgefunden hatte. Wenn Brian einen küsste, wusste man, dass man geküsst worden war.
    »Erzähl mir von dir«, meinte er lachend. »Ich küsse nicht einfach jedes Mädchen, das hier hereinspaziert.«
    Sie küsste ihn erneut, und diesmal wich er langsamer zurück. Margo war überrascht, dass ihr Drang, ihn zu küssen, so stark war, obwohl sie ihn gar nicht kannte. Ein so dringendes Verlangen kannte sie sonst nur von der Jagd.
    »Was hast du draußen im Regen gesucht?«, flüsterte er. Die Art, wie er fragte, gab Margo das Gefühl, dass man über Probleme reden und sie lösen konnte, dass nichts so schlimm war, wie es aussah. Sie konnte ihm zwar darauf noch nicht antworten, überlegte aber, ihm etwas anderes zu erzählen, irgendetwas Interessantes – etwa, dass sie einmal gesehen hatte, wie ein Reiher eine kleine Schlange zu seinem Nest brachte. Aber dann wollte er wahrscheinlich, dass sie noch mehr erzählte, dabei wollte sie lieber mit ihm schweigen. Sie wollte seine unbehaarte Brust, seine Rippen, seine kräftigen Schultern, seinen schlanken Hals erkunden. Sein Arm lag auf der Bettdecke, er war dünn, verglichen mit Brians oder Pauls. Dieser Arm konnte sie nicht niederdrücken oder zu etwas zwingen, was sie nicht wollte. Gegen einen Mann wie Michael konnte ein Mädchen sich zur Wehr setzen, es musste nicht wegrennen. Sie würde mit ihm nur das tun, was sie tun wollte. Die Petroleumlampe auf der anderen Flussseite wurde schwächer und erlosch Minuten später flackernd. »Wovor hast du solche Angst?«, wollte Michael wissen.
    »Vor nichts«, flüsterte sie. Das war zwar gelogen, hörte sich aber gut an. Sie legte Michael die Hand in den Nacken und küsste ihn so hart, als würde sie die Büchse ruhig halten und abdrücken. Dann fuhr sie mit den Fingern durch sein Haar und über seine Schulter, sie wollte so viel Haut von ihm wie möglich auf einmal, seinen ganzen Körper unter ihren Händen fühlen. Sie schmiegte sich an ihn, spürte der Rundung seines Rückens und seines Hinterns nach, dann ließ sie die Hand über sein Bein gleiten, bis er erschauerte und sich an sie drängte. Frische Luft zog durch ein nicht ganz geschlossenes Fenster. Auf dem Boden seufzte die Hündin. Am Ende des Flurs rumpelten die Kleider und die Decke im Trockner. Michael schob die Hand zwischen ihre Beine, und statt einem Stöhnen brach ein Lachen aus ihr hervor – das war ihr noch nie passiert. Leicht rollte er sich auf sie, wie Wellen auf den Sand.
    Später, als sie die Augen schloss, spürte sie seinen zärtlichen Blick auf sich. Im Wegdämmern sagte sie sich, dass sie vielleicht tot gewesen war und er sie ins Leben zurückgeholt hatte.
    Als sie aufwachte, war sie allein. Das Tageslicht fiel durch die dünnen Vorhänge an der Glasschiebetür, die Sonne wärmte ihre Haut. Brians Hütte war nicht nach Süden ausgerichtet, deshalb schlief Margo normalerweise angezogen. Als sie sich aufsetzte, sah sie ihre Steppdecke zusammengelegt auf einer Ecke des Betts liegen. Darauf ihre Jeans, ihr dunkelblauer Rolli, ihr Flanellhemd und ihr Pullover. Und ganz oben gefaltete Geldscheine und ein paar Münzen. Ihr stockte das Herz, doch dann fiel ihr ein, dass es das Geld sein musste, das sie in ihren Hosentaschen vergessen hatte. Die Marlin stand noch in der Ecke, in die sie sie abends zuvor gestellt hatte. Margo zog sich an, Michael war in der Küche. Er trug ein Hemd und ein Sportsakko. Sie stellte ihre Büchse zum Besen in die Ecke und setzte sich an den Tisch.
    »Ich geh gleich in die Kirche«, erklärte Michael. »Danach treffe ich mich mit einem Arbeitskreis. Wir wollen uns darüber austauschen, wie wir denen helfen können, die im Leben weniger Glück haben. Ich werde über meine Erfahrungen als Heimwerker berichten. Möchtest du mitkommen? Du könntest etwas übers Angeln erzählen.« Er lehnte sich mit

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