Studio 6
gesehen.«
»Wie denn das? Was meinen Sie, wie viele Leute jeden Tag Müll in einen Papierkorb auf Kungsholmen werfen?
Raten Sie mal!«
Sie dachte an ihr Eispapier im Papierkorb am Wasser.
»Vielleicht … fast alle?«
»Genau! Und es muss noch nicht mal der Mörder gewesen sein, der die Kleider weggeworfen hat.
Möglicherweise hat irgendein ordnungsliebender Mensch sie gefunden.«
Sie wartete schweigend.
»Es zeigt zumindest, dass die Polizei etwas tut«, meinte sie.
Er lachte nur.
»Das stimmt.«
»Man muss ja nicht unbedingt herausposaunen, in welchem schlechten Zustand die Kleider sind«, meinte Annika. »Das braucht der Mörder ja nicht zu wissen.«
Ihr Gesprächspartner lachte ein wenig, antwortete aber nicht.
»Und die Verhöre?«
Er wurde wieder kurz angebunden.
»Darüber kann ich nichts sagen. Sie dauern noch an.«
»Mit den Personen, die ich zu Beginn aufgezählt habe?«
»Das ist nur der Anfang.«
»Und die Obduktion? Hat sie irgendetwas erbracht?«
»Sie wird zu den normalen Bürozeiten durchgeführt, mit anderen Worten, erst morgen früh.«
»Was ist Studio 6 eigentlich für ein Laden?«
»Gehen Sie hin, dann werden Sie es ja sehen.«
»Wissen Sie, was das für ein Minister ist, von dem die Frau geredet hat?«
»Was für ein Glück, dass es noch etwas gibt, was Sie noch herausfinden müssen«, sagte er. »Jetzt habe ich keine Zeit mehr. Tschüss.«
Annika überlegte. Das mit den Kleidern war neu, daraus könnten sie was machen. Zu schade, dass die Polizei dem Fund keinen größeren Wert beimaß, aber jetzt wussten sie wenigstens, dass der Mörder die Kleider nicht mehr bei sich hatte.
Spiken, Jansson und Bild-Pelle waren mit der Übergabe fertig. Sie saßen am Newsdesk zusammen und unterhielten sich.
»Ich habe etwas exklusiv bekommen, wenigstens sieht es bisher so aus«, sagte sie.
Die Männer schauten sie mit Erstaunen und einem leicht verwirrten Gesichtsausdruck an.
»Sie haben ihre Kleider gefunden.«
Die Männer richteten sich auf und griffen nach ihren Stiften.
»Super. Können wir sie fotografieren?«, fragte der Bildredakteur. »Nein, aber den Ort, wo sie gefunden wurden. Die Müllverbrennungsanlage in Högdalen.«
»Ist was dabei herausgekommen?«
Annika wägte ihre Antwort ab.
»So richtig nicht, aber das kann die Polizei natürlich nicht veröffentlichen«, sagte sie.
Die Männer nickten.
»Das wird klasse«, meinte Jansson. »Zusammen mit all dem anderen haben wir eine gute Mischung. Schauen Sie mal.«
Er hielt Annika einen Notizblock hin.
»Ich denke, wir fangen mit Ihrer Sache an. ›Die neue Spur der Polizei‹. Bild von Josefine, Bild von der Müllhalde. He, bald brauchen wir ein Autorenfoto von Ihnen, Bengtzon!«
Die Männer lachten, ein freundliches Lachen. Annika senkte den Blick und wurde rot.
»Dann haben wir noch den Vater«, fuhr Jansson fort.
»Berit hat ein fantastisches Interview gemacht.«
Annika staunte.
»Wirklich?«
»Ja, wirklich. Er ist doch hier aufgekreuzt und hat wegen irgendetwas herumgekeift, und da hat Berit sich um ihn gekümmert. Er hat gesagt, er wolle reden. Sie ist jetzt gerade mit dem fertigen Text bei den Eltern. Sie wollten ihn erst sehen.«
»Unglaublich«, murmelte Annika.
»Und dann brauchen wir was vom Tatort. Liegen da schon Blumen?«
»Heute Nachmittag waren es noch ziemlich wenige.«
»Fahren Sie doch bitte hin und schauen Sie nach, ob es mehr geworden sind. Vielleicht können Sie auch mit einem Trauernden reden, mit jemandem, der gerade einen Gruß schreibt oder eine Kerze anzündet.«
Annika nickte.
»Was ist denn aus den Klassenkameraden geworden?«, fragte sie.
»Berit hat außer Ihrer Charlotta keine ausfindig machen können. Wir haben ein Foto von ihr zu Hause im Mädchenzimmer. Sicher kommen einige ihrer Freundinnen heute Abend nach Hause, denn die Betriebsferien gehen jetzt zu Ende, aber darum kümmern wir uns erst mal nicht.
Was wir haben, reicht für heute. Wir haben ja auch noch die Brände und die Lage im Nahen Osten. Das läuft womöglich auf einen Krieg hinaus …«
Die Redakteure trudelten einer nach dem anderen ein, voller Arbeitslust. Annika ging zu ihrem Platz zurück, schrieb den Artikel zu der neuen Spur der Polizei und packte ihre Tasche, um noch einmal zum Tatort zurückzufahren.
Bertil Strand war nicht da, und sie schaltete den Fernseher ein, der über ihren Plätzen unter der Decke hing. Die Lokalnachrichten erwähnten Josefine nicht einmal mehr.
Rapport
widmete die Hälfte
Weitere Kostenlose Bücher