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Studio 6

Studio 6

Titel: Studio 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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seiner Sendung dem Nahen Osten. Sieben Israeli und fünfzehn Palästinenser waren bei den Zusammenstößen des heutigen Tages getötet worden.
    Drei von ihnen waren kleine Kinder. Annika schauderte.
    Anschließend wurde der Sprecher der Umweltpartei interviewt, der einen Untersuchungsausschuss über die Ansichtsüberwachung und die IB-Affäre forderte. Annika gähnte.
    Gegen Ende der Sendung folgte der zweite Teil der Dokumentation des Russlandkorrespondenten über den Konflikt in Kaukasien. Heute begleitete der Reporter die gut ausgerüstete Guerilla der Minderheit.
    »Wir kämpfen für unsere Freiheit«, verkündete der Anführer der Guerilla mit einer Kalaschnikow in jeder Hand. »Der Präsident ist ein hinterhältiger Verräter.«
    Im Hauptquartier der Guerilla gab es sowohl Frauen als auch Kinder. Die Kleinen lachten und tobten herum, sie waren schmutzig und trugen keine Schuhe. Die Frauen zogen sich die Schleier über die Köpfe und verschwanden in den dunklen Türöffnungen der Häuser. Der Anführer der Guerilla öffnete die Tür zu einem unterirdischen Keller, der Fernsehreporter folgte ihm in die Unterwelt.
    Im Scheinwerferlicht der Kameras waren Reihen von russischen Waffen zu sehen, Kästen voller Minen, Luftgewehre, Maschinengewehre, Handgranaten, Panzerfäuste, Granatwerfer.
    Annika war niedergeschlagen, müde und hungrig. Was spielte es schon für eine Rolle, was sie über ein totes schwedisches Mädchen schrieb, wenn die Menschen auf der Welt ohnehin nichts anderes taten, als sich umzubringen?
    »Wie geht’s dir, Annika?«
    Es war Berit.
    »Geht so«, antwortete Annika. »Es gibt so viel Elend in der Welt. Ging es gut mit den Eltern?«
    »Einigermaßen«, erwiderte Berit. »Sie wollten ein paar kleine Änderungen im Text, aber im Großen und Ganzen konnten wir uns einigen. Wir haben ein Bild von ihnen, auf dem Bett in Josefines Mädchenzimmer.«
    »Hatte sie dort noch Möbel?«, fragte Annika.
    »Es sieht völlig unverändert aus.«
    Berit ging zum Newsdesk, um die Chefs zu informieren.
    Im selben Moment kam Bertil Strand herein.
    »Hätten Sie Zeit, noch mal kurz zum Tatort zu fahren?«, fragte Annika und nahm ihre Tasche.
    »Jetzt habe ich den Wagen gerade in der Garage geparkt.
    Hätten Sie das nicht etwas früher sagen können?«
    Patricia lag auf der Matratze hinter ihren schwarzen Gardinen und schwitzte in der Dunkelheit. Die Beine taten ihr weh, und ihr war übel vor Müdigkeit. Sie konnte nicht hinter Joachim herspionieren. Das konnten sie einfach nicht von ihr verlangen. Der bloße Gedanke ließ sie eine Gänsehaut bekommen.
    Sie schloss die Augen und versuchte die Geräusche der Stadt zu verdrängen. Draußen wurde es langsam Abend, die Menschen waren auf dem Weg in die Restaurants und zu Verabredungen, Mädchen und Wein, Bier und Schweiß. Sie ging in sich, versuchte die Wahrheit in sich selbst zu finden, horchte auf ihre eigene Atmung und versank in einer leichten Selbsthypnose.
    Durch das Dunkel rief sie Josefines Stimme hervor, tief aus ihrem eigenen Inneren. Zuerst war die Stimme fröhlich, wurde lauter und leiser. Patricia lächelte. Jossie kicherte und sang, hell und rein. Als der Schrei kam, war Patricia darauf vorbereitet. Sie hörte sich geduldig die Schläge und das dumpfe Krachen und Joachims Brüllen an. Sie versteckte sich in den Schatten, bis er schwieg und verschwunden war, dann wartete sie auf das Weinen und die Verzweiflung aus Jossies Zimmer. Die Schuldgefühle waren weg, sie hätte das nicht verhindern können. Sie war nicht erschrocken, sie hatte keine Angst. Er konnte jetzt nichts mehr tun, Jossie nichts mehr antun.
    Sie holte tief Luft und zwang sich an die Oberfläche zurück. Die Wirklichkeit kehrte langsam wieder, dumpf und heiß.
    Ich muss die Karten befragen, dachte sie bei sich.
    Sie erhob sich langsam, aber ihr Blutdruck spielte nicht mit, und ihr wurde schwindelig. Aus der Sporttasche in der Ecke holte sie ihren Schrein aus Balsaholz, nahm den Deckel ab und strich mit den Händen über den schwarzen Samt. Hier wohnten ihre Karten.
    Sie setzte sich im Lotussitz auf den Boden und mischte die Tarotkarten mit Umsicht. Dann hob sie drei Mal ab.
    Danach wiederholte sie die Prozedur zwei Mal, genau so, wie die Energien es verlangten. Nach dem letzten Abheben legte sie die Stapel nicht zusammen, sondern wählte einen aus, nahm ihn mit der linken Hand und mischte die Karten ein weiteres Mal.
    Schließlich legte sie auf dem Parkettboden ein keltisches Kreuz aus, zehn

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